Wer die Jungs von Towarzystwo Sportowe Polonia Bytom zu einem Hallenfußballturnier einlädt, der kann sich sicher sein, dass für knackige Stimmung gesorgt ist. Allerdings sollten einige Eventualitäten mit einkalkuliert werden. Möglicher Feueralarm auf Grund des Einsatzes von Pyrotechnik und handfeste Auseinandersetzungen im Umfeld der Halle. Die positiven Aspekte: Dauerhafter Support auf den Rängen, viel polnischer Humor bei etwaigen Showeinlagen und beeindruckende Oberkörper-frei-Aktionen. Und: Die Spieler nehmen auf dem Parkett die sportliche Herausforderung überaus ernst!
Polonia Bytom sorgt für Furore und Alarm beim Potsdamer Hallenmasters
HotWer die Jungs von Towarzystwo Sportowe Polonia Bytom zu einem Hallenfußballturnier einlädt, der kann sich sicher sein, dass für knackige Stimmung gesorgt ist. Allerdings sollten einige Eventualitäten mit einkalkuliert werden. Möglicher Feueralarm auf Grund des Einsatzes von Pyrotechnik und handfeste Auseinandersetzungen im Umfeld der Halle. Die positiven Aspekte: Dauerhafter Support auf den Rängen, viel polnischer Humor bei etwaigen Showeinlagen und beeindruckende Oberkörper-frei-Aktionen. Und: Die Spieler nehmen auf dem Parkett die sportliche Herausforderung überaus ernst!
Sven Thoß, langjähriger Veranstalter des traditionsreichen Potsdamer Hallenmasters, hatte durchaus Mut bewiesen das Team aus der Woiwodschaft Schlesien samt seiner durchaus berüchtigten Anhängerschaft in die Brandenburgische Landeshauptstadt einzuladen. Es war das erste Mal, dass ein ausländisches Team am dortigen Hallenmasters teilnehmen durfte. Aber okay, zum 18-jährigen Jubiläum des Turniers darf es schon mal kerniger sein. Mit dabei unter den zehn Teilnehmern auch der SV Babelsberg 03, Tennis Borussia Berlin und die U23 der SG Dynamo Dresden. Bereits im Vorfeld des Potsdamer Hallenmasters kursierte in informierten Fankreisen das Gerücht, dass motivierte, durchaus schlagkräftige Dresdner anreisen würden. Aus Bytom rechnete man mit rund einhundert Leuten.
Am Sonntagnachmittag um 15:25 Uhr zeigte sich, dass aus der einen Vermutung tatsächlich Realität wird. Die ersten 50 Anhänger von Polonia Bytom erreichten als geschlossene Gruppe die MBS-Arena in Potsdam-Süd. Nach kurzer Absprache ging es auf Kommando in Richtung Haupteingang. Meist lächelnd ließ die polnische Reisegruppe die Kontrolle über sich ergehen – mit dem Rücken zum jeweiligen Sicherheitspersonal. Das Ganze unter den kritischen Blicken der szenekundigen Beamten, die sich schon mal die grüne Weste übergestreift hatten. Hektisch wurde es, als bei einem Polonia-Fan eine bengalische Fackel und Tabletten zu Tage kamen. Rasch wurde die Tür verriegelt. Polnische Fans drinnen und draußen. Kurze Zeit sah es aus, als könnte die Situation bereits jetzt eskalieren, doch nach wenigen Minuten konnten auch die restlichen Fans kontrolliert und eingelassen werden.
