Crosslauf am Kaulsdorfer See: Erinnerungen an die Wettkämpfe der 80er Jahre

MB Updated

Muffiger Geruch in der Umkleidekabine der Turnhalle der 10. POS in Berlin-Mahlsdorf. Mulmiges Gefühl in der Magengegend.  „Marco! Samstag, Crosslauf? Biste dabei?!“ Die Frage des kernigen Sportlehrers war eher eine Aufforderung. Der Mann mit stramm sitzender Jogginghose ging durch die Reihen und schaute die Auserwählten an. BZA-Lauf, Spartakiade, Crossläufe. Für die Lauf-Asse der einzelnen Klassen stand immer etwas an der Tagesordnung. Sich komplett zu drücken war schwer. Die Ansage des Sportlehrers (ehemals NVA-Offizier) war deutlich. Zumal man dann im alltäglichen Sportunterricht ein Stein im Brett hatte. Das konnte beim nächsten Geräteturnen durchaus nützlich sein.

Sport DDRMuffiger Geruch in der Umkleidekabine der Turnhalle der 10. POS in Berlin-Mahlsdorf. Mulmiges Gefühl in der Magengegend.  „Marco! Samstag, Crosslauf? Biste dabei?!“ Die Frage des kernigen Sportlehrers war eher eine Aufforderung. Der Mann mit stramm sitzender Jogginghose ging durch die Reihen und schaute die Auserwählten an. BZA-Lauf, Spartakiade, Crossläufe. Für die Lauf-Asse der einzelnen Klassen stand immer etwas an der Tagesordnung. Sich komplett zu drücken war schwer. Die Ansage des Sportlehrers (ehemals NVA-Offizier) war deutlich. Zumal man dann im alltäglichen Sportunterricht ein Stein im Brett hatte. Das konnte beim nächsten Geräteturnen durchaus nützlich sein.

DDR SportBei vermurksten Übungen an Barren, Reck und Pferd wurde schon mal ein Auge zugedrückt. Schließlich war man bei den Laufwettkämpfen eine verlässliche Kraft, die sich beim BZA-Lauf auf der Tartanbahn oder beim Crosslauf im Biesdorfer Gehölz die Lunge aus dem Körper rannte. Keine Frage, Sportwettkämpfe nahmen in der DDR einen sehr hohen Stellenwert ein. Drumherum kam niemand. Zwar nahmen nur einige Schüler an all diesen BZA- und Crossläufen teil, doch an den Schulsportfesten gab es kein Vorbeikommen. Für Couchkartoffeln und Sportpflaumen waren diese ein echter Graus. Mehrere Klassen traten auf einem Sportplatz mit Rundlaufbahn im Umkreis der jeweiligen Schulen an.

In unserem Fall war es die Sportanlage an der Lassaner Straße, gelegen an den Baggerseen in Berlin-Kaulsdorf. Dort auf dem Sportplatz von Stern Kaulsdorf hatte ich das einzige Mal bei einem Laufwettkampf gemogelt. Klassenkamerad Jan, damals in der DDR eine echte Laufgröße, war beim 3.000-Meterlauf wieder einmal eine Runde voraus. Dahinter gab es einen erbitterten Kampf um Silber und Bronze. Ich mitten drin. Vor mir Sportsfreund Stefan, der mich einfach nicht vorbeilassen wollte. Also überholte ich einfach innerhalb der Aschebahn. Bei echten Wettkämpfen hätte dies die Disqualifizierung bedeutet. Bei einem Schulwettkampf interessierte es niemanden. Außer Sportsfreund Stefan, der nach dem Lauf schimpfte wie ein Rohrspatz. In der Tat, so richtig freuen konnte ich mich über die Silbermedaille nicht. Bronze hätte es auch getan.

Kaulsdorf23 Jahre später. Stelldichein auf der Sportanlage an den Kaulsdorfer Baggerseen, die jetzt bereits viel natürlicher aussehen. Auf dem Programm stand am Sonntagvormittag der Crosslauf „Rund um die Kaulsdorfer Seen“, der jährlich vom Kaulsdorfer OLV veranstaltet wird. Die Startgebühr war passabel. Fünf Euro bei Voranmeldung, sieben Euro bei der Nachmeldung. Zur Auswahl standen entweder sechs Kilometer (eine Runde) oder 12,5 Kilometer (zwei Runden). Keine Frage, die volle Distanz sollte es sein. Allerdings war bereits vor dem Crosslauf klar, dass es ein echtes Stück Arbeit werden würde. Trainiert man immer wieder auf einer 10-Kilometer-Strecke entlang des Tempelhofer Feldes, so kann eine 2,5 Kilometer längere Strecke auf unebenem Terrain durchaus an den Kräften zehren.

Bei kühlen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein ging es pünktlich um 10:30 Uhr auf die Strecke. Mit dabei der besagte Jan, der damals immer allen davongerannt war. Zuerst ging es durch die Kleingartenkolonie, die südlich der Sportanlage liegt. Nach einer Schleife führte die Strecke am südöstlich gelegenen Habermannsee vorbei. Über Wurzeln, auf schmalen Pfaden und am südlichen Ufer sogar einige Meter über zuckrigen Sand des dortigen Badestrandes. Anschließend wurde der Bogen geschlagen, nach Norden gelaufen und der Butzer See umkurvt. Hechelnd bogen die Läuferinnen und Läufer ab, die sechs Kilometer absolvieren wollten. 

Die 12,5-km-Läufer durften sich ein weiteres Mal an der kurvigen und verwinkelten Runde zu schaffen machen. Die Beine wurden schwer, die zweite Passage des Strandabschnitts gab einem den Rest. Spaziergänger mit Hunden staunten nur. Wie viele kommen denn da noch? Noch einige, doch das Feld ist weit gestreckt. Auf dem letzten Abschnitt überholte mich noch ein kerniger M60-Läufer. Kurz vor dem Ziel setzte ich noch einmal an, ließ ihm aber den Vortritt. Die Zeit? Etwa eine Stunde. Sportskamerad Jan kam zwei Minuten früher ins Ziel und heimste sich sogar die Urkunde für den dritten Platz in der M30 ein. Immerhin, der Vorsprung war nicht mehr so groß wie 23 Jahre zuvor bei den Schulsportfesten...

> Fotos vom Lauf auf der offiziellen Seite des Kaulsdorfer OLV

 

 

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