Das Reiserecht ist kompliziert und jedes Unternehmen will für sich alle möglichen Kostentreiber eliminieren. Ob zu Lande oder in der Luft: Kniffligster Kostenpunkt ist die Zeit und dabei vor allem die Verspätung. Macht das Unternehmen Zugeständnisse kann es teuer werden, wie zuletzt in der BGH-Entscheidung bezüglich eines "Rail & Fly Tickets". Nun steht ein weiterer Fall vor dem Bundesgerichtshof, aber dieser müht sich mit einer Entscheidung und fragt lieber erst einmal beim Gerichtshof der Europäischen Union an.
Wer zu spät kommt … muss auf den EU-Gerichtshof warten
Darum geht es: Eine Frau hatte eine Flugreise von Bremen über Paris und São Paulo nach Asunción/Paraguay gebucht. Sie erhielt bei Antritt der Reise in Bremen die Bordkarten für sämtliche Flüge. Der Abflug von Bremen nach Paris verzögerte sich um knapp zweieinhalb Stunden. Sie erreichte deshalb den planmäßig durchgeführten Anschlussflug von Paris nach São Paulo nicht mehr. Die Beklagte buchte die Klägerin auf einen späteren Flug um, mit dem sie rund elf Stunden später als ursprünglich vorgesehen in Asunción ankam.
Nun verlangte die Frau von einem Luftfahrtunternehmen unter anderem eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro nach Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen). Das zuständige Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung stattgegeben. Die insoweit zugelassene Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Gegen das Berufungsurteil hat das beklagte Luftfahrtunternehmen Revision eingelegt.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung über die Fragen vorgelegt, ob dem Fluggast eine Ausgleichszahlung nach Artikel 6 und Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung zusteht, wenn sich der Abflug um eine Zeitspanne verzögert hat, die unterhalb der von der Verordnung definierten Grenzen (im konkreten Fall für einen Flug nach Südamerika vier Stunden) liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt, und ob dabei auch darauf abzustellen ist, dass der Abflug nur bei isolierter Betrachtung der ersten Teilstrecke nach Artikel 6 der Verordnung eine relevante Verspätung (mehr als zwei Stunden) aufgewiesen hat. Nun heißt es also Warten.