Ein Reisebericht des Weltreisenden und turus.net Autor "kalleman" über eine Reise vom Dreiländereck Peru, Kolumbien und Brasilien bei Tabatinga über den Amazonas (der dort wo er fliesst Rio Solimoes heißt) bis nach Manaus:
Der Polizist an Bord des Schiffes N/M Itapuranga III versteht keinen Spass. Alles muss ich aus dem Rucksack nehmen, an jeder Tube wird geschnüffelt. Jedes Pulver wird probiert. Erst gestern bin ich in Tabatinga angekommen. Hier, am Dreiländereck mitten im Dschungel. Keine Strasse führt hierher. So lässt sich weder das peruanische Santa Rosa, das kolumbische Leticia noch das brasilianische Tabatinga per Auto erreichen. Diejenigen, die hierher wollen, denen bleibt nur der Weg auf dem Wasser, oder man kommt mit einem der wenigen Flugzeuge, die selten genug hier landen. Das bedeutet natürlich auch, dass man von hier auch nur wieder per Schiff oder Flugzeug wegkommt.
Brasilien: 75 Stunden unterwegs auf dem Rio Solimoes
Ich kam mit dem Schiff an, in Santa Rosa, einem kitzekleinen Weiler auf der anderen Seite des Amazonas. Nach der Zollkontrolle brachte mich ein kleiner Kutter nach Tabatinga. Von hier soll morgen um 14 Uhr die N/M Itapuranga III nach Manaus ablegen!
Als die Barke in Tabatinga anlegt, begrüssen mich gleichmal zehn Frauen. Sie rufen mir zu, berühren mich. Also so richtige Frauen waren es nicht, sondern vielmehr solche, die gern Frauen sein wollen. Tabatinga soll die Hauptstadt der Transvestiten sein, sagt man mir. Ich gehe hoch zum brasilianischen Zollamt und treffe Manuel, einen Peruaner aus Iquitos, der auf dem Weg nach Französisch-Guyana ist, wo er arbeitet. Der sympathische Kerl wird mich bis Manaus begleiten.
Nun bin ich hier also an Bord und packe meinen Rucksack aus. Ein strenger Polizist schnüffelt gerade an meiner Medikamenten-Box herum. Seit zwei Stunden müsste das Schiff schon unterwegs sein, aber ablegen dürfen wir nicht. Ich begab mich um 11 Uhr zum Hafen, um 12 Uhr durften wir das Schiff betreten. So kam es, dass ich als einer der ersten an Bord war und mir so einen wunderbaren Platz aussuchen konnte. Es ist ein kleines, sauberes Schiff und hat drei Decks. Das unterste ist im Schiffsrumpf, hier werden Güter transportiert, aber auch Passagiere liegen hier in ihren Hängematten. Auf dem mittleren Deck befinden sich weitere Stangen für Hängematten, hier hängt auch meine. Auf dem obersten Deck befindet sich eine Bar, welche Bier, Toast und sonstige Sachen anbietet. Die Bar wird von freundlichen, massiv übergewichtigen Frauen geführt, denen jeweils das Rückgeld fehlt. Wenn sie kein Bier mehr vorrätig haben, steigen sie in ein Beiboot, welches die N/M Itapuranga mitzieht und kaufen im nächsten Dorf ein paar Bierdosen.
Die Toiletten sind gleichzeitig Duschen, immer sehr sauber. In der Küche gibt es Mittag- und Abendessen, welches im Preis inbegriffen ist. Es gibt Pasta, Reis, Bohnen, Fleisch, Obst und manchmal Kartoffelstock. Eiskaltes Wasser wird ebenfalls zur Verfügung gestellt. Davon trinke ich immer viel zu viel und dementsprechend oft geht’s zur Toilette.
Manuel, ganz ein Kind des Amazonas, hängte seine Matte gleichmal zwischen zwei mollige Frauen, er mag es, wenn es schwabbelt. So sind die Söhne des Amazonas nun mal und die Frauen scheinen es so auch zu mögen. Mit meiner zurückhaltenden Art können sie gar nichts anfangen, im Gegenteil, es bringt sie zum Verzweifeln. Das Schiff hat sich relativ schnell gefüllt, dennoch gibt es noch genügend Plätze für weitere Hängematten. Und bald kennen alle an Bord meinen Namen, obwohl ich mit niemandem geredet habe. Brasilianer sind schüchtern und getrauen sich nicht, mich anzusprechen. So durchlöchern sie Manuel mit Fragen und so höre ich ab und zu „Aha, Roland spricht spanisch!“, „Sieh, Roland hat sich ein Bier gekauft“, „Oh, Roland liest ein Buch!“