Vor über 10.000 Zuschauern spielten am Samstag Nachmittag im altehrwürdigen Kurt-Wabbel-Stadion die Erzrivalen Hallescher FC und 1. FC Magdeburg gegeneinander. Das Landes-Derby ging 1:1 aus. 3.000 Fans des 1. FC Magdeburg waren angereist, um ihren FCM im "Feindesland" zu unterstützen. Für tolle Choreographien und viel Qualm sorgten die Ultras des Halleschen FC. In der 70. Minute musste das Spiel für fünf Minuten unterbrochen werden, weil wiederholt Feuerwerkskörper in Richtung Spielfeld flogen. Insgesamt betrachtet blieb es jedoch relativ friedlich. Nach dem Spiel suchten ein paar Anhänger des HFC die Konfrontation mit der Polizei.
Viel Rauch und ein Remis: Hallescher FC vs. 1. FC Magdeburg
Hot
MB
Marco Bertram
Updated
Doch der Reihe nach: Die ersten Fans der beiden Vereine konnten bei der Anreise beim Umsteigen in Bitterfeld ausgemacht werden, und auch die Bundespolizei zeigte Präsenz. Bei spätsommerlichen Prachtwetter war es eine Fahrt ins Ungewisse. Wie würde der Nachmittag werden? Würde es friedlich bleiben? Der Hauptbahnhof von Halle / Saale glich einem Hochsicherheitstrakt. Die polizeilichen Einsatzkräfte filterten sogleich die jeweiligen Fans heraus und schickte sie zu verschiedenen Ausgängen. Eine Gruppe Magdeburger Hools wurde in der Altstadt aufgegriffen und von der Polizei zur Straßenbahn geleitet.
Im Steinweg sammelten sich Anhänger des Halleschen FC vor einem Döner-Laden und einem Tattoo-Café. Die ersten Böller krachten. Mächtig hallte es mehrmals in den engen Straßen und Gassen. Die Wörmlitzer Straße ging es weiter zu Fuß zum Kurt-Wabbel-Stadion. Die Polizei hatte die Straße der Republik komplett abgeriegelt. Polizeiketten und Absperrungen sollten ein Zusammentreffen der Fangruppen verhindern.
Eine Stunde vor Spielbeginn war es im Stadion noch recht ruhig. Kaum etwas wies darauf hin, dass ein äußerst brisantes Spiel in nur 60 Minuten beginnen würde. Die Getränkestände waren nur mäßig besucht. Der Grund lag auf der Hand: Es lag ein behördliches Alkoholverbot vor. No way! Es gab nur 0,4er Drive-Bier. Die bereits gefüllten Becher stapelten sich haufenweise. "Hab mehr vom Spiel: 1 Liter für 6 Euro!" Kaum jemand kam auf dieses Angebot zurück. 12:45 Uhr. Die ersten Spieler liefen ein und wärmten sich auf. Auf den Rängen sangen sich langsam die Fans warm: "Tod und Hass dem FCM!" - "Chemieschweine!"
Das Kurt-Wabbel-Stadion ist etwas für Nostalgiker. Für außenstehende Besucher ist es wie eine Reise in die Vergangenheit. Ein osteuropäischer Hauch liegt über dem Ganzen. Von der Stadionform her, könnte das weite Rund auch in Serbien oder Rumänien stehen. Und auch die Fans standen ihren Kollegen vom Balkan in nichts nach! "Sport frei!", brüllte der Stadionsprecher ins Mikrofon. Das Spiel konnte beginnen. Die Kurven waren gefüllt. Die Gästekurve der Magdeburger glich einer blauen Wand. "Für unsere Stadt - 3.000 - Für unsere Farben" stand auf einem riesigen Spruchband. Bereits nach drei Minuten wurde im Block der FCM-Fans eine Rauchbombe gezündet (vermutlich war es jedoch ein entleerter Feuerlöscher). Auf der Hallenser Seite konnte vor Anpfiff eine aufwendige farbenfrohe Choreographie bewundert werden.
Die ersten 20 Minuten war der 1. FC Magdeburg das bessere Team auf dem Rasen. Das Spiel kam ins Stocken, als der Magdeburger Spieler Daniel Bauer wegen Nachtretens die Rote Karte erhielt. Ab nun kamen die Hallenser besser ins Spiel. In der 30. Minute ging ein straffer Schuss knapp am Magdeburger Tor vorbei. In der 42. Minute hatte der FCM eine gute Chance. Ein Freistoß von Radovan Vujanovic strich knapp über das Gehäuse. Während der hektischen Minuten kurz vor der Halbzeitpause wurde es das erste Mal unruhig auf den Rängen, erste Knallkörper wurden gezündet.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit sorgten die Fans und Ultras des Halleschen FC für eine weitere spektakuläre Choreographie. Da weißer und roter Rauch die Ränge und das Spielfeld einnebelte, wurde die zweite Halbzeit mit zwei Minuten Verzögerung angepfiffen. Als Schubert dann in der 58. Minute den Treffer zum 1:0 für den HFC erzielte, gab es auf den Rängen kein Halten mehr. Groß war der Jubel, wieder qualmte es in der Kurve und eine Leuchtkugel flog gen Himmel.
Wiederholt musste anschließend der Stadionsprecher drauf hinweisen, dass bei der Anzeigetafel "der Wurm drin sei". Sie wollte einfach nicht das korrekte Ergebnis anzeigen. Erst später schlug sie auf 1:0 um. Auf dem Rasen gingen die Spieler beider Seiten körperlich robust zu Werke, was wieder einige Hallenser Anhänger zum Anlass nahmen, Böller in Richtung Spielfeld zu werfen. Schiedsrichter Florian Steuer unterbrach in der 70. Minute kurzerhand das Spiel.
"Hört auf mit dem Scheiß!" bat der Stadionsprecher wiederholt. Bei weiteren Feuerwerkskörpern drohte der endgültige Spielabbruch. Nach fünf Minuten ging es weiter. Der FCM übernahm das Ruder, erhöhte den Druck und drängte zum Ausgleich. In der 75. Minute erzielte Watzka den in der Gästekurve frenetisch gefeierten Treffer zum 1:1. Bei diesem Ergebnis blieb es letztendlich. Gefeiert wurde verständlicherweise mehr auf Magdeburger Seite. Nach zwei Niederlagen gegen den Erzrivalen in der vergangenen Saison - 1:2 in Magdeburg und 0:1 in Halle - waren die Fans des FCM bereits mit einem Auswärtspunkt halbwegs zufrieden.
Nach dem Spiel kam es vor dem Stadion noch zu einigen Scharmützeln. In italienischer Ultra-Manier wurden an einem Busch in der Straße der Republik Feuerwerkskörper an schwarz gekleidete und teilweise vermummte Gestalten verteilt. Die jungen Hallenser ließen es mitten auf der Straße mächtig qualmen und krachen. Die Polizei rückte vor und forderte weitere Verstärkung an, um die Situation zu beruhigen. Wie sich später herausstellte, wurde die Polizei gezielt in einen Hinterhalt gelockt, um diese attackieren zu können.
Fotos: Marco Bertram
Benutzer-Bewertungen
2 Bewertungen
Bewertung / Kommentar für den Artikel
5.0(2)
Hast du schon ein Konto? Jetzt einloggen
Bewertung / Kommentar für den Artikel
5.0
Geile Zeiten. Wirkt noch fast wie 90er.
G
Gast
Bewertung / Kommentar für den Artikel
5.0
G
Gast