Wut im Bauch: Wieder S-Bahn-Chaos in Berlin

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Wut im Bauch: Wieder S-Bahn-Chaos in Berlin
"Nicht nur der Berliner Bär liebet unsere S-Bahn sehr" - so stand es in den 90er Jahren auf einer S-Bahn-Werbung. Nun lieben Berliner Bärchen und Einwohner nicht mehr ihre S-Bahn. "Das Maß ist voll, die Geduld hat ein Ende", teilen viele Pendler mit. Völlig überraschend wurden heute zahlreiche S-Bahn-Waggons aus dem Betrieb genommen. Der S-Bahn-Verkehr wurde zum Chaos, einige Linien wurden komplett eingestellt. Viele traf es aus der Kalten. Da hilft nur eins: Stündlich kann man sich auf der S-Bahn-Seite informieren, wie der aktuelle Stand der Dinge ist.
 

Vom Chaos überrascht
Heute schreibe ich einmal als turus-Redakteur UND als regelmäßiger S-Bahn-Fahrer. Gestern Abend kam ich auf dem Flughafen Tegel an und fuhr mit Bus und Ringbahn nach Hause. Auf den S-Bahnhöfen war nichts davon zu spüren, dass wenige Stunden fast alles zum Erliegen kommen würde. Meine Freundin tapste heute morgen sogleich in die Falle. Um halb acht stand sie auf dem Bahnhof Neukölln der Ringbahn und las folgendes: "30 Minuten Verspätung". Schnell wich sie auf die U-Bahn aus und kam gerade noch rechtzeitig zur Prüfung. Ich erfuhr beim Frühstück aus dem Radio von dem Ganzen. Da ich zum Ostbahnhof musste - dazu gleich noch mehr - konnte ich mir ein Bild vor Ort machen.

Die Bahnsteige auf dem S-Bahnhof Alexanderplatz waren gegen 11 Uhr fast leer. Der Berufsverkehr war vorbei und die meisten Fahrgäste wichen inzwischen auf U-Bahn, Bus und Tram aus. "Hier kein Zugverkehr" stand es auf vielen Schildern. Personal gab ratlosen Fahrgästen Ratschläge und half so gut es ging.
Ab dem heutigen Dienstag "bietet die S-Bahn aufgrund kurzfristiger notwendiger sicherheitsrelevanter Überprüfungen nur einen stark eingeschränkten Fahrplan an."
S45, S85, S47 und S75 werden gar nicht bedient. Zwischen Alexanderplatz und Westkreuz fahren zudem auch keine S-Bahn-Züge. Wer heute morgen aus Wartenberg in die Innenstadt pendeln musste und nicht zuvor Radio gehört hatte, erlebte eine bitterböse Überraschung. Natürlich fragt man sich, wie so etwas passieren konnte. Kaum war das erste Chaos überwunden, folgt nun wieder ein neues.
Fragen über Fragen tauchen wieder auf: Wer war und ist für das gesamte Desaster verantwortlich? Nicht wenige fordern nun verstärkt eine neue Ausschreibung für den Berliner S-Bahn-Verkehr.
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Auf dem S-Bahnhof Alexanderplatz irrten mittags ein paar Fotografen und eine Kamerateam auf dem fast leeren Bahnsteig umher. Der Bahnsteig der Regionalzüge war dagegen gut gefüllt.
Auch auf dem Ostbahnhof waren gegen Mittag die S-Bahnsteige fast menschenleer. Die S7 in Richtung Ahrensfelde (heute älterer Bautyp) war ebenso gespenstisch leer.

Welch ein Desaster für die Stadt Berlin! Ausländische Touristen reiben sich verwundert die Augen. Deutschland - wo alles immer so perfekt funktioniert. Technische Mängel an Zügen? Für ausländische Gäste kaum vorstellbar. Und auch für die meisten Berliner ist die ganze Angelegenheit unfassbar. Jahrzehntelang war auf die S-Bahn stets Verlass - und nun wochenlang, ja monatelang solche Probleme ...

Keine Toleranz für "Ausversehen-Schwarzfahrer"
Nun kommt mein persönliches Sahnehäubchen des Tages. Der Zufall wollte es, dass ich heute zum Kundenbüro der S-Bahn musste. Seit Jahren fahre ich ohne Wenn und Aber in Berlin mit Monatskarte S- und U-Bahn. Am 3. September hatte ich vergessen meine neue Karte zu kaufen. Die alte war bis zum 2. September gültig. Prompt in der Ringbahn erwischt. Ich hatte noch die zurückliegenden Monatskarten dabei. Die Kontrolleurin meinte, das könnte ein Fall für Kulanz sein. Denn ich erklärte mich sofort bereit, an Ort und Stelle die neue Monatskarte zu kaufen. Sie müsse trotzdem die Daten aufnehmen, erklärte die freundliche Frau und teilte mir mit, dass ich innerhalb von sieben Tagen ins Kundenbüro am Ostbahnhof müsse.
Gesagt, getan. Über das Wochenende war ich weg. Also heute ab zum Ostbahnhof. Trotz eingeschränktem Verkehr. Im Kundenbüro der S-Bahn - keine Spur von Kulanz. Da könne man nichts machen. Ich legte alle Monatskarten vor - trotzdem. 40 Euro.
"Da brauchen wir hier gar nicht weiter zu schnacken", teilte mir die Dame hinter dem Schalter mit.
Ich war sprachlos.
"Ich weiß gar nicht, was die Kontrolleure so alles erzählen ...", ergänzte die Frau. Mit diesen Worten unterstrich sie rigoros einige Passagen der Verkehrsverordnungen. Schön und gut, doch wo bleibe die Kulanz von Seiten der S-Bahn, fragte ich.
"In diesem Fall gibt es keine Kulanz!" gab es nochmals trocken als Antwort. Zu meiner Überraschung bot mir die Dame sogar an, ein Jahres-Abo zu kaufen.
Ich erklärte ihr, dass mich weniger die 40 Euro ärgern (meine eigene Dummheit), sondern die Tatsache, dass ich völlig umsonst durch die Stadt getingelt sei. Die S-Bahn müsse doch die Kontrolleure anweisen, was sie den Kunden zu sagen habe.
Die Frau im Kundenbüro blockte ab. Stattdessen kopierte sie noch meine Monatskarten. Wozu sie das tue, fragte ich. "Für den Bearbeitungsvorgang ...", antwortete sie. Bei weiteren Fragen solle ich einen Brief an die S-Bahn GmbH schreiben. Doch wofür gebe es denn dieses Büro hier, fragte ich. Keine Auskunft. Keine Angaben. Keine Toleranz.
Stattdessen verhärteten sich die Fronten. Ich stellte noch ein paar allgemeine Fragen zur Situation, doch es hatte keinen Zweck. Die Nerven waren auf beiden Seiten angespannt. Ich ließ mir noch für alle Fälle ihre Dienstnummer geben. Letztendlich trabte ich im Anschluss brav zur Sparkasse und überwies die 40 Euro.

Fazit des Tages:
Achtung! Null Toleranz für Schwarzfahrer.
Die kommenden Tage besser auf BVG und Regionalverkehr ausweichen.
Stets die Nachrichten verfolgen!
Gelassen bleiben, sich auf das Rad schwingen und abends eine Tasse Beruhigungstee trinken...

Und vielleicht... Eines Tages... heißt es dann wieder: "Nicht nur der Berliner Bär liebet unsere S-Bahn sehr."
 

alt> weiterer Beitrag vom 08.09. - 22:20 Uhr 

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