Es ist schon erstaunlich, wie gut sich die deutschen Profis an der Spitze des internationalen Pelotons in Szene setzen. Wenn sie auch bei den bisherigen, großen Monumenten des Radsports bislang als Sieger nicht in Erscheinung traten – in diesem Zusammenhang weiterhin beste Genesungswünsche für Giant-Alpecin Fahrer John Degenkolb -, so haben Marcel Kittel von Etixx-Quick Step (7 Siege) und Andre Greipel von Lotto-Soudal (2 Siege) in der noch jungen Saison schon für erheblich Furore gesorgt. Beide zusammen haben sich auch beim Scheldeprijs im radsportverrückten Belgien aktuell einen erbitterten Kampf um den Sieg geliefert.
Deutsche Dominanz beim Scheldeprijs: Sieg von Kittel, Platz drei für Greipel
Das über 207,8 km führende 1.HC-Rennen von Antwerpen nach Schoten mit drei abschließenden Runden über je 16,8 km fand bei regnerischem Wetter statt, so dass es zunächst recht ruhig im Feld zuging. Zwei Ausreißergruppen hatten sich unterwegs gebildet, in der einen war auch der junge Deutsche Nico Denz von Ag2r La Mondiale zu finden, aber beide Gruppen wurden vorzeitig bzw. rechtzeitig vor dem Ziel vom Hauptfeld wieder eingefangen.
Der fast schon übliche Massenspurt musste dann über Sieg und Niederlage entscheiden und es kam zu einem Duell der derzeit weltbesten Sprinter. Neben den beiden Deutschen waren so schnelle Männer wie der Brite Mark Cavendish von Dimension Data, der Italiener Niccolo Bonifazio von Trek-Segafredo, der Niederländer Wouter Wippert von Cannondale - in Berlin bestens bekannt als Etappensieger bei der Tour de Berlin 2011, als er versehentlich mit belgischer Nationalhymne geehrt wurde – und dessen Landsmann Danny van Poppel vom Team Sky dabei, die alle schon mehrfach ihre Sprintqualitäten unter Beweis gestellt haben. Beim in dieser Saison so arg geschröpften Team Giant-Alpecin ruhten die Hoffnungen auf den jungen Deutschen Nikias Arndt, der nach dem Weggang von Marcel Kittel seinen Focus mehr auf die Spurtentscheidungen gerichtet hat und dabei mit dem zweiten Platz auf der 6. Etappe der Volta Ciclista a Catalunya auf sich aufmerksam gemacht hat.
Als es zur finalen Entscheidung kam erhielt Marcel Kittel die notwendige Unterstützung seines Teams, das den Sprint gut vorbereitete, jedoch fand er in Mark Cavendish einen ganz starken Kontrahenten, der aus seinem Windschatten heraus versuchte, dem Deutschen den Sieg auf den letzten Metern zu entreißen. Am Ende waren es nur wenige Zentimeter, um die sich der Brite geschlagen geben musste und dabei mit Andre Greipel einen weiteren deutschen Fahrer auf Platz drei verwies. Ganz hervorragend war auch die Leistung von Nikias Arndt, der im Feld der Klassesprinter einen ausgezeichneten 7. Platz belegte und neben Wouter Wippert (8.) und dem schnellen Iren Sam Bennett vom deutschen Team Bora-Argon 18 (12.) auch den norwegischen Seriensieger Alexander Kristoff vom Team Katusha, der nur Platz 15 belegte, hinter sich ließ.
Für Marcel Kittel war es nach 2012, 2013 und 2014 bereits der vierte Erfolg beim Scheldeprijs, womit er nunmehr alleiniger Rekordhalter ist. Der belgische Klassiker, der zum 104. Male ausgetragen wurde, wurde u.a. auch von Mark Cavendish schon dreimal gewonnen. Marcel Kittel lobte nach dem schweren Rennen die Arbeit seines Teams, das ihn wieder einmal mit toller Leistung in die richtige Position gebracht hat. Dagegen war Mark Cavendish schon ein wenig enttäuscht, denn auch er hatte mit einem Sieg den alleinigen Rekord im Visier. Mit diesem Sieg führt Marcel Kittel nun allein die Rangliste der Profi-Rennen des UCI-Kalenders mit 7 Erfolgen vor Alexander Kristoff an, der 6 Erfolge auf seinem Konto hat. Zu den folgenden Fahrern dieser Rangliste mit jeweils vier Siegen zählt u.a. der Schweizer Fabian Cancellara von Trek-Segafredo, der in seiner letzten Saison noch einmal mit beeindruckenden Leistungen aufwartet, sich aber beim Scheldeprijs ebenso wie der Weltmeister Peter Sagan von Tinkoff im Hinblick auf Paris-Roubaix zurückhielt.
Text: Bernd Mülle
Fotos: Arne Mill
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