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Weltweite Hungerkrise

17 Apr 2008 17:07 #7946 von Thommy O.
Thommy O. antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise

kalleman schrieb: Ich hab da die Nahrungsmittelkrise in eine andere Richtung gelesen. Das Problem scheint mir viel mehr zu sein, dass sich in vielen armen Ländern der Anbau nicht lohnt. Die dicken Gewinne streichen ja die Zwischenhändler und Spekulanten ein. Die steigenden Preise könnten theoretisch den Anbau wieder lukrativer machen. Dazu kommen natürlich fehlende politische Rahmenbedingungen. Afrika könnte sich aufgrund der möglichen Anbaufläche selber ernähren, importiert aber fast alles. Haiti muss ja alles importieren. Wenn diese Länder die Rahmenbedingungen für eine eigene Produktion schaffen könnten (keine Ahnung was es dazu braucht), wäre das Problem massiv entschärft. Man müsste die Produktion quasi vom Welthandel abkoppeln. Denn Nahrungsmittel dürfen kein Spekulationsobjekt sein, sind sie aber. Ich hab das so verstanden. Das Problem ist also nicht die Anzahl von Lebensmitteln, sondern der Handel damit.


Ich will Dir da nicht widersprechen, aber der Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage ich geschrumpft. So wird die Nahrung dann teuerer. Ich glaube, dass es verdammt viele Faktoren gibt.

Neben jenen, aber sind denn die Milchpreise so gestiegen, mitte letzten Jahres? In Australien regnet es kaum noch, weniger exporte, und die Chinese (wieder die!) drinken mehr Milch. Sogar in Rio stieg der Preis.

Was im Spiegel beschrieben wird, ist dass Menschen, wenn sie Hunger haben, alles machen, um diesen zu stillen. Sprich es könnte zu neuen revolutionen kommen. Vor dieser Angst denke ich, dass die Politik sich hüten wird, nichts zu tun.
Aber natürlich dauert es, und braucht strucktur, im ein Feld zu bestellen, neben boden, Wasser, Saat und Dünner, auch ausgebildete, die es machen können.

Auch ist das Argument richtig, dass es dem Bauern mehr bringt seine Ernte für ökobenzin zu verkaufen, als als Lebensmittel. (Das macht wohl über 200% aus...)

Die grosse Frage ist, ob wir reichen, die Fleisch essen, das Benzin unnötig verbrauchen, unser Leben ändern, nur wegen ein paar Bildern, oder wenn die ersten Ägyter an unserer Europänischen Grenze niedergemelzten werden...

Ich dachte, es wird das Jahrhundert des Wasser, aber es ist wohl viel schlimmer!

So long,
Thomas

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18 Apr 2008 09:39 #7955 von kalleman
kalleman antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise
Wir essen viel zu viel, wir im Westen, sind dick und werfen viel Nahrung fort. Etwas weniger würde uns allen gut tun ... :twisted:

Ich glaube halt nicht an die Phrase "Angebot und Nachfrage". Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis und so. Ganz andere Faktoren bestimmen den Preis. So das Beispiel Ölpreis. Natürlich wird mehr Öl gebraucht, aber der Preis hat sich mehr als verdoppelt! Der Grund ist aus meiner Sicht der: Da hat es Leute, die Kohle machen wollen. Der Preis wäre vielleicht um 10% gestiegen, wenn wir uns an der Nachfrage richten, vielleicht wäre auch einfach die Fördermenge erhöht worden und nichts wäre passiert. Aber da sind Leute, die spekulieren auf einen höheren Ölpreis, auf eine Verknappung und heizen so die Preise ein. Der hohe Ölpreis beruht auf der Gier und nicht auf der Nachfrage.

Genauso ist es bei den Lebensmitteln. Möglich, dass mehr gebraucht wird und weniger produziert. Aber die Preise für Dünger, Saatgut etc sind um 40% gestiegen und steigen weiter. Das lässt sich doch nicht einfach mit Verknappung erklären. Auch hier sind Spekulanten am Werk, die dicke Kohle machen wollen. Und wir dürfen nicht vergessen: Schon klopfen Syngenta, Agrosano und co an und rufen die Zukunft des Genfoods aus. Auf dem hätten sie dann das Monopol, wie es Agrosano schon beim Raps in Nordamerika hat. Dabei gibt es genug Anbauflächen und wohl auch genug zu essen.

