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Ostdeutschland

08 Jun 2007 12:39 #5916 von kalleman
kalleman antwortete auf Re: Ostdeutschland
Ganz fantastisch diese Beiträge! Herrlich Anka, wie du das so lebendig beschreiben kannst, könnte stundenlang zuhören ... :P

In der Tat, der Schweizer ist nur schwer zu fassen. Das wäre ein spannendes Thema für einen anderen Thread. Viele Deutsche die ich kenne und die in der Regel sehr um Integration bemüht sind, merken einfach, dass wir hier anders ticken, aber wie, das bleibt oft ein Rätsel.

Ich versuche mal mein Schweizer Ostbild aufzuhellen, wobei ich von der jüngeren Generation bin und die UDSSR nur noch am Rande erlebte, als der Glanz der USA bereits ab war. Antipathie oder Lagerdenken hatte ich nie gehabt. Ehrlich gesagt faszinierte mich der Osten mehr als die USA, deren tun (bspw. in Lateinamerika) mich ankotzte. Ihre kommunistische Hysterie habe ich nicht nachvollziehen können. Als bedrohlich nahm ich die UDSSR nie wahr. Osteuropa genoss sowieso endlos Symphatie, weil sie von der UDSSR ihrer Freiheit beraubt wurden (wohl der schlimmste Gedanke für einen Schweizer ... :lol: ) Ich verstand ich die Olympiaboykotte nicht. Im Eishockey unterstütze ich die Spornaja. Ich blickte auf die Karte und betrachtete dieses riesige Eisenbahnnetz und träumte davon einfach durch diese weite zu fahren. Auch hatte ich durchaus Symphatien für kommunistische Ideen, dies wohl vorallem wegen dem gebären der Banken, die schon damals abschröpften wo es nur ging.

Es gab aber Kräfte die das freilich anders sahen. Die es als ihre Pflicht ansahen, die Freiheit gegen kommunistische Bewegungen zu schützen. so wurde nach dem Zusammenbruch der UDSSR ein Skandal aufgedeckt. Es gab eine geheime Kartei des Geheimdienst, in der 'verdächtige Bürger' aufgenommen worden waren. (Tausende wurden beobachtet) Der Geheimdienst konnte tun und lassen was er wollte, er unterstand keiner Kontrolle und so handelte er auch willkürlich. Beispielsweise wurde der bekannte Schriftsteller Max Frisch beobachtet. In dieser Kartei waren ganz unbescholtene Bürger, teilweise hatten sie nur einen Eintrag. Die Folgen waren fatal. Leute verloren ihren Beruf, etc.. und erfuhren nicht warum. Vielleicht lediglich, weil sie mal mit einem anderen Verdächtigen ein Bier tranken. Auch baute er eine Geheimarmee auf, von der nichtmal der Bundesrat wusste. Daraufhin wurde eine Initative lanciert, die für die Zukunft so einen 'Staat' im Staat nicht mehr ermöglicht. Diese Initiative wurde heftig von den rechten Parteien bekämpft, aber trotzdem vom Volk angenommen. Die heutige rechtsbürgerliche Regierung (Ewiggestrige) sind nun daran, die durch die Volksabstimmung eingesetzten Gesetzestexte wieder abzuschwächen. als Vorwand dient natürlich der Terrorismus. Sie sind immer noch im klassischen Lagerdenken gefangen (der Feind steht links).

