Leichtathletik in Berlin hat einen Namen. Seit nunmehr 76 Jahren ist das ISTAF aus der deutschen Hauptstadt nicht mehr wegzudenken. Dabei geht der eigentliche Ursprung der Stadionfest Geschichte sogar noch weiter zurück. Am 3. Juli 1921 fand im Grunewaldstadion vor 20.000 Zuschauern das erste Stadionfest in Berlin statt. 16 Jahre später mit dem Schwung der olympischen Spiele von 1936 in Berlin. Am 1. August 1937 begann die Neuzeit des ISTAF im Berliner Olympiastadion vor der beeindruckenden Zuschauerkulisse von 85 000 Besuchern. Zwischen 1993 und 1997, mit der Einführung der Golden Four, war das ISTAF viermal Finalstation und auch in den Folgejahren, mit der, vom Leichathletik Weltverband IAAF eingeführten Golden League, fand die Vergabe des Hauptgewinns, Goldbarren im Wert von 1 Million US Dollar, bis 2002 im Berliner Olympiastadion statt.
72. ISTAF Berlin 2013: Rückblick auf die einzelnen Wettkämpfe
Nach dem Ausscheiden aus der Golden bzw. Diamond League bestätigte sich der Einbruch der Zuschauerzahlen und die Angst am mangelnden Interesse des Berliner Publikums am Internationalen Stadionfest zum Glück nicht. Ganz im Gegenteil. Nach dem Umbau des Stadions zwischen 2002 und 2003 mit der „Blauen Bahn“ und der Vorfreude auf die Leichtathletik WM 2009 in Berlin konnte das ISTAF im Vorjahr der WM über 67.000 Zuschauer verzeichnen.
Die grandiose Stimmung während der Leichathletik WM 2009 in Berlin, schwappt noch immer bis in die heutige Zeit und so haben sich die Besucherzahlen um die 55 000 Zuschauer eingepegelt, die für eine hervorragende Stimmung und einmalige Atmosphäre im Berliner Olympiastadion sorgen. Verantwortlich dafür ist sicherlich zum einen das Umdenken seitens der Organisatoren, die aus dem ISTAF ein großes Familienfest mit moderaten Eintrittspreisen gemacht haben. So sind es vor allem die Jüngsten, die sich von den Athleten begeistern lassen und für Stimmung sorgen.
Fotos vom ISTAF 2013 für redaktionelle und private Zwecke erhältlich bei: frontalvision.com
Die Kinder der Schulstaffeln, die im Vorfeld das Rahmenprogramm gestalten, bringen mit ihren Eltern, Angehörigen und Freunden viele Fans mit an die Blaue Bahn Berlins. Die magere Erfolgsausbeute der deutschen Athleten in den Laufdisziplinen und im Gegensatz dazu die stetig steigende Erfolgsbilanz in den technischen Wurf- und Sprungdisziplinen der vergangenen Jahre, hat die Popularität der deutschen Sportler aus den oft etwas stiefmütterlich behandelten Disziplinen, unheimlich gestärkt.
Allen voran das Flagschiff der deutschen Werfer, Robert Harting, der mit seinen sportlichen Leistungen, lockeren Sprüchen und medienträchtigen Aktionen nach seinen Erfolgen immer wieder für Schlagzeilen sorgte. Der gebürtige Cottbuser bezeichnet das Berliner Olympiastadion mittlerweile als sein Wohnzimmer und das ISTAF als eines der für ihn wichtigsten Sportwettkämpfe im Jahr. So wird er nicht nur von den Veranstaltern des ISTAF als medienträchtiges Zugpferd eingespannt. Auch das Berliner Sechstage Rennen bediente sich im vergangenen Jahr seiner gerade in Berlin uneingeschränkten Popularität und ließ ihm die Ehre zuteil werden, das 101. Berliner Sechs Tage Rennen anzuschießen.
Bei der 72. Austragung des Stadionfestes bedankte sich Robert Harting mit einem Wurf über 69,02 Meter und siegte damit souverän vor seinem Landsmann Martin Wierig, der mit 66,73 Metern eindrucksvoll vorgelegt hatte. Dritter im Diskus werfen wurde der Pole Robert Urbanek mit 64,97 Metern.
