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Die unerträglichen Leiden der Schere im Mieterkopf

20 Mai 2009 15:36 #11427 von travelnator

Marco schrieb: Boah, das klingt ja wie aus einem Beitrag der TV-Sendung Monitor...
Unfassbar, was bei dir abgeht.


Wieso bei mir? Das betrifft uns alle! Auch Dich, natürlich. Oder glaubst Du etwa, dass über Dich bei der Schufa nichts gespeichert ist? Hast Du schon jemals eine Selbstauskunft für 7,80 Euro eingeholt? Ist Dir klar, dass es auch Scoring-Einträge gibt, zum Beispiel zwischen eBay und Schufa? Je mehr Scores, desto "aktiver" zählt man, d.h. je höher die Scoring-Punkte, desto als "nicht-empfehlenswerter" zählst es, ein Geschäft mit Dir abzuschliessen? Etc.

Marco schrieb: Wie kann man da dir noch einen vernünftigen Ratschlag geben?


Ich weiss es nicht. Auswandern nach Brasilien? Siehst doch selbst was in Deutschland abgeht, nicht? :lol:

Im Ernst:

Ich war heute bei meiner Bank und habe ein persönliches Gespräch mit dem Zweigstellenleiter geführt, ihm das alles erklärt und schriftlich gezeigt. Natürlich mit all den Gegenbeweisstücken. Anschliessend habe ich zu ihm gemeint:

Ich: "Wie Sie sicherlich wissen, laut Datenschutzrecht habe ich das Recht, dass ich die Schufa auffordern kann, über mich grundsätzlich überhaupt gar keine Daten mehr zu erheben, zu speichern, zu nutzen und zu verbreiten. Doch wie ist das dann eigentlich mit meinem Girokonto? Denn soweit ich die AGB der Bank verstanden habe, habe ich dem Geschäftsverhältnis zwischen meiner Bank und der Schufa zugestimmt, beispielsweise was es wegen der Übermittlung meiner Daten von meiner Bank an die Schufa wegen dem Girokonto betrifft."

-- Antwort: "Ja, da haben Sie Recht. Wir als Bank haben hierzu einen Vertrag mit der Schufa und wir müssen diverse Bankvorgänge wie beispielsweise neue Girokonto-Eröffnungen an die Schufa melden. Wenn die Schufa nichts mehr speichern darf, dann dürfen wir als Bank Ihr Girokonto nicht mehr weiterführen. Und bitte, das hat nichts mit uns als Zweigsstelle zu tun, das kommt von 'oben'."

Ich: "Achso, d.h., wenn ich von einem mir zustehenden Recht Gebrauch mache - hier: Datenschutzrecht, welches ja ein Persönlichkeitsrecht ist - dann verliere ich unverhältnismässigerweise gleich mein ganzes Girokonto? Das kann es doch auch nicht sein, oder? Ein Girokonto ist m.E. eine lebensnotwendige Einrichtung. Da müssen lebensnotwendige Einrichtungen schon Vorrang vor irgendeinem Bankvertragsdenken haben, vor allem weil es sich hier um einen speziellen Einzelfall handelt, weil bei der Schufa gepfuscht wurde. Was nun?"

-- Antwort: "Wir können leider keine Ausnahme machen."

Ich: "Ja, aber, sie sehen doch anhand der vorliegenden Unterlagen selbst, was das für ein Saustallverein ist. Wie können Sie als Banker mit solchen Datenschutzverletzern Verträge aufrechterhalten? Da müssen Sie als Bank sich eine andere Schufa suchen, oder?"

-- Antwort: "Ja, ja, ich weiss, was soll ich tun? Eine andere Schufa gibt es nicht. Ich kann die Verträge nur wegen einem Einzelfall nicht ändern oder gar kündigen."