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Allesamt wurden im Block hinter dem Tor untergebracht. Am Ballfangnetz wurde sogleich das mitgebrachte Banner unübersehbar befestigt. „Bytomska Paologia“. Das „O“ als geballte Faust. Anschließend wurde sich eingestimmt. Dass es ein interessanter Nachmittag und Abend wird, war völlig klar. Von etwaigen Ultras und Hooligans der SG Dynamo Dresden war indes weit und breit noch nichts zu sehen. Nur rund 30 bis 40 „normale“ Fans hatten sich auf den Rängen niedergelassen. Vor der MBS-Arena sammelten sich indes die angereisten Fans von Tennis Borussia Berlin, um geschlossen in die Halle zu gehen und hinter dem anderen Tor ihre Plätze einzunehmen. Babelsberg 03 war dagegen mit eher wenigen Fans vor Ort beim Turnier. Für recht ordentliche Stimmung mit Trommel und Klatschpappen sorgten überraschenderweise die Anhänger von Grün-Weiß Brieslang, die auf der Gegengerade an der Ecke zum Polonia-Block saßen.
Pünktlich wurde das Hallenfußballturnier mit der Partie Werderaner FC Viktoria gegen FSV Babelsberg 74 eröffnet. Nach dem 3:0 der Babelsberger trennten sich RSV Eintracht Teltow und Grün-Weiß Brieslang mit 1:1. Während die U23 von Dynamo Dresden unten auf dem Platz gegen den Titelverteidiger RSV Waltersdorf antrat, tat sich oben auf den Rängen etwas. Wortlos marschierte eine schwarz gekleidete Reisegruppe auf die Gerade und blieb oben hinter dem Sitzbereich stehen. Zirka 40 bis 50 Mann aus Dresden zeigten stumm Präsenz und sorgten allein mit dieser Aktion für bange Blicke.
Weniger bang war der Gesichtsausdruck der Polonia-Fans. Interessiert und neugierig beobachteten sie von ihrem Block aus, was sich wohl dort oben tun würde. Die Polizei positionierte sich indes an der Ecke zwischen den stehenden Dynamo-Jungs und dem Hintertorbereich, wo gemeinsam die Anhänger von Tennis Borussia Berlin und Babelsberg 03 saßen. Unruhe unter den Tebe-Fans. Diskussionen. Und das zu Recht! Die Polizei bat nämlich die lila-weiße Anhängerschaft zu gehen. Ein absurdes Szenario. Die Sicherheit könne unter Umständen nicht gewährleistet werden. Kein Wunder, dass zahlreiche Tebe-Fans stinksauer waren. Während ihr Team unten gegen den FSV Luckenwalde 63 spielte und ein 2:2 erkämpfen konnte, zogen sie auf der anderen Hallenseite in Richtung Ausgang.
Eine merkwürdige Atmosphäre herrschte nun in der Halle. Babelsberg 03 spielte gegen den Werderaner FC Viktoria. Eine flotte Partie, in der Werder mit 1:0 in Führung ging. Babelsberg bekam anschließend einen Penalty, der nicht als Neunmeter, sondern ähnlich wie beim Eishockey von der Mittellinie aus ausgeführt wurde. Der Ball konnte untergebracht werden, am Ende konnte jedoch Werder das 2:1 klarmachen. Laut wurde es, als im Anschluss Polonia Bytom sein erstes Spiel bestritt. Die Polen machten sogleich ohne Kompromisse das 1:0 gegen den RSV Eintracht Teltow. Ein Fehler führte anschließend zum Ausgleich. Allerdings ging das Team aus Bytom sehr diszipliniert zu Werke und brachten den Sieg in Form eines 2:1 verdient in trockene Tücher.
So still wie die dunkel gekleidete sächsische Reisegruppe gekommen war, so stumm verließ sie wenig später wieder die MBS-Arena. Auch einige sportlich gekleidete Polen verließen die Halle. Einem handfesten Aufeinandertreffen stand draußen im Schutze der Dunkelheit nichts mehr im Wege. Sehenswertes gab es währenddessen auf dem Parkett. Der Oberligist RSV Waltersdorf zeigte gegen den Werderaner FC Viktoria eine klasse Leistung und siegte in der überaus spannenden Partie mit 3:2. Nach dem anschließenden 1:0 Sieg von Tennis Borussia Berlin gegen Teltow durfte die Fußballspielerin in der kurzen Pause ihre Kunststücke mit dem Ball zeigen. War das nicht die Berlinerin, die einst...? Genau! Im Jahr 2007 konnte Aylin Yaren im Aktuellen Sportstudio des ZDF den Weltstar Franck Ribéry beim Torwandschießen mit 4:3 bezwingen.
