Babelsberg 03 vs. Energie Cottbus: Konfetti, Parkwächter und ein Auswärtssieg

Babelsberg 03 vs. Energie Cottbus: Konfetti, Parkwächter und ein Auswärtssieg

„Im Nudeltopp, da bin ick uffjewachsen, war manchmal traurig, manchmal froh. Uff alle Fälle isset besser als in Sachsen, in Babelsberch Vierzehn-Vier-Acht-Zwo …“ Was liebte mein größerer Sohn vor einigen Jahren diesen Song von Schabulke. Er konnte den Text ähnlich fix auswendig vor sich hin trällern wie den von „Mein Rostock“ (Marteria) oder von „Heiß auf Blau-Weiß!“ (Bernhard Brink). Keine Frage, „Babelsberch 14482“ hat schon was. Und was Babelsberg betrifft, so betonte ich bereits vor einigen Jahren - trotz der einen oder anderen Schwierigkeit -, dass eine Fußballsause zum Karl-Liebknecht-Stadion stets eine feine Angelegenheit ist.

Mit der S-Bahn von Berlin aus nach JWD, an einem Späti oder Imbiss noch nen Bierchen geholt und dann zu Fuß die Karl-Liebknecht-Straße runter bis zum Stadion. Vorbei an den Restaurants, Cafés, Geschäften und kleinen Häuschen. Die Gästefans kommen indes in den Genuss, die Straße Alt-Nowawes entlang zu spazieren und dabei vielleicht noch nen Eis zu schleckern.

Am vergangenen Sonntag war der FC Energie Cottbus zu Gast bei Nulldrei, und da mit vollen Rängen zu rechnen war, wurde sich nach längerer Zeit mal wieder auf den Weg gemacht, um ein Spiel im KarLi zu begutachten. Kurz etwas hektisch wurde es auf dem Bahnsteig in Babelsberg, als einige Nulldrei-Fans ausstiegen und ein paar Energie-Fans einstiegen, um eine Station weiterzufahren. Unten hatte die Polizei kurze Zeit einen Bürgersteig abgesperrt, da sich ein paar Cottbuser wohl in den Straßen umgeschaut hatten.

Eine gewisse Anspannung war zu spüren, und eine Stunde vor Anpfiff knuddelte es sich bereits ganz gehörig am Einlass zum Stadion. Am Ende musste die Partie eine Viertelstunde später angepfiffen werden, da noch nicht alle Zuschauer auf den Rängen waren. Am Ende waren es 6.709 Fußballfreunde - darunter rund 1.500 Energie-Fans plus ein paar Gästefans, die under cover auf den heimischen Rängen zu finden waren -, die eine gute Kulisse bildeten. Man kann Babelsberg mögen oder halt auch nicht - das Stadion ist jedoch in jedem Fall eine Wucht! Eine top Lage, klassisch gebaut, dicht am Spielfeld befindliche Tribünen, eine gute Gesamt-Atmosphäre und die vier Euro für ein 0,5er Bier (Lübzer) gehen auch klar.

Zu Beginn der Partie hauchten die Gästefans ihren Block in die Farben Rot und Weiß. „Ganz Brandenburg steht zu deinen Farben!“, war in großen Lettern zu lesen, dazu die Wappen von Brandenburg, der Stadt Cottbus und des Vereins und dahinter die wehenden Fahne. Auf Heimseite hieß es in der Nordkurve indes: „Kiste unvergessen!“ Im Vorfeld des Auswärtsspiels FC St. Pauli beim Karlsruher SC ist der in Fankreisen und Verein bekannte FCSP-Anhänger zusammengebrochen und später verstorben. In Gedanken an „Kiste“ gab es in der Nordkurve schwarze Folienbahnen und eine brennende Fackel.

Wer auf weitere etwaige Pyro-Einsätze hoffte, wurde enttäuscht. Im Vergleich zu früheren Aufeinandertreffen (turus-Video von der Bambule 2017 auf YouTube) blieb es dieses Mal vergleichsweise ruhig und entspannt. Botschaften auf Spruchbänder hatten beide Seiten jedoch wieder parat. So war im Gästeblock zu lesen: „‚Brandenburgs most incredible derby?‘ Unmöglich, wenn sich eine Seite nie stellt!“ und „Furcht. Der ganze ‚Kiez‘ stinkt danach.“ Im Block O hinter dem Tor, wo seit geraumer Zeit ein Teil der aktiven Fanszene von Nulldrei zu finden ist, hieß es zudem: „Tifo von ehrlosen Bastarden kaufen - Die Mentalität von eurem Dreckshaufen!“ Hintergrund: Im Gästeblock wurde die kleine Zaunfahne „Niemand kann uns brechen“ präsentiert, die wohl über Umwege in Cottbuser Hände gelang.

