Eine Reise in die Vergangenheit: Der alte Bahnhof Ostkreuz, der längst abgerissene Palast der Republik, das Heizkraftwerk Rummelsberg, die Seeterrassen, das einstige Kreiskulturhaus in Karlshorst, der VEB Kunststoffwerk, das Kabelwerk Köpenick, das Kino Sojus im Marzahn, unsanierte Altbauten mit alten Schriftzügen, verwitterte VEB-Logos, verlassene Neubauten einstiger Polytechnischer Oberschulen, das verlassene Freibad in Lichtenberg, das BVG-Stadion, der Mitropa-Schriftzug in Lichtenberg, das Jugendmode Kaufhaus Kontex in Mitte, das einstige Kreiskulturhaus „Peter Edel“ in Weißensee, Rewatex „Flinke Jette“ am Alexanderplatz, das inzwischen abgerissene Kleinstkinderwochenheim „Hans Scholl“ in Köpenick, die alte HO-Kaufhalle in Mahlsdorf am Hultschiner Damm, der Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße. Bis weit ins Neue Jahrtausend hinein haben sich zahlreiche Spuren der DDR erhalten. In den vergangenen zehn Jahren sind allerdings zahlreiche markante Punkte in Berlin verschwunden. Etliche Gebäude wurden umgebaut, zahlreiche Objekte wurden abgerissen, alte Schriftzüge verschwanden unter neuem Putz.
DDR-Spurensuche in Ost-Berlin: Von der „Flinken Jette“ bis zum Kabelwerk Köpenick
Im Juni 2001 erfolgte der Startschuss einer acht Jahre andauernden Dokumentation. Zu Fuß und mit dem Zelt im Rucksack ging es damals mit Karsten H. einmal im Uhrzeigersinn den 166 Kilometer langen Berliner Mauerstreifen entlang. Der Hintergrund: Es sollten die letzten Spuren der Teilung dokumentiert werden. Im Sommer 2003 ging es ebenfalls zu Fuß von Süd nach Nord über 1.000 Kilometer die ehemalige deutsch-deutsche Grenze entlang, um sämtliche Grenzmuseen und Überbleibsel des Eisernen Vorhangs auf Fotos festzuhalten. Von 2005 bis 2009 folgte schließlich mit dem Fahrrad der Abschnitt des Iron Curtain Trails von der Ostsee durch den Balkan bis hin zum Schwarzen Meer.
Parallel dazu zog ich von 2006 bis 2008 durch den Ostteil Berlins und suchte die verschiedensten Punkte in sämtlichen Ost-Bezirken ab. Manches lag auf der Hand und wurde gezielt angesteuert, manches wurde rein zufällig entdeckt. Über die Monate hinweg entstanden über 3.000 Fotos. Betrachtet man die Aufnahmen, so ist man überrascht, wie viele Dinge inzwischen im Stadtbild verschwunden sind. Der alte Schriftzug „Konsum Kornbrand- und Likörfabrik“ in Friedrichshain wurde längst übermalt. Die „Flinke Jette“ am Alex kann man lange suchen. Ebenso zahlreiche Objekte in Rummelsburg und Köpenick.
Unter dem Strich wanderte ich gewiss einige hunderte Kilometer durch den Ostteil der Stadt. Meist konnte ich völlig entspannt meine Arbeit verrichten. Nur auf dem Anton-Saefkow-Platz am Fennpfuhl in Lichtenberg kam mir jemand in die Quere. Besser gesagt: Er sprang mir völlig aus der Kalten in den Rücken, als ich gerade eine Skulptur fotografieren wollte. „Verpiss dich, du Stasi-Schwein!“, brüllte mich der angetrunkene Mann an. Nun denn, er hatte wohl einst zu DDR-Zeiten seine Erfahrungen machen müssen. Bei mir und der Kamera ging nichts zu Bruch, und somit schüttelte ich nur den Kopf und zog weiter.
Folgend eine kleine Auswahl an Bildern aus dem Zeitraum 2006 bis 2008. Eine größere Auswahl (rund 300 Fotos) ist in der unten verlinkten Fotostrecke zu finden.
Fotos: Marco Bertram
- Berlin