Es ist mal wieder soweit. Weihnachtszeit. Winterpause. Das nach Sport dürstende Volk rennt in die Eishockeyhallen des Landes. Abseits der großen Vereine in der DEL oder DEL2, in der bereits letzte Woche ein Zuschauerrekord gebrochen wurde, gibt es auch noch die dritthöchste Spielklasse, Oberliga genannt. Gespickt mit zahlreichen tief gefallenen Traditonsvereinen wie den Hannover Scorpions, tummeln sich hier auch mehrere ostdeutsche Vertreter.
Leipzig ist mehr als Fußball! 1.800 Eishockey-Fans im Kohlrabizirkus!
Zwei davon trafen am zweiten Weihnachtsfeiertag im direkten Duell aufeinander und werden von uns mal ein wenig genauer unter die Lupe genommen. Die Icefighters Leipzig (den Werbezusatz lassen wir großzügigerweise mal weg) treffen im Kohlrabizirkus Leipzig auf die Black Dragons Erfurt. Beide Vereine gehören mittlerweile zum Inventar der damals neu reformierten Oberliga Nord und sind rein sportlich gesehen eigentlich nicht miteinander vergleichbar.
Während sich die Leipziger in den vergangenen acht Jahren mehr oder minder entspannt für die Aufstiegs-Playoffs qualifizieren konnten, dümpelten die Thüringer oftmals im Niemandsland der Tabelle herum. Die Entwicklung in Erfurt hatte aber bereits in den vergangenen Jahren aufgezeigt, dass man eben nicht mehr das "graue Mäuschen" der Liga sein mag und dass die Ambitionen von Saison zu Saison größer werden. Die Gastgeber aus Leipzig mussten dies auch oftmals schmerzhaft am eigenen Leib erfahren, entwickelten sich zeitweise zum Lieblingsgegner der "Drachen".
Komplett gedreht hat sich das Leistungsgefälle allerdings erst in der laufenden Spielzeit. Erfurt erwischte einen Sahnestart und grüßte mit anderen Underdogs wie Erfurt oder Hamm von der Tabellenspitze. Leipzig kam mit einer sehr jungen Mannschaft und neuem Trainerteam überhaupt nicht in die Spur und verlor alle der ersten zwölf Saisonspiele und erkämpfte sich nur magere zwei Pünktchen. In dieser Zeit verabschiedete sich auch noch der ehemalige Headcoach, Sven Gerike, der seit Saisonbeginn nur noch als Geschäftsführer agieren sollte. Dieser ist mittlerweile bei Zweitligisten Selb untergekommen. Die Unruhe in der Messestadt war spürbar ersichtlich, aber der Verein verlor keineswegs die Nerven, verpflichtete mit Kyle Gibbons noch einen extrem wichtigen Stürmer und schnappte sich mit Brad Snetsinger noch einen der besten Spieler, den Leipzig je gesehen hatte.
Die Misserfolge schlugen sich allerdings auch in den sinkenden Zuschauerzahlen nieder. Des Öfteren pilgerten weniger als 1.000 Zuschauer in die Eishalle - ein Wert, mit dem man in Leipzig absolut nicht zufrieden sein konnte. Anfang November folgte die Auferstehung. Ein grandioser 5:0-Erfolg gegen völlig indisponierte Indians und der Beginn einer wunderbaren Siegesserie. In den darauffolgenden zwölf Ligaspielen folgten neun Siege, darunter auch Derbysiege gegen Halle und Erfurt, sowie ein etwas unerwarteter Erfolg gegen die Hannover Scorpions. Die junge Mannschaft scheint angekommen zu sein, ist mittlerweile sogar wieder auf Playoff-Kurs und lockt im Schnitt auch wieder mindestens 300 bis 400 mehr Zuschauer in die Halle. Die Gäste aus Erfurt hingegen konnten ihre anfängliche Euphorie nicht ganz durch das komplette erste Halbjahr tragen, rangieren aber immer noch auf einem hervorragenden vierten Tabellenplatz mit Tuchfühlung auf die Tilburg Trappers.
An der Halle angekommen erspähten wir bereits die zahlreich angereisten Gästefans aus Erfurt. Von bis zu 300 Thüringern war die Rede. Eingepackt in roten Ponchos und einheitlichen Weihnachtsmützen entstand ein optisch sehr ansprechendes Bild im ziemlich undankbaren Gästeblock von Leipzig. Auch rein akustisch hatten die Gäste die Oberhand, ließen sich auch vom Rückstand nicht beirren und gewannen das Spiel schlussendlich nicht nur den Rängen, sondern auch auf dem Eis.
Der Angstgegner Leipzigs hat also erneut zugebissen. Ein wenig enttäuschend daher auch die Atmosphäre des Leipziger Publikums, das innerhalb der Liga einen sehr guten Ruf inne hat. Aktuell wird innerhalb der Fankurve aber einiges ausprobiert und die Mechanismen greifen noch nicht perfekt ineinander. In den letzten zwanzig Spielminuten wurde auf alte Muster gesetzt und die Stimmung auch deutlich besser, so dass auch die Haupttribüne etwas mitgerissen werden konnte. Ansonsten blieb wie immer alles friedlich, so wie es sein muss, Erfurt setzt sich in der Tabelle oben fest, während Leipzig nun das große Derby vor der Brust hat.
Positiv hervorzuheben ist noch die Zuschauerzahl von 1800 und die schnelle Abarbeitung der Pressekarten - Vielen Dank nochmal dafür! Man erkennt Woche für Woche, Monat für Monat, dass Leipzig Bock auf Eishockey hat und dass dieser Verein mehr verdient, als es die Stadt Leipzig wertschätzt. Leipzig ist mehr als nur Fußball.
Fotos & Bericht: Max W.