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Auf dem Amazonas von Belém nach Santarém: Stockfisch, Käfer und lachende Kinder

 
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Saudade do Brasil! Sommer 1996. Ich war dann mal weg. Sieben Wochen lang. Wie das damals eben so war, hatte man sich daheim von den Liebsten verabschiedet und versprochen auf sich aufzupassen. Wohl wissend, dass die erste Nachricht in Form einer Postkarte aus Rio de Janeiro, Itatiaia oder Goiânia wahrscheinlich erst später in Berlin eintreffen würde als man selbst. Die Tour - gemeinsam mit einer Frau in Angriff genommen - sollte es in sich haben. Zwei Raubüberfälle in Rio und eine Busentführung auf der Fahrt nach Belém zerrten an den Nerven und schwingen bis heute nach. Allerdings überwogen während der siebenwöchigen Reise all die positiven Dinge. Höhepunkt war die Fahrt mit drei verschiedenen Schiffen von Belém aus nach Santarém, Manaus und Anori. Heute würde man wohl ständig am Smartphone fummeln, zahlreiche Fotos anfertigen und am nächsten Ort in die große weite Welt versenden. Damals saß man indes stundenlang gedankenversunken an der Reling und schaute auf das Wasser und das Ufer. Zudem waren die Kinder die besten Portugiesisch-Lehrer. Mit den brasilianischen Männern, die sich mitunter auch wie Kinder benahmen, wurde sich morgens um Frühstück (Kekse und süße warme Milch) gerangelt und wurden stundenlang bei kaltem Cerveja Karten gezockt. Grandios! Ähnlich wie bei der späteren tagelangen Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn konnte einmal wirklich innerlich runtergefahren werden. Hier ein Kapitel aus dem Buch „Saudade do Brasil“, das bislang nur privat aufgelegt wurde und wohl eines Tages ein Dreiteiler wird. Bereit? Los geht´s:

Es wurde dunkel, und der Zeitpunkt der Abfahrt war erreicht. Mittlerweile drängten sich noch mehr Brasilianer auf den unteren Decks. Nun hätte ich auch mit gutem Willen keinen Hängemattenplatz gefunden. Der Schiffsdiesel begann zu brummen, und die Bordbeleuchtung wurde mit einem Schlag heller. Langsam entfernte sich die Clivia vom Kai und bahnte sich schwerfällig ihren Weg durch das dunkelbraune Wasser. Musik dudelte aus dem bis spät in die Nacht geöffneten Kiosk. Mit der Zeit hoben sich die Sterne deutlicher vom Himmel ab. Bald lag Belém hinter uns, und die dunklen Ufer des Amazonas lagen vor uns. Am Bug des Schiffes schäumte das Wasser, und die Planken bebten vom Motorengeräusch. Über Nacht fuhren wir den Nebenstrom entlang, und erst am nächsten Tag stießen wir auf den Hauptstrom. Der Nebenstrom, der sich später mit dem Rio Tocantins vereint und an Belém vorbeifließt, ist relativ schmal, und die Regenwälder zu beiden Seiten waren ursprünglicher als an den Ufern des Hauptstroms. 

Besonders eng wurde es zwischen der Ilha dos Macacos und der riesigen Ilha de Marajo, die im Mündungssystem des Amazonas liegt und mit dem Ostufer auf den Atlantischen Ozean trifft. Der Amazonas ist ein Kapitel für sich, und man muss sich einfach nur einmal seine Ausmaße vor Augen halten. Er ist der wasserreichste Fluss unseres Planeten, vier zehntel Südamerikas werden von ihm entwässert. Der Rio Amazonas hat zehntausend Nebenflüsse, von denen sage und schreibe siebzehn länger als der Rhein sind und zehn mehr Wasser mit sich führen als der Mississippi! Dieser Fluss ist ein Phänomen und schlägt alle Rekorde. Er ist einzigartig und das Herz des größten Urwaldes der Erde, der »grünen Hölle« Südamerikas.

