Von Berlin-Lichtenberg aus sind es mit der Oderlandbahn der NEB nur rund 70 Minuten bis zur polnischen Grenzstadt Kostrzyn. Wirklich sehenswert ist die Altstadt von Kostrzyn, wenn gleich dort kaum noch ein Gebäude steht. Vom Bahnhof Kostrzyn aus biegt man rechts ab und folgt der Hauptstraße auf die Halbinsel, die sich an der Mündung der Warta / Warthe in die Oder befindet. Dort am Ufer der Oder lag einst die Altstadt von Küstrin / Kostrzyn mit der Bastion „König“. Als Besucher ist man überrascht, sobald man die ausgeschilderte Altstadt betritt. Hinter einem neu errichteten Einkaufszentrum verliert man sich auf einer riesigen Brachfläche. Etwas irritiert schaut man sich auf Wiesen zwischen Gebüschen und Bäumen um.
Spuren der Nazi-Zeit und des Weltkriegs: Küstrin / Kostrzyn - Fotos
Außer Teilen der Befestigungsmauer und der Bastion „König“ steht kein einziges Haus mehr. Nur zugewucherte Grundmauern, Ruinen und Info-Tafeln weisen darauf hin, wo sich einst Rathaus, Kirche und Schloss befanden. Der Anblick ist zutiefst erschütternd. 1939 wohnten in Küstrin 24.000 Einwohner. Bei den Kämpfen zwischen der deutschen Wehrmacht und der sowjetischen Roten Armee wurden Innen- und Altstadt zu 90% zerstört. Die Altstadt wurde nach dem 2. Weltkrieg völlig niedergerissen. Die Neustadt auf der anderen Seite der Warta wurde dagegen wieder aufgebaut.
In der Gegenwart sind von den Gebäuden der Altstadt nur Fundamente, Grundmauern und Steinhaufen zu sehen. In den letzten Jahren hatte man begonnen, das Gelände wieder zugänglicher zu machen. Zudem wurden zahlreiche Info-Tafeln aufgestellt. Restauriert wurden immerhin das Berliner Tor, das Kietzer Tor und die Kasematte der Bastion „Philipp“. Wie erschreckend und erschütternd ein Krieg ist, sieht man dort unter anderem an der Pfarrkirche St. Marien. Von der Kirche sind nur noch ein paar Grundmauern und die Eingangsstufen erhalten. Dort, wo sich einst der Altar befand, wurde ein großes hölzernes Kreuz aufgestellt.
Spaziert man über die Grundmauern vom Schloss, so kann man die zugeschütteten Kellergewölbe und Kacheln und Bodenfliesen sehen. Zwischen all den Kriegsruinen wachsen Gras und Sträucher. Von der Bastion „König“ aus, auf der sich zahlreiche sowjetische Kriegsgräber befinden und bis zum November 2008 ein sowjetischer Obelisk stand, kann man oben auf der alten Festungsmauer bis zum Kietzer Tor entlang laufen und auf Oder und hinüber an das deutsche Ufer schauen. Wer deutsch-polnische Geschichte hautnah erleben möchte, dem sei ein Ausflug nach Küstrin / Kostrzyn sehr zu empfehlen!
Text & Fotos: Marco Bertram