Nach der Wende war die Hilfsbereitschaft für die neuen freien Völker riesig. Sofort wurden Kulturaustausche organisiert. So konnte ich 1993 nach Russland reisen und
ein Jahr später machte ich in Ferien in Bulgarien. Die schönsten Ferien meines Lebens. damals, noch unverdorben vom Massentourismus. Mit dem Interrail ging es ein Jahr später durch Osteuropa. In der Ex-UDSSR waren sie damals unheimlich freundlich und voller Wärme, der Zoll lud uns zum Tee ein etc (was für ein Unterschied zu den heutigen Zuständen in der Ukraine und Russland, ja fast das Gegenteil). Auf Rügen dann der Knaller. Um 22 Uhr kamen wir auf dem Campingplatz an. Der Nachtwächter wollte uns keinen Platz geben, weil er den Auftrag hat, niemanden mehr aufs Gelände zu lassen und hinter diesen Auftrag stellte er sich und da gab es nichts zu rütteln. Auf jedem anderen Campingplatz durften wir irgendwo übernachten, manchmal neben der Toilette, aber hier nicht. Ich sah massenhaft freie Plätze, aber er war nicht zu bewegen. Also mussten wir Wildcampen, das war aber verboten. Wir bauten unser Zelt auf einer Wiese auf. Um 5 Uhr vertrieb uns dann der Ordnungsdienst ... :?

Also ab nach Westdeutschland. Dort auf dem Camping bekamen wir 4 verschiedene Abfallsäcke ... Abfalltrennung ... :lol:

Als ich in die Armee eingezogen wurde, da waren noch alle die traurigen Gestalten. In Feindbildszenarien ging es um das böse Russland, Flüchtlinge aus Osteuropa etc..
Wir haben damals darüber nur noch gelacht.

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08 Jun 2007 20:38 #5919 von Buhli
Buhli antwortete auf Re: Ostdeutschland
Schön wäre es, wenn mehr Leute über das Lachen könnten, worüber Du gelacht hast.
Das mit dem Campingplatz hab ich mit zwei Kindern 1998 am Ampersee bei München erlebt. Sind dann auch vom Sicherheitsdienst "geweckt" worden...

Nehmt Euer Herz in beide Hände und macht was draus.
Spruch von Lutz Bertram. Ehemaliger blinder DT 64 Moderator, den leider die Stasi in ihre Fänge bekam.

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09 Jun 2007 11:59 #5920 von Anka
Anka antwortete auf Re: Ostdeutschland
Hab mich erstmal etwas zurückgehalten, irgendwie kams mir so vor, als ob ich zuviel schwafele. :? Hast recht, kalleman, die Schweizer sind eine extra Diskussion wert. Mögen sie schrullig sein wie sie wollen, grad das ist ja das sympathische. So sollen sie ruhig mal bleiben! 8)

Irgendwie kommt es mir auch so vor, als ob die Urlaube damals schöner waren. Traut man sich ja aber kaum mehr zu sagen, weil man dann entweder für (n)ostalgisch oder uralt gehalten wird. War halt mehr Abenteuerurlaub als All-inclusive....man musste sich mehr den jeweiligen Gegebenheiten anpassen, fing an damit, dass es halt nicht überall das obligate Schnitzel mit Pommes gab (wozu fahr ich in den Urlaub, wenns überall nur den selben Standardfraß gibt...) und hat aufgehört mit der aufregenden Suche nach Benzin in Rumänien und dem Auffinden von Bärenspuren im Wald, wenn man eigentlich mal für kleine Mädchen wollte... :shock:

Die Schilderung Deines Schweizer Ostbildes fand ich übelst interessant. Mir ist damals (da war ich noch n Kind) bei „unseren“ Schweizern schon aufgefallen, dass die etwas unbefangener mit dem Thema umgingen. Konnte mir das nur schemenhaft herleiten von wegen Neutralität usw... Die Schweiz hat nen Geheimdienst?! Typisch schweizerisch: Der ist so geheim, dass man noch nie was drüber gehört hat....