Im Block O gab es an diesem Nachmittag noch mehr zu sehen, so hielten die „Parkwächter Supporters 1999“ ihr in den Farben Schwarz und Weiß gehaltenes Banner mit der prägnanten Eule hoch. In Halbzeit zwei gab es auf der Hintertortribüne überraschte Blicke, als im unteren Bereich hinter der Eck Crew-Zaunfahne eine Blockfahne hochgezogen wurde. Wie jetzt? Pyro in diesem Bereich des Stadions? Sturmhauben wurden sich übergezogen - und dann ging’s  ab - und es kamen Konfetti-Kanonen zum Einsatz. Lachende Gesichter ringsherum. Das war’s dann auch schon. Definitiv ein witziger Einsatz! Die gleich gegenüber am Geländer hangelnden Kids hatten schon große Augen gemacht.

Auf dem Rasen bestimmten von Beginn an die Lausitzer das Geschehen. Man wollte unbedingt die Tabellenführung zurückerobern - und das tat man auch erstaunlich souverän. Allerdings hätte Babelsberg in der 20. Minute durchaus in Führung gehen können, doch anstatt rüber zu Gladrow zu spielen, der allerdings noch noch nicht frei genug stand, versuchte es Werbelow selber und scheiterte von schräg rechts am Energie-Keeper Bethke. In der 34. Minute näherten sich dann die Lausitzer dem gegnerischen Tor und kamen nach einer Ecke fast zum Führungstreffer. Nur drei Minuten später - just in dem Moment war ich auf Klo - machte Maximilian Pronichev von der Strafraumgrenze aus das 1:0 für den FC Energie Cottbus, der Schuss wurde bei einem Klärungsversuch noch unglücklich abgefälscht. Die soeben in Block O hochgehaltenen Tapeten konnten gleich wieder runtergenommen werden.

Einen wirklich guten Spielzug gab es in der 53. Minute zu sehen, bei dem wahrlich kein Glück, sondern nur Können im Spiel war. Für Regionalliga-Verhältnisse sensationell genau wurde der Ball von Tobias Hasse einmal weit diagonal nach vorn gespielt, Jonas Hildebrandt brachte das Spielgerät schließlich mustergültig vor das Tor, wo Timmy Thiele nur noch einschieben brauchte. 2:0 für Energie Cottbus - das sah wahrlich gut aus!

Allerdings gab sich der SV Babelsberg 03 keinesfalls auf und versuchte in der Folgezeit noch einmal ranzukommen. Aus Abseitsposition kam Daniel Frahn zu einem vielversprechenden Versuch, wenig später versuchte Tahsin Cakmak abzuschließen, sein Schuss blieb allerdings im Gewühl hängen. Da Babelsberg alles nach vorne warf, ergaben sich selbstverständlich für Cottbus Möglichkeiten, den Sack endgültig zuzumachen. Doppelpass über die linke Seite, und dann hatte der eingewechselte Janis Juckel die Entscheidung auf dem Fuß. Der Ball zischte jedoch knapp am rechten Pfosten vorbei. Wenig später war es Tim Heike, der das 3:0 für Energie hätte machen können.

Nach einem letzten Babelsberger Aufbäumen fiel dann tatsächlich noch der dritter Cottbuser Treffer. In der Nachspielzeit war es Maximilian Krauss, der es rasch über den linken Flügel kommend allein vollendete. 3:0 für den FC Energie Cottbus - dann war Schluss und die Gäste brüllten ihre Freude raus. Die Tabellenführung war zurückerobert. Disziplinierter konnte man nicht spielen, meinte Energie-Trainer Wollitz.

Am kommenden Samstag empfangen die Lausitzer im Stadion der Freundschaft vor großer Kulisse den 1. FC Lokomotive Leipzig, in der Woche darauf geht es zum brisanten Spitzenspiel nach Berlin-Hohenschönhausen, wo der zuletzt Federn lassende BFC Dynamo die letzte Chance nutzen möchte, um noch einmal ernsthaft ins Rennen zu kommen. Letztendlich haben es die Lausitzer allein in der Hand: Sie müssen jetzt einfach nur durchziehen und dürfen dann die Rückkehr in die 3. Liga feiern. Und das ohne die ätzende Aufstiegsrunde.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: SV Babelsberg 03

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

Stadionname:
  • Karl-Liebknecht-Stadion
Artikel wurde veröffentlicht am
24 April 2024
Spielergebnis:
0:3
Zuschauerzahl:
6.709
Gästefans
2000

Ligen

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Regionalliga

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