Ich: "Oh, natürlich gibt es eine 'andere Schufa'. Zum Beispiel die Creditreform, DWA, Sicoon, etc. Das ist wie im richtigen Leben: Wenn ein Dienstleister pfuscht, geht die seriöse Bank zu einem anderen seriöseren Dienstleistungsunternehmen. Oder wie bei der Butterbreze. Wenn die Butterbreze beim einen Bäcker verschimmelt ist, gehe ich zu einem anderen Bäcker. So sollte die Logik der Banker sein."

-- Antwort: *lach*

Ich: Ich lache mit. Wie? Das weiss ich auch nicht. :|

Ich: "Wissen Sie was, ich habe eine Idee. Ich würde gerne den Vertrag zwischen der Bank und der Schufa lesen wollen. Schliesslich bin ich hier in gewisser Weise beteiligt bzw. Vertragsinhalte betreffen auch mich. Theorie auf Papier sieht in der Praxis ja oftmals ganz anders aus, d.h. ich würde hier gerne Euch Bankern die Vertragsverletzung der Schufa nachweisen können."

-- Antwort: "Der Vertrag liegt mir nicht vor, aber wenden Sie sich hierzu an die Zentrale. Aus meinen Erfahrungen möchte ich Ihnen allerdings schon jetzt sagen, dass solche Leute mit solchen Anschreiben einfach 'von oben her heraus' gekündigt werden, damit man Ihnen den Vertrag zwischen uns (Bank) und der Schufa nicht mehr zeigen muss. Man wird Sie dann anschliessend abwimmeln, und sagen, dass kein Vertragsverhältnis besteht und deswegen habe man kein Recht mehr, Vertragsinhalte einsehen zu können. So leid es mir tut, ich kann Ihnen bei meinem besten Willen nicht weiterhelfen. Am besten wäre es, Sie lassen alles bei der Schufa korrigieren und dann kommen Sie wieder zu mir, ja?"

:|

So ungefähr ging das Gespräch mit dem Banker. Auf den ersten Blick schier aussichtlos. Auf den zweiten Blick wohl nicht so aussichtlos. Motto: "Entweder Du schluckst das mit der Schufa, oder Du kriegst in Deutschland bei keiner Bank irgendwo ein Girokonto mehr." Und warum? Weil es um sensible Daten geht. Ich muss den Bundesdatenschutzbeauftragten mit dieser Problematik konfrontieren. Ziel wäre zum Beispiel: Ich will mein Girokonto ganz normal behalten, aber mit irgendeiner Schufa nie wieder etwas damit zu tun haben. Anschliessend sage ich ihm: "So, jetzt kennen Sie mein Ziel, also dann mach mal was."

Ich lese gerade was anderes:

Das LG Coburg (AZ: 23 O 169/01) hat entschieden, dass ein Unternehmen, das Wirtschaftsauskünfte erteilt (wie z.B. Creditreform) auf Schadensersatz haftet, wenn die erteilte Auskunft falsch ist. Voraussetzung ist, dass falsche Tatsachen verbreitet werden und dass durch die Auskunft Umsatz verloren ging. Letzteres kann schwer zu beweisen sein. In dem vom LG entschiedenen Fall wurde deshalb nur Schadensersatz gewährt für ein entgangenes Geschäft. Die dort betroffene Klägerin konnte nicht darlegen und beweisen, dass ein tatsächlich eingetretener Umsatzrückgang für ein ganzes Jahr (auch) auf die falsche Auskunft zurückzuführen war.

Sachverhalt

Ab dem Jahr 1999 liefen die Geschäfte der Großhandelsfirma mit ihren französischen und italienischen Lieferanten immer schlechter. Durch Zufall erfuhr sie auch den Grund: Ein Inkassodienst verbreitete auf Anfrage seit 1998 unrichtige Informationen über den Firmeninhaber. Wegen einer Namensverwechslung sollte dieser u.a. bereits den Offenbarungseid geleistet haben. Doch trotzdem weigerte sich das Inkassounternehmen, Ersatz für ein geplatztes Geschäft von ca. 4.000 € und für die im Jahr 1999 eingetretenen Umsatzeinbußen von ca. 37.000 € zu zahlen. Der Großhandelsbetrieb klagte auf Schadensersatz.