Die Wassermassen werden mit einer Geschwindigkeit von einem dreiviertel Meter pro Sekunde in Richtung Meer transportiert, 120000 Kubikmeter des nassen Elements fließen in dieser Zeit in den Ozean. Bis zu zehn Kilometer breit und hundert Meter tief ist der Strom. Da er kaum Gefälle hat, sind die Gezeiten des Meeres bis zu siebenhundert Kilometer landeinwärts spürbar. Pegelschwankungen von mehreren Metern bereiten den Bewohnern am Ufer ein schwieriges Leben, zudem stellen die »Pororocas« den kleinen Hütten auf Holzpfählen eine große Gefahr dar. Pororocas sind vier Meter hohe Flutwellen, die mit vierundzwanzig Kilometer pro Stunde ins Landesinnere vorstoßen und Boote und kleinere Schiffe leicht zum Kentern bringen.

Nein, einfach ist das Leben am Amazonas nicht. Doch das Land an den Ufern ist frei. Jeder kann sich dort niederlassen, alle drei Jahre eine neue Hütte bauen. Nach jener Zeit sind spätestens die Balken durchgefault, und sich von Fisch und Bananen ernähren, mit der Gewissheit, dass die Insekten einen tyrannisieren und das Blut aussaugen werden. 

Am ersten Abend verweilte ich bis zu später Stunde auf dem Oberdeck und blickte auf den dunklen Wald. Das Schiff fuhr erstaunlich nahe am Ufer, die Konturen der Bäume hoben sich am Sternenhimmel deutlich ab. Von Zeit zu Zeit tastete der Lichtkegel eines beweglichen Scheinwerfers das Wasser und die Uferregion ab, um Treibholz oder ungebetene Gäste mit kleinen Booten rechtzeitig ausmachen zu können.

An Bord war es ruhig geworden, Kathrin lag längst in ihrer Hängematte, und die Beleuchtung war auf ein Minimum ausgeschaltet. Ich verschob den Augenblick des Schlafengehens immer wieder. Am liebsten hätte ich die ganze Nacht mit dem Betrachten der Sterne und des Ufers verbracht. Mit meinen Augen folgte ich dem kreisenden Lichtkegel und hoffte auf einen Jaguar oder ein anderes Tier, das in Lauerstellung auf einer Baumkrone sitzt und die Uferböschung nach Beute absucht. Mitten in der Nacht siegte die Müdigkeit, und ich stieg mit meinem Gepäck auf das Mitteldeck hinab. Dort angekommen, packte ich meinen Schlafsack aus und legte ihn unter die Hängematten auf den Fußboden. 

Die Luft war denkbar schlecht. Es roch nach Schweiß, Öl und gammeligen Sachen. Eingeengt zwischen Taschen und Beuteln verkroch ich mich tief in meinen Schlafsack und blinzelte mit einem Auge an Hängematten und Reling vorbei auf das schnell vorüberziehende Ufer. Zum Glück war das Deck zu beiden Seiten offen, so wehte ab und zu ein frischer Lufthauch durch das Schiff.

Über meinem Kopf bewegten sich die Hängematten, ein Arm oder ein Bein hing ständig hinunter und stieß gegen meinen Körper. Dies außer acht lassend schloss ich die Augen und vernahm leises Schnarchen und schweres Atmen. Mit heftigen Bewegungen drehte sich jemand und stieß die anderen an, was ein verschlafenes Gemurmel zur Folge hatte. Die Brasilianer schliefen nebeneinander, übereinander, dicht gedrängt und ohne Rücksicht auf Verluste. Jeder war sich selbst am nächsten. Aber es ging in Ordnung, niemand beschwerte sich, nie kam es zu Streitereien oder Auseinandersetzungen.

Auf der anderen Deckhälfte schliefen die Frauen und Kinder. Dort sah es nicht viel anders aus. Noch nie hatte ich dermaßen viele schlafende Leute auf so engem Raum gesehen. Leicht schaukelten die Hängematten, und das Schiff vibrierte von der Maschine. Das Wasser des Amazonas rauschte am Bug. Der Mond spiegelte sich auf der Oberfläche.