Ich meine, die Schweiz legt doch so viel Wert auf Neutralität. Im Prinzip kann man doch sagen, dass sie zumindest indirekt mit beiden Lagern zusammengearbeitet haben. Die DDR-Bonzen hatten auch ihre Schweizer Konten, ohne dass die mal eingefroren worden wären, oder? Aber das Thema mit denen „da oben“ hatten wir ja schonmal gestreift. Wahrscheinlich machen wir kleinen Würstchen uns über sowas mehr Gedanken als „die da oben“, die irgendwelche Konklikte und Skandale nur oberflächlich schüren, damit der Plebs was zum Meckern/Spotten/Ärgern/Abgrenzen hat. Sie selbst machen dann hinter unserem Rücken fette Geschäfte mit genau denen, die doch sooo böse sind (und das können je nach Jahreszeit immer andere sein).

Mit dem Staat kann man ja auch heut noch leichter in Konflikt geraten, als man denkt. Beziehungen und das richtige Parteibüchlein sind für gewisse Positionen ja auch noch wichtig...Insofern hat sich leider nichts geändert! Vielleicht waren sie da damals sogar noch ehrlicher, weil jeder wusste was passieren kann, wenn man sich in gewisser Form gebärdet. Aber heute? Nein. Heute doch nicht mehr!!!! Ich meine, fängt ja schon damit an, dass es karrieretechnisch günstiger ist, auch seinen Wehrdienst geleistet zu haben. Mit Zivildienst kommt man nicht unbedingt überall weiter. Was war damals? Mein Vater war in den 60ern in Berlin stationiert, hat mit zwei anderen dann den Schiessbefehl nicht annehmen wollen. Er hat noch Schwein gehabt, die nächsten, die das ausprobiert haben, konnten schon für paar Wochen in den Knast. So wurde er mit seinen Kumpels „nur“ unehrenhaft entlassen. Die Ausbildung zum Forstwirt hat er dann aber vergessen können...

Insofern haben sich die Träume, die wir damals so vom „freien“ Westen hatten, in keinster Weise bewahrheitet. Wie im alten Rom: Brot und Spiele, damit alle stillhalten. Ansonsten ist es der selbe Apparat wie bei uns damals, beziehungsweise entwickelt es sich genau dahin. Jetzt wo der Kommunismus als Feind weggefallen ist, kann man ja machen, was man will. Letztens kam ein Bericht im TV. Die (Polizei??BND??) scheinen von der Stasi ja echt gelernt zu haben!!! :twisted: Es sollen (werden evtl. schon) Geruchsproben von, naja, sagen wir sogenannten Kriminellen angelegt werden. Kommt einem Alt-DDRler irgendwie bekannt vor....

Vielleicht hätten wir eher der Schweiz beitreten sollen....Aber da hätten die bestimmt abgestimmt und laut „neeee“ gesagt. :cry: Immerhin demokratisch!!

So. Muss jetzt erstmal raus in die Sonne. Uf wiederluäge bis später!!!

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09 Jun 2007 20:13 #5924 von Buhli
Buhli antwortete auf Re: Ostdeutschland
Anka ich dachte schon, daß ich alleine mit meinem Standpunkt dastehe. Toll, daß Du ähnlich tickst. :wink: Nur der Kommunismus als Feindbild existiert immer noch. Zumindest wird er immernoch als was ganz böses dargestellt. Dabei werden die nächsten 150 Jahre oder so, nichts mit Kommunismus zu tun haben. Ist ja schon mal ein Trost. Das was Hierzulande so genannt wird, hat damit nun wirklich nichts zu tun gehabt. Allerdings können das nur Ossis wissen. Von denen gibt es allerdings auch welche, die da in die Kommunismuskerbe mit reinhauen. Obwohl sie es besser wissen müßten. Wie dem auch sei. Den Sozialismus in seinem Lauf, hällt weder... Wie ging das doch gleich weiter?:lol:
Das Schweizer nur schwer zu fassen sind, liegt sicher nur daran, weil sie ein Bergvolk sind. :) wink:

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10 Jun 2007 18:34 #5926 von kalleman
kalleman antwortete auf Re: Ostdeutschland
.

