Am 16. April 1945 kam der sowjetische Leutnant Boris Codomonik ums Leben. Genau an jenem Tag startete die sowjetische Großoffensive. Der Sturm auf Berlin begann, und ein Teil der Roten Armee kämpfte sich von Osten kommend über Buckow und Müncheberg (Märkische Schweiz) vor. Das Flugzeug, in dem Boris Codomonik und fünf andere Soldaten saßen, stürzte in der Nähe von Buckow ab. Im Ort erinnert ein Denkmal an die Tragödie vom Frühjahr 1945. Teile des Flugzeuges (Tragfläche und Propeller) sowie Gedenktafeln mit weiteren zahlreichen Gefallenen lassen den Zweiten Weltkrieg nicht vergessen. In erster Reihe steht auf einem dunklen Stein auf Russisch geschrieben: „вечная память экипажу героев“ (in ewiger Erinnerung an die Besatzung / die Helden). Darunter die Namen: H.C. Dodov, A.G. Belojcov, L.B. Kljuchin, C.W. Letschukov, A.M. Muravjev und der besagte Boris Codomonik. Kürzlich hatte jemand einen Topf mit rosafarbenen Blumen auf die Steinplatte gestellt, daneben ein schwarz-weiß-Foto von Boris Codomonik. 72 Jahre nach dem Krieg - und noch immer gedachte jemand mit diesem aufgestellten Foto an diesen gefallenen Mann. Lächelnd ließ er sich einst in Uniform ablichten. Über sieben Jahrzehnte später bekommt der Krieg ein Gesicht. Ein Gesicht von Millionen.
Eine weitere Tragödie - wenn auch eine weitaus kleinere - fand in Buckow ein paar Meter weiter statt. Irgendwann in den 1970ern war ein Auto der Marke Saporoshez (Запорожец) mit vollem Karacho in ein Geschäft gefahren. Ein im Fenster angebrachtes Foto erinnert an jenen Tag, als das sowjetische Fabrikat mit dem Ostberliner Kennzeichen in der Mauer des Gebäudes steckte. Im Hintergrund bestaunen Anwohner das Desaster und diskutieren darüber, wie dies wohl passieren konnte. Sachen gibt´s! Beim Spaziergang durch die Stadt Buckow wurden wir ein ums andere Mal überrascht. An einem Gartenzaun befindet sich ein mit Holz umfasster Automat. An diesem können Honiggläser und Weinflaschen erworben werden. Wie an einem Automat auf einem S-Bahnsteig: Rein die Münzen, doch statt Riegel, Miniknacker und Getränk in Alu-Verpackung ist ein Glas Honig je nach Sorte für 5,80 oder 6,30 Euro erhältlich.
Und wenn wir schon bei der Nahrung sind. Zu Beginn der Rundwanderung durch die Märkische Schweiz, die wir in Müncheberg starteten, bietet sich ein Hofladen im nahen Dahmsdorf zur Verköstigung auf die Hand an. In dem malerischen Dorf befindet sich von Müncheberg kommend auf der rechten Seite ein altes Steingebäude, in dem sich unten der besagte Laden befindet. Einfach hinein, sich das Gewünschte nehmen und anschließend auf einem Zettel eintragen und das Geld in die Kasse des Vertrauens legen. Famos ist das dortige dunkle Brot, das in fetten Scheiben angeboten wird. Nüsse, Feigen und Trockenfrüchte lassen dieses Brot zu einem wahren Gaumenschmaus werden!
Wer mit dem Zug anreist, für den bietet sich der Start einer Wanderung in Müncheberg an. Am Wochenende ist es zudem möglich, von Müncheberg mit der alten Schmalspurbahn direkt nach Waldsieversdorf und Buckow zu fahren. Wer komplett zu Fuß unterwegs sein möchte, dem sei die Route über Dahmsdorf empfohlen. Von dort aus geht es weiter zum Großen Klobichsee und Münchehofe. Anfangs über Wiesen und Felder, später dann durch Wälder. Zahlreiche Wege bieten verschiedene Möglichkeiten an, von A nach B zu kommen, und man sollte ruhig vor Ort entscheiden, auf welche Variante man zurückgreifen will. Ausgeschildert und markiert sind sämtliche Wege, von daher dürfte es in den seltensten Fälle zu bösen Überraschungen kommen.
Von Münchehofe aus gibt es zwei gute Optionen. Zum einen den Bogen schlagen über das Stobbertal oder aber direkt Buckow ansteuern. Je nach Verfassung, Lust und Laune und Wetter kann wie gesagt spontan entschieden werden. In Buckow selbst gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Einkehr. Auch hierbei sollte man sich einfach nach Gefühl leiten lassen und schauen, was sich Feines ergibt. Von Buckow aus ist die Umwanderung des Schermützelsees empfehlenswert, äußerst nett ist auch auf der Rücktour nach Müncheberg ein Zwischenstopp im Café im Volksbad am Großen Däbersee in Waldsieversdorf.
Bei einem Getränk kann man dort von oben den Blick über das Wasser schweifen lassen. Und falls man dort ein wenig versacken sollte: Kein Problem, auf dem befestigten Weg neben der Schmalspurbahnstrecke gelangt man direkt nach Müncheberg. Im Auge behalten sollte man nur den letzten Zug, der in Richtung Strausberg und Berlin (oder Küstrin) fährt. Um 22:49 Uhr ist in Müncheberg quasi Zapfenstreich. Der einzige kleine Wermutstropfen einer Tour in dieses grandiose Gebiet…
Fotos: Marco Bertram
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