Gerichtsentscheidung

Und das Landgericht Coburg gab der Klage teilweise statt. Die Falschauskunft über den angeblichen Offenbarungseid des Firmenchefs habe die Bonität der klagenden Firma gefährdet. Es verstehe sich von selbst, dass im Wirtschaftsleben Informationen einer Auskunftei über die Zahlungsfähigkeit eines Kunden wesentliche Grundlage für Geschäftsbeziehungen seien. Unrichtige Angaben könnten sich ruinös auswirken. Allerdings sei infolge der falschen Auskunft des beklagten Inkassodienstes nur ein konkreter Auftrag storniert worden. Und nur hierfür müsse er Ersatz leisten. Denn nach der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass der Umsatzverlust im Jahr 1999 ebenfalls auf die Falschauskunft zurückzuführen sei. Das Landgericht Coburg wurde durch das Oberlandesgericht Bamberg im Wesentlichen bestätigt.

Fazit

Dieser Fall zeigt einmal mehr: Sensible Daten sind äußerst sorgfältig zu recherchieren, insbesondere wenn man mit ihnen Profit macht.

Urteil des Landgerichts Coburg vom 24.09.2003, Az: 23 O 169/01; Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 07.05.2004, Az: 6 U 59/03; rechtskräftig


Klingt ja alles schön und gut. Es ist auch gut, dass man aus dieser Entscheidung sieht, welche Fehler in der Beweisführung gemacht worden sind.

Marco schrieb: Man kann nur lesen, staunen, den Kopf schütteln und dir die Daumen drücken...


Jetzt mal im Ernst, Marco oder wer auch immer, was sagt Dein Gefühl aus dem Bauch heraus? Fakt ist: Die Daten bei der Schufa stimmen nicht, es werden Falschinformationen über mich an mir unbekannte Dritte weiterverbreitet. Das ganze Ausmass ist ja noch gar nicht bekannt, geschweige denn abzuschätzen. Für mich sind das Datenschutzverletzer. So, und jetzt? Staatsanwaltschaft anrufen? Immerhin können Datenschutzverletzungen auch strafbar sein. Irgendwie muss hier mal richtig mit allem Drum und Dran alles durchermittelt werden. Doch was hilft das? Eine neue Wohnung zum Zwecke zur Vermeidung einer Obdachlosigkeit wird dann auch nicht schneller herkommen. Im Gegenteil: Es könnte dann noch länger dauern.

Jetzt ist es 15:30 Uhr, es hat etwa 25° Grad, es scheint die warme Sonne und der wolkenlose Himmel in Bayern ist wunderbar strahlendblau, die netten Girls liegen sicherlich mit knappen Tanga und schnurlosem Bikini in irgendeinem grünen saftigen Gras. Niemand wartet auf mich. Ich komme nicht vorwärts, wohl eher treibe ich rückwärts. Mein ganzer Tag ist im Arsch. Natürlich ist die neue Wohnung auch noch nicht hier, denn ich bin ja ein ganz ganz böser Bube bei der Schufa. Die Zeit, die es für mich eigentlich nicht mehr gibt, sie möchte gerne drängen. Ich trinke Kaffee ohne Milch, dafür aber mit 3 Teelöffel Zucker und schreibe hier Euch. In der Vorschau sehe ich: Liberdade, essa palavra que o sonho humano alimenta que não há ninguém que explique e ninguém que não entenda. :|

Liberdade, essa palavra que o sonho humano alimenta que não há ninguém que explique e ninguém que não entenda.

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21 Mai 2009 11:25 #11435 von bultra
bei solch einem vermieter fehlen mir die worte!
und was die schufa betrifft - da würde ich glatt ausflippen.
mann, mann, mann, das ist eine geschichte...