In der Morgendämmerung wurde ich von einem auf mich tretenden Mann, der meine Anwesenheit nicht bemerkte, geweckt. Mit einem Schlag wurde es lebendig auf Deck. Erstaunt starrten mich die Brasilianer an, als ich mich aus dem Schlafsack zwängte und meine Sachen zusammenpackte. Es war sechs Uhr, und ich fühlte mich wie gerädert. Die Augen brannten. Ein wenig Wasser sollte mich aufmuntern, und so suchte ich ein Waschbecken.

Es gab drei Dinge, die mich auf dem Schiff am meisten beeindruckt haben. Die Kinder, die Mahlzeiten und die sanitären Einrichtungen. Letztere waren ein Fall der besonderen Härte. Toilette und Dusche befanden sich zusammen in engen Räumen. Ein Dusch-WC backbord und ein Dusch-WC steuerbord. Links für das weibliche und rechts für das männliche Geschlecht. Den Kindern war es freigestellt, in welcher Sanitärzelle sie ihre Notdurft verrichten und sich mit trüben, lauwarmen Wasser abspülen. Dies betraf das Mitteldeck, mit dem Unterdeck hatte man selten etwas zu schaffen. Dort spielte sich ein eigenes Leben ab. Nur auf dem Oberdeck traf man gelegentlich die Passagiere, die unten direkt am Motor zwischen dem Frachtgut schliefen.

Kein Fensterchen sorgte auf der Duschtoilette für ein wenig Sauerstoffzufuhr, und in den Ecken und an den Wänden verharrten schwarze Kakerlaken und braungestreifte Käfer. Im Vergleich zu den Innentemperaturen war es draußen an der Reling angenehm kühl. Die unglaublich feuchtheiße Luft trieb dem Toilettenbenutzer den Schweiß aus allen Poren, und der widerliche Gestank nach Fäkalien verschlug einem den Atem. 

Ich hatte keine Badelatschen dabei und musste somit barfuß duschen. Breitbeinig und auf Zehenspitzen stand ich über dem Klobecken und ließ das Wasser an meinem Körper hinunterrieseln. Die Nacht auf dem Boden verlieh mir den Geruch der Schiffsplanken, und so blieb mir nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und die Nasszelle zu benutzen. Das Wasser sammelte sich auf dem schmutzigen Boden und trommelte auf den lädierten Klodeckel. Mit einem Mal knackte es unter meinen Füßen und ich stellte fest, dass ich den Panzer eines Käfers zertreten hatte. Grenzenloser Ekel ließ mich fast erbrechen.

Der Moment der Türöffnung war eine Befreiung. Frische Luft schlug mir entgegen, und ich sah anstatt des verdreckten Elends den saftig grünen Wald und das bewegte Wasser des Amazonas. Wellen schwappten ans Ufer und kleine Inseln, die nur aus Pflanzen bestanden, trieben am Schiff vorbei. An der hölzernen Außenwand der Kabinen hingen zwei Handwaschbecken, an dem man sich die Zähne putzen konnte. Ein gesprungener, fleckiger Spiegel war über dem Wasserhahn befestigt. Das Wasser hatte eine bräunliche Färbung, die verriet, dass es direkt aus dem Fluss hochgepumpt wurde. Gleich neben dem Spiegel hing ein rot umrandetes Plakat, auf dem auf Cholera hingewiesen wurde, die besonders in den westlichen Regionen Amazoniens vereinzelt auftritt und schwerste Durchfallerkrankungen hervorruft. 

Trinke niemals das Wasser des Amazonas! Die schwarzen Buchstaben an der Kajütenwand warnten ausdrücklich davor. Für jenen Zweck standen Plastikbottiche zur Verfügung, die an den Häfen verladen und auf den Decks für die Passagiere bereitgestellt wurden. Die Einwegplastikbecher zum Trinken warfen die Leute wie auch die sonstigen Abfälle achtlos in die Fluten. Einige Meter tanzten die weißen Becher auf den Wellen und gingen dann im Fluss unter, um dort auf dem schlammigen Grund viele Jahre lang unbeschadet zu liegen. 