Einen eindrucksvollen Auftakt legte allerdings die Russin Maria Abakumova im Speerwerfen hin. Sie stellte gleich zu Beginn des Meetings mit 70,53 Metern eine neue Weltjahresbestleistung und einen neuen Meeting Rekord auf. Sie verbesserte die bis dahin aktuelle Bestweite der Norwegerin Tine Solberg Hattestad aus dem Jahre 2000 um fast 2 Meter. Zweite wurde Linda Stahl mit 65,35 Metern vor der amtierenden Weltmeisterin von Moskau Christina Obergföll 63,30 Meter. Für die Schwarzwälderin war es der letzte Wettkampf der Saison. „Es fällt mir schwer, nach der WM noch einmal die richtige Spannung aufzubauen.“ Christina Obergföll gab sich mit dem Dritten Platz zufrieden und resümierte einen gelungenen Saisonabschluss: „Maria war am heutigen Tag nicht zu schlagen.“
Einen grandiosen Auftritt oder besser gesagt Absprung hatte auch der Saarbrücker Weitspringer Christian Reif. Im letzten Versuch konterte er die vom Südafrikaner Godfrey Khotso Mokoena vorgelegten 8,08 Meter mit einem Satz von 8,11 Meter.
Platz Drei ging an den Franzosen Salim Sdiri mit 7,87 Meter.
Einen weiteren Sieg konnte auch der Weltmeister im Kugelstoßen David Storl verzeichnen. Im vierten Versuch wuchtete er das runde Eisen auf 20,91 Meter. Ralf Bartels verabschiedete sich aus der Leichtathletikarena nach 16 Jahren in der Weltspitze mit 19,08 Meter auf Platz Fünf. Zweiter wurde der Tscheche Ladislav Prasil mit 20,79 Meter und Platz Drei belegte mit 19,94 Meter der Serbe Asmir Kolainak.
Der Sieg bei den Stabhochspringern ging an den Griechen Konstandínos Filippídis mit 5,70 Metern. Die gleiche Höhe übersprang auch der Tscheche Jan Kudlicka. Aufgrund eines Fehlversuches über die 5,65 Meter, die der Grieche im ersten Anlauf übersprang, belegte Kudlicka Rang Zwei. Dritter wurde der Deutsche Tobias Scherbarth, der vor den 5,70 Metern zu großen Respekt zeigte und am Ende übersprungene 5,50 Meter im Endergebnis zu stehen hatte.
Mit einer persönlichen Bestleistung von 11,02 Sekunden (in diesem Jahr aufgestellt bei der Generalprobe zur Leichtathletik WM am 02. August in Weinheim), ging Deutschlands beste Sprinterin Verena Sailer sogar als Favoritin ins 100 m Rennen. Der Traum endlich die Schallmauer von 11 Sekunden zu brechen, wurde allerdings noch etwas hinaus geschoben. Verena Sailer belegte Platz zwei in 11,32 Sekunden hinter der US Amerikanerin Lakeisha Lawson 11,18 Sekunden. Dritte in 11,45 Sekunden wurde die Britin Ashleigh Nelson.
Im Hammerwerfen der Frauen belegte die Weltrekordlerin Betty Heidler den Dritten Platz mit 74,62 Metern hinter der Weltmeisterin Tatyana Lysenko aus Russland 74.89 Meter. Den Sieg holte die WM Zweite aus Polen mit 77,15 Metern.
Die WM Silbermedaille der Dresdnerin Christina Schwanitz sorgte dafür, dass die Veranstalter auch das Kugelstoßen der Frauen mit ins Programm aufnahmen. Mit 19,43 und damit Platz 2, gelang ihr auch in Berlin der Stoß aufs Podest. Alle sechs Versuche über 20 Meter, so präsentierte sich die Weltmeisterin von Moskau, Valerie Adams aus Neuseeland in exzellenter Form und wuchtete im letzten Versuch die Kugel auf die Siegweite von 20,58 Meter. Dritte wurde die Weisrussin Alena Kopets mit 18,00 Metern. Platz vier ging an die Neubrandenburgerin Nadine Kleinert mit 17,73 Metern.
Über die Mittelstrecken gingen die Deutschen Athleten leer aus und die 3.000 Meter Hindernis konnte man auch als Kenianische Meisterschaften bezeichnen, bei denen sich Hillary Kipsang Yego in 8:08,84 Minuten vor Paul Kipsiele Koech und Jairus Kipchoge Birech durchsetzte.
Fotos: Arne Mill