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22 Mai 2009 12:23 #11442 von Marco

Jetzt mal im Ernst, Marco oder wer auch immer, was sagt Dein Gefühl aus dem Bauch heraus? Fakt ist: Die Daten bei der Schufa stimmen nicht, es werden Falschinformationen über mich an mir unbekannte Dritte weiterverbreitet. Das ganze Ausmass ist ja noch gar nicht bekannt, geschweige denn abzuschätzen. Für mich sind das Datenschutzverletzer. So, und jetzt? Staatsanwaltschaft anrufen? Immerhin können Datenschutzverletzungen auch strafbar sein. Irgendwie muss hier mal richtig mit allem Drum und Dran alles durchermittelt werden. Doch was hilft das? Eine neue Wohnung zum Zwecke zur Vermeidung einer Obdachlosigkeit wird dann auch nicht schneller herkommen. Im Gegenteil: Es könnte dann noch länger dauern.


Hallo Travelnator,

ich habe gerade eine ruhige Minute und schreibe dir mal etwas ausführlicher.
Bei dir brennt ja wirklich der Baum. Ich stand auch mal beschissen da. Das war 1996/97. In Brasilien wurde ich durch den Überfall in Rio eine Menge Geld los. Ich war eh schon hoch verschuldet, der Dispo war maßlos überzogen. Dann löste sich in Berlin meine WG auf. Ich stand mit der Wohnung alleine da. Ich wollte raus. Dann gab es nur Stress und Rechnungen. Horrende Nebenkosten, die ehemalige Mitbewohner mit verursachten, Schäden in der Wohnung, für die ich nichts konnte. Und und und. Keine Aussicht auf eine neue eigene Wohnung. Schlimm! Dazu noch die Freundin weg.
Ich zog zu einer Kumpeline aufs Land vor die Tore von Berlin. Dort brauchten wir uns nur die Nebenkosten teilen. Miete fiel ja nicht an.
Ich war trotzdem am Tiefpunkt. Hinter mir eine tolle Beziehung, eine tolle Brasilienreise und nun nur noch finanzielles Chaos. Ein Desaster!
Im Sommer 1997 ging ich mit Karsten wandern. Er ermunterte mich dazu. Wir wanderten vier Wochen quer durch Irland. Das machte den Kopf frei.
Dann fasste ich wieder Fuß. Die nächsten drei Jahre wohnte ich in WGs und kam wieder auf die Beine. Später klappte es auch wieder mit ner Wohnung...
Probleme mit der Schufa zu haben, ist Mist. Aber was steht denn da nun drin? Man hat doch die Möglichkeit, komplette Einsicht zu bekommen, oder nicht? Es kann doch nicht einfach jemand schlechte Einträge dort veranlassen, oder?
Falls du wirklich das Gefühl hast, da wurde gemauschelt oder Missbrauch betrieben würde ich sofort zur Polizei gehen und Anzeige gegen Unbekannt erstatten!

Kopf hoch!
Viele Grüße aus Berlin
Marco

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28 Mai 2009 19:56 #11510 von travelnator
So schön die Idee mit dem Wandern auch sein mag, ich habe ehrlich gesagt keine Zeit (und kein Geld) hierzu, jetzt da was mit irischen Wanderungen anzufangen... Wenn Wandern, dann müsste ich ja zu Fuss von München zu Anke nach Köln oder zu Euch nach Berlin wandern. Wahrscheinlich würde das eher ein Tramper-Tripp sein/werden. :lol:

Ich komme nach wie vor nicht vorwärts. Ich schaue jetzt auch nach WG-Angeboten und nach Wohnungsangebote, die auch eine Hausmeister-Stelle inklusive drinne haben. Vielleicht ist ja Deine Idee mit den WGs gar nicht mal so schlecht.

Liberdade, essa palavra que o sonho humano alimenta que não há ninguém que explique e ninguém que não entenda.

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29 Mai 2009 18:00 #11514 von silbermond
das ist gar nicht so doof.
wohnung + hausmeisterstelle.
für eine weile, bis es mal besser läuft, vielleicht eine gute idee!

lg yve

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