Energie Cottbus vs. Lok Leipzig: Völlig irres Spiel vor top Kulisse!

Energie Cottbus vs. Lok Leipzig: Völlig irres Spiel vor top Kulisse!

Die Regionalliga Nordost betreibt derzeit beste Werbung für den Fußball. Es muss wahrlich nicht immer 1. oder 2. Bundesliga sein, um voll in den Genuss zu kommen. Als ich am gestrigen Abend im Regionalexpress nach Berlin saß, wurde mir klar, dass der zurückliegende Fußballnachmittag im Prinzip alles bot, was man sich wünschen kann. Ein bezahlbares Ticket für einen Platz mit perfekter Sicht auf dem Oberrang der Gegengerade (Block L für 26 Euro), eine prima Kulisse und Stimmung in beiden Fanblöcken, sowie ein Geschehen auf dem Rasen, das in der zweiten Halbzeit zu fesseln wusste.

Relativ kurzfristig hatte ich mich dazu entschieden, mit dem Zug zur Regionalliga-Partie FC Energie Cottbus vs. 1. FC Lokomotive Leipzig zu düsen. Zu kurzfristig, um noch fototechnisch in den Innenraum schlüpfen zu können. Kein Ding, somit war es mal möglich, als „normaler“ Zuschauer das Ganze in Ruhe genießen zu können. Da Dank des 49-Euro-Tickets keine weiteren Fahrtkosten anfallen, ist das Ganze so oder so quasi halb geschenkt.

Also nichts wie rein in den Regio und drei, vier Stunden vor dem Spiel noch eine Biege durch die Altstadt und die Grünanlagen entlang der Spree gemacht. Was für eine entspannte Atmosphäre in der Innenstadt - herrlich! Cottbus weiß definitiv zu überraschen, aber war dies für mich natürlich nix Neues. Da die meisten Gästefans allerdings immer nur den öden Weg entlang der Hauptstraße vom Hauptbahnhof zum Stadion kennen, darf dieser Punkt durchaus hin und wieder auf ein Neues betont werden. Schließlich genießt Cottbus im Allgemeinen nicht den allerbesten Ruf.

Zwischen den Plattenbauten nahe des Stadions wurden noch zwei Bier auf der Hand genascht und dazu noch zwei Brötchen mit Eiersalat beschmiert. Leider hatte der dortige Supermarkt - wie häufig in Berlin üblich - keine angeschlossene gastronomische Einrichtung. Jut, diesbezüglich wurde ein wenig aufs falsche Pferd gesetzt. Sei’s drum. Am Blumenkasten vor einem leer stehenden Laden ließ es sich auf die Schnelle auch ganz gut schmausen. Mit Erstaunen durfte zudem festgestellt werden, dass das Café Engel inzwischen nur von Montag bis Freitag geöffnet hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass dort vor Heimspielen einst immer gut was los und das frisch Gezapfte sehr süffig war.

Hinein ins Stadion der Freundschaft, das nun offiziell LEAG Energie Stadion heißt. 11.532 Zuschauer strömten auf die Ränge, und auch der Sitzplatzbereich des Gästeblocks war ordentlich gefüllt. Zwar ging es für Lok Leipzig nur noch um die Goldene Ananas bzw. um den Spaß an der Freude, doch wollten es sich rund 800 Lok-Fans nicht nehmen lassen, an der Mottofahrt in die Lausitz teilzunehmen.

Nachdem am Freitagabend die Amateure des F.C. Hansa Rostock in der Schlussphase gegen den BFC Dynamo noch die Partie drehen und am Ende mit 3:2 gewinnen konnten, konnte Energie mit einem Sieg gegen die Loksche den weinroten Kontrahenten aus Berlin-Hohenschönhausen schon mal endgültig abschütteln. Allerdings musste / sollte wirklich ein Sieg her, denn ist mit dem Kontrahenten Greifswalder FC ganz gewiss noch bis zum Ende stets zu rechnen.