Die Schweiz hat eine viel tiefere Teuerung als die EU. Dies deshalb, weil der Agrarmarkt noch nicht "geöffnet" wurde. Die Verhandlungen mit der EU laufen. Es ist immer noch ein national ziemlich geschützter Bereich. Deshalb sind die Lebensmittelpreise nur minim gestiegen. (In erster Linie wegen dem Ölpreis) Aus meiner Sicht ist das der Beweis, dass man Nahrungsmittel schützen muss vor Spekulanten. Sei es in einem "fairen" globalen Markt mit fairer Verteilung oder durch nationale Protektion.

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18 Apr 2008 12:23 #7956 von Thommy O.
Thommy O. antwortete auf schwarz - weiss denken?
Lieber Kallerman,

ich will Dir ja nicht direkt widersprechen, dass einige an den höheren Rohpreisen gewinnen, aber ich denke Du vereinfachst die ganze Problematik damit.

Klar, einige machen ordentlich Gewinn, wie der brasilianische Staat... Aber wo wird denn weniger angebaut, um das Angebot zu verknappen, um den Preis zu erhöhen? Die Spekulanten bauen doch nicht an.
Zu dem Saatgut, wieviel macht das denn vom Endpreis aus? Weniger als 10% schätze ich, also diese 40% würden nur 4% Rechtfertigen.
Warum ist denn der Milchpreis in D letztes Jahr so angezogen?

Wie viele Leben nun auf der Erde. Doppelt so viel wie vor 15 Jahren? Wie werden die denn ernährt? Und wie schlagen hier die Umweltprobleme durch?

Meinst Du, dass das Nutzen von Nahrung für Biosprit keine Rolle spielt?

Auch ist der Preis für Lebensmittel in Ländern gestiegen, wo es nicht so viele Spekulationen gibt, so der Staat mehr Macht noch hat... so werfe ich Dir einfach mal vor, dass Du dies hier zu arg vereinfachst, wenn Du einfach nur den Grund bei Spekulationen sucht, - aber natürlich ist dies ein Teilgrund, aber nur ein von vielen Problemen...

So long,
Thomas

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18 Apr 2008 22:58 #7962 von Thommy O.
Thommy O. antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise
Nachtrag: 98% der Reisernte von Australien wird ausfallen, aufgrund von Trockenheit. Angeblich der erste direkte Verlust durch die Erwärmung.

Das ist Reis für 20 Millionen Menschen...

Sicher, einige werden jetzt mehr Gewinn machen, aber das ist wohl leider erst der Anfang...

So long,
Thomas

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20 Apr 2008 13:42 #7964 von Thommy O.
Thommy O. antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise
Hi Kallermann,

hier bekommst Du Hilfe in Deiner Argumentation von Seehofer:
www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 04,00.html

Laut ihm sind an den Preisen die Saatmittelhersteller, voran Monsanto, schuld, 600% teurer und wenige Hersteller...