Für die Fische war es ein Festmahl, als nach dem Mittag- und Abendessen das Küchenpersonal die Fleischreste ins Wasser kippte. Das Frühstück fiel für Mensch und Fisch eher mager aus. Neben Milch und Kaffee gab es trockene Kekse und Butter. Die Mahlzeiten an Bord waren ein festes Ritual. Es war keine Überraschung, dass auch das Essen von Frauen und Männern getrennt eingenommen wurde. Am ersten Morgen setzte ich mich einfach zu Kathrin an den Frauentisch. Zuerst beließen es die Frauen bei ernsten Blicken und Tuscheleien, doch beim nächsten Mal wurde ich aufgefordert, auf die andere Seite zu gehen. Proteste und Einwände meinerseits halfen nicht. Es war egal, ob Kathrin meine Freundin war oder nicht.

Zu den festgelegten Essenszeiten befestigten die Leute einen Teil der Hängematten an der Decke, und ein langer Tisch und zwei schmale Holzbänke konnten aufgebaut werden. Auf dem Mitteldeck waren zwei Männer für die Versorgung der Passagiere zuständig. Flink legten sie Teller und Besteck auf den Tisch und schoben die Bänke zurecht. Die ersten Hungrigen warteten schon in unmittelbarer Umgebung, aber wehe, es hätte sich einer von ihnen vorzeitig hingesetzt. Erst auf Handzeichen des kräftigen Küchenbullen durfte ein Platz eingenommen werden. 

Beim Frühstück glichen die finster aussehenden Brasilianer mit Tätowierungen, Dreitagebart und Goldketten kleinen Kindern. Sie alberten herum, lachten, tranken warme, gesüßte Milch, die in roten Plastikkanistern serviert wurde, und stopften sich die in aller Eile mit Butter beschmierte Kekse in sich hinein. Den Tisch nicht aus den Augen lassend, warteten schon die nächsten auf ihr Frühstück. Gegessen wurde in drei bis vier Schichten. Noch amüsanter ging es bei den warmen Mahlzeiten zu. Man musste schnell sein, um nicht ausgelassen zu werden. Die Männer schaufelten sich Reis, Bohnen und Fleisch bergeweise auf ihre Teller und aßen anschließend hastig die an jedem Tag übliche Speise. Mittags und abends gab es immer die gleiche Zusammensetzung, doch den Leuten schmeckte es, und sie streuten Farinha in rauhen Mengen auf die Reishaufen. 

Viel Zeit zum Essen blieb nicht, denn nach zehn Minuten kam der Mann mit der Schürze und deckte ab. Ein Schlachtfeld hinter sich lassend, standen die Männer auf und verschwanden irgendwo auf dem Schiff. Meistens standen hinter den Speisenden weitere Bordgäste, die ungeduldig darauf warteten, dass man fertig wurde. Der Schürzenmann hatte stets schlechte Laune, verzog sein Gesicht beim täglichen Anblick der Sauerei, wischte mit einem Scheuerlappen die verteilten Reste auf dem Tisch zusammen, schob sie auf einen Teller und warf sie in den Fluss. Augenblicke später standen die abgespülten, noch feuchten Teller wieder auf dem alten Platz, und die nächste Runde konnte per Handzeichen begonnen werden.

Kritisch ging es zu, als Geflügel serviert wurde. Schnell lagen nur noch zerbrochene Knochen und Hautfetzen der gebratenen Hühnchen auf dem Holztisch verstreut. Mein Teller war an jenem Tag nur spärlich mit Reis und Bohnen gefüllt. Zwar lebte ich mich schnell ein, tat es beim Zugreifen den Brasilianern gleich und hatte eine Menge Spaß, doch musste an manchen Abenden der Magen mit gekauften Schokoladenkeksen gefüllt werden, da es einfach nicht möglich war, schnell genug zu essen. Kaum hatte man mühsam Fleisch und Reis ergattert, als die Hälfte davon den Fischen zum Fraß vorgeworfen wurde. Diese plätscherten im Wasser und balgten sich.

