Gestank nach Urin. Geruch nach frischem Gebäck und Kaffee. Verwahrloste Bahnhofsgebäude. Buntes Treiben. Auf deutschen Bahnhöfen kann man so ziemlich alles erleben, was auf der Skala von eins bis zehn möglich ist. Bereits in einer Region ist die Spannbreite immens. So auch im östlichen Niedersachsen. Ortsbegehung von Uelzen bis Celle, von Lehrte bis Wolfsburg.
Deutschlands Bahnhöfe: Mal genial, mal banal, mal grässlich
Beruflich ging es von Berlin aus nach Celle. Eine gute Möglichkeit, mal wieder eine Region genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit dem Intercity zuerst nach Stendal und von dort aus mit dem Regionalexpress nach Uelzen. Uelzen?! Das klingt nach Provinz und Molkereiprodukten. Wie sollte wohl der Bahnhof dieser Stadt aussehen? Und dann solch eine Überraschung! Welch ein geniales Ensemble! Den Reisenden erwartet dort der Hundertwasser-Bahnhof. Und zwar in solch einer Pracht, dass es sich wahrlich gewaschen hat!
Nicht nur ein bisschen Schnickschnack an den Fassaden. Nein! Alles auf dem Bahnhof wurde im markanten Hundertwasser-Stil integriert. Von der Unterführung bis zum Klo. Vom Bahnsteighäuschen bis zum Service-Schalter. Macht man dort einen Zwischenstopp, sollte man ruhig im Vorfeld etwas mehr Zeit einplanen! Das Highlight schlechthin ist ein Brunnen an der Treppe, die zur kleinen Bahnhofshalle samt Service-Bereich führt. Sprudelndes Wasser, kühle Luft. Farbe, runde Formen, wo immer man hinschaut. Begrünte Dächer und Bahnsteige mit dreistelligen Gleisnummern. In Uelzen ist in der Tat alles angenehm anders!
Der Bahnhof von Celle gehört in die Kategorie „gewöhnlich“. Ganz das Gegenteil zu Uelzen ist der Bahnhof von Lehrte. Zu später Stunde sind die dortigen Bahnsteige kein Hort der Gemütlichkeit. Ich plante dort ein Abendessen ein. Ganz, ganz schnell nahm ich jedoch den nächsten Nahverkehrszug nach Wolfsburg, denn am Bahnhof von Lehrte gab es nichts. Außer Leerstand und Tristesse. Die Bahnhöfe von Zary und Wegliniec in Polen haben da noch mehr Charme.
Überraschendes gibt es am Wolfsburger Hauptbahnhof. Verlässt man den Bahnhof an der Hinterseite steht man unvermutet direkt am Mittellandkanal. An einem lauen Spätsommerabend ganz gewiss ein nettes Örtchen für frisch Verliebte. Wie der pralle Vollmond leuchtet im Dunkeln das rund VW-Zeichen auf der anderen Seite des Kanals. Der Bahnhofstunnel wurde erst vor kurzer Zeit im Frühjahr 2011 verlängert. Eine überaus gute Tat!
Der Bahnhof als solches ist kein Highlight in dem Sinne, doch laden auf jedem Bahnsteig Warteräume in den denkmalgeschützten Häuschen ein. Das Ganze als Mischung aus 50er Jahre und Moderne. Einst wurde in Wolfsburg der Interzonenverkehr zwischen der BRD und der DDR abgewickelt. Die Gebäude auf den Bahnsteigen dienten hierbei für die Abfertigung...
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