So long,
Thomas

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20 Apr 2008 21:20 #7966 von Buhli
Buhli antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise
Thommy, vor etwa 20 Jahren hat man in der DDR eine Studie der Uno veröffentlicht. Die sagte aus, daß mit der Anbaufläche, die die Erde zur Verfügung hat, mehr als 20 Milliarden Menschen ernährbar seien, ohne das es irgenwelcher künstlicher Hilfsmittel bedarf. Da wurden auch schon Wetterunbilden einkalkuliert. Nur dürften die Anbauflächen nicht in Spekulantenhänden sein. Die jeweiligen Staaten müßten das Ziel haben, mit den eigenen vorhandenen Flächen, ihr eigenes Volk zu ernähren. Es gelingt zwar nicht jedem Land dem Gerecht zuwerden, siehe Nepal oder Indien, aber die schon erwähnten stillgelegten Flächen treiben die Preise incl. Not nach oben. In Afrika würde es auch funktionieren. Da gibt es so viel nutzbares Land welches schon genutzt wurde, nur zur Zeit nicht genutzt werden darf. Bis jetzt ist es mir nur aus China bekannt, daß es gelingt. Die müssen diesbezüglich nichts einkaufen. Die können auch noch exportieren.
Was "künstliche Hilfmittel" anstellen, sehen wir in den Staaten der USA in denen Getreide, mit bis zu zwei Ernten im Jahr, angebaut wird. Wasserkraftwerke bringen den Coloradoriver dazu, das er den Pacific nicht mehr erreicht. Von der Stelle des Versiegens, wo auch immer das ist, bis zum Ozean geht alles in Wüste und Steppe über. Das war alles mal Anbauland. Gleiches gilt für die Russen. Da wo die Baumwollfeder mit Wasserstrassen versorgt wurden, hat man dem ARALSEE soviel Wasser entzogen, daß er sich wahrscheinlich nun von selbst verabschiedet. Mal sehen was noch so alles kaputt geht. Das ursprüngliche Ufer liegt bereits mehrere Kilometer vom aktuellen entfernt. Auch ein See oder Fluß gilt als Lebesmittelanbaugebiet. Was darin wächst zählt ja dazu. Wobei das was aus dem Meer kommt damals noch nicht so erfoscht war, wie heute. Da hat man überwiegend Wale, Fische und Tintenfische aufgeführt. Die ganzen anderen Meeresfrüchte, die man heute kennt, spielten soweit mir bekannt ist, damals noch nicht die Rolle in Europa, die sie heute in unserer Nahrungskette spielen. Deutschland gehört nun mal nicht zu den klassischen Fischländern, wie Frankreich, Portugal, Italien oder Spanien. Das sieht man ja schon, wenn man in einem Supermarkt die jeweiligen Fischabteilungen betrachtet. Dafür sind ja die Deutschen die Krauts and Porkies. :wink:

Nehmt Euer Herz in beide Hände und macht was draus.
Spruch von Lutz Bertram. Ehemaliger blinder DT 64 Moderator, den leider die Stasi in ihre Fänge bekam.

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21 Apr 2008 10:23 #7967 von kalleman
kalleman antwortete auf Re: Weltweite Hungerkrise
Es scheint also eine Kombination von mehreren Dingen zu sein:

a) Die Nachfrage nach bspw. Weizen (braune Gold) aus China und Indien verknappt das Angebot

b) IWF, Globalisierung, schlechte Politik, Krieg und Entwicklungshilfe führten dazu, dass die Reserven verkauft wurden (werden mussten) und der sich der Ackerbau in ärmeren Ländern nicht mehr lohnte und sie vollständig vom Import abhängig wurden.

c) Ölpreis und Spekulanten heizen die Preise zusätzlich an


Apropos Monsanto. Ich hab da eine erschütternde Doku von 1998 glaub, über das Getue von Monsanto in Kanada gesehen. Sie haben die Bauern gezwungen, auf ihren Genraps umzusteigen. Die hatten eine Liste aller unwilligen Bauern und denen wurde das Leben schwer gemacht, bis sie alle zermürbt hatten. Der Pollenflug tat das übrige.

Monsanto hat als einzige den Dünger, damit der Raps wächst. Sie überfliegen die Felder mit Flugzeugen, lassen ihr Gift ab und diesem Gift fallen alle Pflanzen zum Opfer, ausser natürlich ihren Genraps. Obwohl jenste Schweinerein aufgedeckt wurden, ist die Regierung auf Seiten Monsanto. Aufmuckende Bauern unterstütze sie nicht. Doch die böse EU will ihren Genraps nicht und schon begann das Lobbying in Europa.

Mittlerweile beherrschen sie Riesenlandstriche in Kanada, wo nur ihr Genraps wächst und ihr nächstes Ziel ist jetzt der Weizen. Sie wollen das Monopol über die Nahrungsmittelproduktion. Was das heissen würde, können wir uns vorstellen.

So weit ich weiss, gibt es längst keinen wilden Mais mehr. Wer Mais will, hat die Samen bei Novartis und co. zu kaufen.

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