Das Päuschen tat dem Potsdamer Hallenmasters gut, denn beim Filmstadt-Derby SV Babelsberg 03 gegen FSV Babelsberg 74 kam durchaus passable Stimmung auf. Auch die Nulldrei-Fans unterstützten nun nach Kräften ihr Team. Mit dem 2:0-Sieg konnte Babelsberg 03 die Chancen aufs Weiterkommen wahren. Gut was los war beim anschließenden Duell zwischen Polonia Bytom und Brieselang. Kerniges Auftreten der Fans und der Spieler. Bereits nach einer Minute führte Bytom mit 2:0. Der polnische Torwart mit Protektoren an den Ellenbogen und auf dem Kopf schaltete sich immer wieder in die Offensive ein. Am Ende hieß es 3:1. Der Weg ins Halbfinale wurde langsam aber sicher geebnet.
Ebenfalls die Weichen stellen konnte Dynamo Dresden II. Gegen Werder konnten die Sachsen nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2 gewinnen. Aus dem Rennen brachte sich indes Babelsberg 03, das gegen Waltersdorf auf Grund eines bösen Schnitzers mit 1:2 unterlag. Polonia Bytom machte dagegen alles klar. Gegen Tebe sicherte der 2:0-Sieg der Weg ins Halbfinale. Prächtige Stimmung unter den angereisten Fans. Kurzerhand wurde die Trommel der Brieslang-Fans entwendet, später dann aber wieder zurückgegeben. Kurz vor Abpfiff der Partie hieß es dann „Eins, zwei, drei, Oberkörper frei!“ Schmunzelnde Gesichter auf den Rängen. Keine Frage, die Jungs aus Bytom waren das Highlight des Turniers. Als Dynamo Dresden II im vorletzten Vorrundenspiel des Tages gegen das bereits ausgeschiedene Babelsberg 03 antrat, ertönte aus dem polnischen Block ein lautes „Scheiß Dyyyynaaaamoooo!“ Die Dresdner juckte das herzlich wenig, mit dem klaren 3:0-Sieg wurde der erste Platz in der Gruppe A gesichert. Dies wiederum interessierte Bytom nicht wirklich, viel mehr erklang nun aus dem Block die polnische Nationalhymne.
Beim Duell Bytom gegen Luckenwalde ging es darum, wer Erster und Zweiter der Gruppe B wird. Die polnischen Gäste schienen sich zu schonen und spielten mit angezogener Handbremse. Die Folge: Ein 0:2-Rückstand. Nach dem 1:2-Anschlusstreffer sorgte ein fataler Patzer der Luckenwalder für den Ausgleich. Nun legte Bytom noch ein Schippchen drauf und machte das 3:2 in allerletzter Sekunde.
Nach der Polonäse die Party. Showprogramm auf dem Parkett nach der abgeschlossenen Vorrunde. Polnische Fans in bester Laune und für jeden Spaß zu haben. Während die Hip-Hop-Tanzgruppe den Takt angab, eiferte die Anhängerschaft aus Bytom nach. Herzhaftes Lachen nun auf den Rängen. Dachte sich manch ein neutraler Besucher noch zuvor, was für derbe, angsteinflößende Kerle dort im Block stecken, so wurde bei manch einem die Meinung wohlwollender.