Generell aßen die Kinder bei den Müttern mit, da es bei ihnen ein wenig sittlicher zu ging. Bei den Männern wurde keine Rücksicht genommen. Ich hatte zwei Brasilianer kennengelernt, die gut befreundet waren und den ganzen Tag zusammen auf dem Oberdeck verbrachten. Bei den abendlichen Bratnudeln zählte die Freundschaft nicht mehr. Lachend nahm sich der eine den ganzen Restinhalt der Schüssel und knallte dem anderen diese zum Hohn auf den Tisch. Erstaunlicherweise lachte auch dieser und aß ohne zu murren trockenen Reis mit Farinha. 

Nach dem Essen suchten mich die Kinder stets auf dem Oberdeck auf, damit ich ihnen etwas aufzeichnete oder zeigte, und sie mir anschließend die portugiesische Bedeutung erklären konnten. Sie hatten viel Spaß dabei und waren für mich die besten Sprachlehrer, denn kein Erwachsener hätte so viel Geduld und Ausdauer gehabt, mir hundertfach zu erzählen, dass Löffel auf portugiesisch »colher« und Milch »leite« heißt. Ich saß auf einem sonnigen Platz, und die Kinder mit den braunen Augen und dunklen Haaren standen interessiert um mich herum oder ließen sich von mir auf den Schoß nehmen. Grinsend kam ein kleiner frecher Junge mit einem Teelöffel, hielt ihn mir unter die Nase und fragte mich nach dem Namen. Colher, colher, colher …

Er kicherte, zeigte auf den Wald und stellte die nächste Frage. Auf einen Bogen Papier zeichnete ich die Weltkarte und erklärte anhand dieser, wo Europa und Brasilien liegen. Nun war ich der Lehrer, und die Kinder lauschten gespannt. Einige Male schrieb ich meinen Namen auf das Papier. Es half nichts, für sie hieß ich weiterhin Marcos statt Marco. Ich hatte keinen Brasilianer kennengelernt, der meinen Namen richtig aussprach.

Da war die zehnjährige Karina Marques de Aservedo. Lächelnd wie eine junge Dame blätterte sie in meinem Sprachführer und zeigte auf die portugiesischen Begriffe. Meine Aufgabe war es, das dazugehörige deutsche Wort vorzulesen. Sie lauschte, nahm mir das Buch aus der Hand und suchte einen neuen Begriff.

»Aqui! Bacalhau!« sagte sie und schaute mir erwartungsvoll in die Augen.

»Stockfisch.«

»Como?« rief Karina und lachte.

»Stockfisch.« 

Nicht nur in unseren Ohren klingt dieses Wort lustig, und immer wieder musste ich es ihr vorlesen. Wenn ich mir den Spaß machte und einfach etwas anderes sagte, zog sie an meinem Arm. 

»Não! Bacalhau!«

»Stockfisch.«

»Ah ...«

Die kleine Karina Marques zupfte eines Nachmittags an meinem T-Shirt und erzählte in einfachen Sätzen, dass ich sie später heiraten könnte. Wenn sie größer sei, sollte ich zurück nach Brasilien in die Stadt Manaus kommen, sie würde auf mich warten. Gerührt nahm ich das Notizbuch und ließ Karina die Adresse einschreiben. Mit sorgfältig gemalten Buchstaben füllte sie vier Zeilen des Heftchens und reichte es mir anschließend. Sie schaute mich etwas traurig an und verschwand mit den anderen Jungen auf dem Mitteldeck. Zum Abschied bastelten mir die Kinder ein Papierhütchen und schrieben ihre Namen und Kringel auf die Seiten. Renan Mesquita, Roberto d´ Avila nuner Lima, Helamã …

Nur ihr Name fehlte auf dem Hütchen. Zwar sah ich Karina noch einige Male auf Deck, aber sie sprach kein Wort mehr zu mir. Sie lächelte im Vorbeigehen mit halb geschlossenen Augen, und ich wusste, dass sie eines Tages eine attraktive Frau sein würde. 

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen aus Brasilien

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