Bei perfektem Wetter gab es zu Beginn der Partie auf beiden Seiten etwas fürs Auge. Auf Heimseite wurde der 5. Geburtstag der „Ultras Energie“ mit einer zweiteiligen Choreo gefeiert, im Gästeblock wurde indes ein großes blau-gelbes „1966“ befestigt und dahinter stiegen ein paar ordentliche Portionen gelber Rauch auf. Zudem gab es folgende Botschaft zu lesen: „Tageskasse öffnen! Print@Home verhindern!“

Auf dem grünen Rasen gab es im ersten Spielabschnitt eine durchschnittliche Partie zu sehen. Lok Leipzig zeigte sich stets bemüht, der FC Energie ging bereits in der fünften Minute Dank des Treffers von Maximilian Pronichev mit 1:0 in Führung. Nach 20 Minuten kam Cottbus zu zwei weiteren Möglichkeiten, und es schien, als würde aus Sicht der Gastgeber alles seinen „normalen“ Gang gehen. Ein erstes Alarmzeichen gab es allerdings, als Jan Löhmannsröben den Ball hoch vor das Tor brachte und es im Zuge dessen fast zum Treffer kam. Der überraschte Abou Dramane Ballo hatte nicht schnell genug geschaltet. Lok kam nun besser ins Spiel und Osman Atilgan verbuchte die nächste gute Möglichkeit für die Gäste.

Hinein in die zweite Halbzeit! Wieder erzielte Cottbus einen frühen Treffer. Die Lok-Abwehr war nicht achtsam genug und Tim Heike netzte zum 2:0 ein. Prognose? Energie würde das jetzt locker nach Hause schaukeln! Aber denkste! Nur fünf Minuten später war Ryan-Segon Adigo zur Stelle, schaltete schnell und schob zum 1:2-Anschlusstreffer ein. Lok blieb dran, in der 70. Minute gab es einen langen Pass nach vorn zum zuvor eingewechselten Jannis Held, dieser brachte den Ball rein zu Ballo, und dieser machte prompt das 2:2 klar. Frenetischer Jubel nun im Gästeblock - die Mottofahrt hatte sich wahrlich gelohnt.

Und es kam noch besser! In der 83. Minute zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt - Strafstoß für die Leipziger! Farid Abderrahmane übernahm Verantwortung und haute den Ball vom Elfmeterpunkt in die Maschen und ließ somit die Lok-Fans richtig vor Freude abgehen. Alter Schwede! Würden die Karten nun doch noch mal neu gemischt werden und das folgende Duell BFC Dynamo vs. FC Energie Cottbus eine Bedeutung bekommen? Würde am Ende der Greifswalder FC der lachende Dritte werden? Ganz klar, das 3:2 der Loksche lag irgendwie in der Luft. Lok hatte Bock - allen voran Jan Löhmannsröben, der an verschiedenen Positionen aushalf und immer wieder wichtige Akzente im Mittelfeld setzen konnte.

Und nun? Mit einem selbst wurde eine Wette abgeschlossen. Die Quote für Energie war nicht gut. Ganz ehrlich, ich hätte nicht damit gerechnet, dass die Cottbuser noch einmal zurück kommen. Doch das taten sie! Und wie! Nur drei Minuten nach dem Rückstand schloss Tim Heike mal eben von schräg rechts ab. Was für ein satter Schuss! Die Nordwand war jetzt außer Rand und Band. Jubel, Trubel, Heiterkeit auf den heimischen Rängen.

Und dann! In der Nachspielzeit war Energie Cottbus nun am Drücker. Über die linke Seite ging es nach vorn, das Spielgerät kam rüber zu Shcherbarkovski, und dieser haute das Leder mal eben per Seitfallzieher in der 90.+6. Minuten ins Gehäuse. 4:3 für Energie Cottbus - rund 10.500 Fußballfreunde waren nun völlig außer Rand und Band. Ein Spiel, das Geschichte schrieb. Ein Spielverlauf wie aus einem Krimi. Eine Partie, die einen auch als Außenstehenden völlig mitnahm. So muss Fußball sein. Keine Erstligapartie hätte an diesem Nachmittag für bessere Unterhaltung gesorgt. Mit enormer Lautstärke hallten nun die Fangesänge über den Rasen - der FC Energie Cottbus hat es nun weiterhin selbst in der Hand. Respekt jedoch auch an die Spieler und Fans des 1. FC Lokomotive Leipzig, die mit für ein klasse Fußballfest gesorgt hatten!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Lokomotive Leipzig

Stadionname:
  • Stadion der Freundschaft
Artikel wurde veröffentlicht am
28 April 2024
Spielergebnis:
4:3
Zuschauerzahl:
11.500
Gästefans
800

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Regionalliga

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