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11 Jun 2007 21:03 #5928 von Buhli
Buhli antwortete auf Re: Ostdeutschland
.. :wink:

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12 Jun 2007 10:58 #5929 von kalleman
kalleman antwortete auf Re: Ostdeutschland
Kurze antworten, dann gehts weiter ... :shock: :P

-Also das mit der Neutralität ist sone Sache. Die wurde immer wieder anders interpretiert. Wirklich neutral im eigentlichen Sinne des Wortes war die Schweiz wohl nie, wenn so eine politische Haltung überhaupt überlebensfähig war. Der Begriff Neutralität wird immer wieder neu ausformuliert, abgestuft, bestimmt. Ich erinnere mich jetzt nicht mehr auf die verschiedenen Definitionen.

-Der Geheimdienst war international eine ziemlich mächtige Institution. Das Volk wusste davon bis 1990 nichts. Wie im Zweiten Weltkrieg hiess Neutralität nicht abseitsstehen, sondern mit beiden Lagern zusammenzuarbeiten. :?:
Er arbeitete ohne Wissen des Bundesrates auch ziemlich eng mit dem Apartheidsregime in Südafrika zusammen. Es war wohl der einzige Geheimdienst, der mit West und Ost gute Kontakte pflegte. Das Ende des Kalten Krieges bedeutete natürlich auch für den Geheimdienst das Ende seiner Bedeutung und so kamen dann alle diese Schweinereien zu Tage.

Aber zurück zum Thema.

Ich stimme absolut überein. Der Urlaub wird furchtbar kommerzialisiert. Nicht nur das. Mittlerweile sehen ja alle Innenstädte gleich aus: MCDonalds, Starbucks, Benetton, H&M etc. Seht euch mal auf den Flughäfen um, weltweit die gleichen Geschäfte. Überall gibt für viel Geld Heineken, an einheimischen Bier zu kommen ist gar nicht einfach. Und da quatschen die immer vom freien Markt.

Der Kalte Krieg hat vieles verdeckt. Beliebig konnte von den Schweinereien abgelenkt werden. Mit dem Zusammenbruch der UDSSR ist auch hier ein neues Bewusstsein erwacht. Die Archive Moskaus wurden geöffnet, vieles erscheint plötzlich in einem viel weniger glorreichen Licht. Vorallem weil die Bedrohung durch die UDSSR aufgebauscht wurde. Viel Dreck kommt hervor.

Tja und was ist Freiheit. wieder so eine Definitonssache. Bin ich frei? Ich kann wählen, ich kann Reisen, aber ich muss alljährlich in die Armee udn wenn ich das nicht tue, dann lande ich ein halbes Jahr hinter Gittern und zwar in einen Armeeknast, also keine solch schön renovierten Strafanstalten mit Kabelfernsehen und Tageszeitung, sondern in so einem Loch in der Kaserne kann ich dann die bibel auswendig lernen. Bin ich frei?

Das Feindbild Kommunismus lebt weiter, ganz klar. Chavez/Morales wird ja gleich auch wieder in den Topf geworfen, in den USA ist er ein Terrorist. Die Demonstranten am G8 werden ja auch zu Feindbildern hochsterilisiert. Dabei wird gar nicht differenziert. Es wird alles in den gleichen Topf geworfen. Was ist den überhaupt kommunistisch? Was haben die Schriften Marx mit dem Sowjetkommunismus noch gemein? Inwiefern ist Gorbatschow noch ein Leninist, wenn er Kritik am ZK zulässt? Geht ideologisch gar nicht.

Und dann immer dier Schwachsinn mit, es kann nicht funktionieren wenn alle gleich sind. Das sagt ja Marx nicht, zumindsets definiert er den Begriff Gleichheit anders.
Genau das gleiche in die andere Richtung. Da wird einfach der freie Markt zelebriert. Die werden durch ihre Fachhochschulen indokriniert und können dann ihre Theorie runterschwafeln. Mehr wissen sie nicht. Und die kommen dann in die Chefetagen und dann wundert man sich über Missmanagement.

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