Still wurde es wieder, als Luckenwalde und Dresden II das erste Halbfinale bestritten. Luckenwalde ging nach fünf Minuten mit 1:0 in Führung. Als der Dynamo-Keeper mit einer 2-Minuten-Strafe vom Platz musste, machte Luckenwalde alles klar. Nach einem Freistoß zum 2:0 folgte das 3:0 in Form einen trockenen Schusses von links. Die Bälle zum 4:0 und 5:0 pfefferten jeweils ins verwaiste Gehäuse. Immerhin besorgten die überforderten Dresdner noch den Ehrentreffer zum 1:5. Spannender wurde es im zweiten Halbfinale. Bereits nach zehn Sekunden machte Bytom das 1:0 gegen Waltersdorf. Dann allerdings das 1:1 Dank Dennis Kutrieb. Das Spiel war auf des Messers Schneide. Trocken aus der Distanz lochte Bytom zum 2:1 ein. Waltersdorf blieb am Drücker und war dem Ausgleich verdammt nahe, allein die Latte, der Pfosten und der polnische Keeper standen dem 2:2 im Wege.
Im kleinen Finale hatte es Waltersdorf gegen Dresden II schwerer als gedacht. Es brauchte sieben Minuten, bis mit Wucht das 1:0 geschossen wurde. Dresden stellte sich selber ein Bein, indem auf Grund eines Wechselfehlers ein Mann für zwei Minuten vom Platz musste. Prompt das 2:0 für Waltersdorf. Dresden kam Dank des Anschlusstreffers zurück ins Spiel und drängte zum Ausgleich, der jedoch nicht fallen wollte. Das Finale zwischen Luckenwalde und Bytom verlief anders als erwartet. Konnten die Polen bis dahin jedes Spiel gewinnen, so hatten sie dieses Mal gegen den FSV echte Probleme. Bereits nach 30 Sekunden das 1:0 für Luckenwalde. Und dann das: Ein Bock der polnischen Hintermannschaft, 2:0 für Luckenwalde. Gerade einmal waren zwei Minuten gespielt, da stand es bereits 3:0! Macht nichts, dachten die Polen hinter dem Fangnetz. Oberkörper frei und Party! Bytom kam noch einmal auf 1:3 heran, doch als Luckenwalde das 4:1 erzielen konnte, war der Turniersieg für die Südbrandenburger gesichert.
Nach Abpfiff ließen es die polnischen Fans noch einmal richtig krachen, indem sie ein Bengalo nach dem anderen anzündeten. Pyrotechnik in der Halle – sonst eher nur aus Griechenland und vom Balkan bekannt. Rauch stieg in Richtung Decke. Bange Blicke vom Veranstalter. Noch blieb es ruhig, doch bei Beginn der Siegerehrung kam der Feueralarm. Mitten bei der Ansprache ging der Ton aus, stattdessen kam eine automatische Ansage vom Band auf mehreren Sprachen. Eine Sirene und immer wieder die Aufforderung, die MBS-Arena zu verlassen. Die Siegerehrung wurde rasch ohne Ansprachen über die Bühne gebracht. Ein Siegerfoto der Luckenwalder in dem einem Tor. Auf der Gegenseite ebenfalls ein Gruppenfoto und zwar von der Mannschaft aus Bytom. Im Hintergrund die kernige Reisegruppe am Netz.
Wenig später wurde ein Teil der polnischen Fans von der Security und der behelmten Polizei daran gehindert, die Halle zu verlassen. Stau am Ausgang. Leichte Rangeleien. Minuten später durften rund 50 Polen in Richtung Parkplatz von dannen ziehen. Und das ohne Polizeibegleitung. Vorbei an der Tram-Haltestelle. Ein totaler Irrsinn. Erstaunte Gesichter bei den Wartenden. Es kam, wie es kommen musste. Der polnische Mob erspähte auf der gegenüberliegenden Haltestelle ein paar Gesichter. Die Folge: Tritte und Schläge für die dort Stehenden. Erst dann rückten die behelmten Einsatzkräfte nach und beruhigten die Situation. Weshalb nicht gleich die polnischen Anhänger von der Polizei zu ihren Fahrzeugen begleitet wurden, blieb das Rätsel des späten Abends.
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