Bezirksliga in Berlin Wedding: Besuch bei Herthas dritter Mannschaft

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Über zweite Mannschaften von Proficlubs kann man gespaltener Meinung sein: einerseits spielen sie eine wichtige Rolle im deutschen Nachwuchskonzept. Daher ist es wichtig, die jungen Spieler auf möglichst hohem Niveau antreten zu lassen - doch das führt andererseits zu Ungemach bei vielen Fans. Diese wollen vor allem in dritter oder Regionalliga lieber gegen attraktive Traditionsvereine spielen als gegen zweite Mannschaften, die die Gästekurve oft nur mit einer handvoll Freunde und Verwandter füllen. Eigenes Fanpotenzial haben zweite Teams nur in seltenen Fällen, was sich am tendenziell niedrigen Heimschnitt zeigt.

Hertha BSC IIIÜber zweite Mannschaften von Proficlubs kann man gespaltener Meinung sein: einerseits spielen sie eine wichtige Rolle im deutschen Nachwuchskonzept. Daher ist es wichtig, die jungen Spieler auf möglichst hohem Niveau antreten zu lassen - doch das führt andererseits zu Ungemach bei vielen Fans. Diese wollen vor allem in dritter oder Regionalliga lieber gegen attraktive Traditionsvereine spielen als gegen zweite Mannschaften, die die Gästekurve oft nur mit einer handvoll Freunde und Verwandter füllen. Eigenes Fanpotenzial haben zweite Teams nur in seltenen Fällen, was sich am tendenziell niedrigen Heimschnitt zeigt.

Trotz attraktiver Liga sind z.B. die Clubs im Nordosten abgesehen von einigen Top-Spielen keine Ausnahme. So auch nicht Hertha BSC Berlin II, bei deren Heimspielen sich zuletzt nur wenige hundert Zuschauer einfanden obwohl Dauerkarteninhaber der ersten Mannschaft freien Eintritt genießen.

Hertha BSC IIIWenn also das Dasein in einer zweiten Mannschaft schon nicht sonderlich glamourös ist, wie sieht es dann erst mit einer Dritten aus? Dazu habe ich mich mit Wissam Shaheen (genannt „Coco“), Co-Trainer der Hertha BSC Amateure II (oder eben: Hertha BSC III) im Vorfeld der Bezirksliga-Partie gegen den SC Borsigwalde unterhalten. Wenn die zweite Mannschaft (oder auch: U23) eine Ausbildungsmannschaft für die erste ist, wie ist dann die dritte einzuordnen? Und welche Rolle spielt sie für Verein und Hertha-Fans? Laut „Coco“ ist die Dritte ein Verbindungsstück zwischen U23 und A-Jugend. Wer den Sprung aus der A-Jugend noch nicht schafft, kann sich über die Amateure II für die U23 empfehlen. Ebenso können selten eingesetzte U23-Akteure hier Spielpraxis sammeln.

Hertha BSC IIIMit einer guten Leistung in der Bezirksliga könnte sich die Dritte auch im Verein stärker ins Gespräch bringen. U23-Trainer Karsten Heine wirft in jedem Fall ein genaues Auge auf die Mannschaft, die nicht im Amateurstadion sondern im Wedding an der Lüderitzstraße spielt. Die Dritte hat sich ein sehr treues Stammpublikum erarbeitet: seit fast 20 Jahren gibt es einen harten Kern von etwa 40 Hertha-Fans, die ihre Jungs unermüdlich unterstützen. Durch die frühe Anstoßzeit aller Heimspiele um 10 Uhr kommt es auch vor, dass gegnerische Mannschaften (vor ihren eigenen Spielen) geschlossen zum Spionieren vorbeischauen.

Als die Mannschaft im letzten Jahr um den Aufstieg mitspielte, kamen sogar bis zu 100 Fans zu Heim- und Auswärtsspielen. Mit drei Punkten Rückstand auf den Tabellenzweiten wurde der Aufstieg jedoch knapp verpasst. In dieser Saison spielt das Team im oberen Tabellendrittel mit, zeigte aber recht inkonsistente Leistungen. Die Mannschaft wurde vor der Saison in kurzer Zeit fast komplett neu zusammengestellt und muss sich noch immer finden. Bis zur Winterpause werden laut „Coco“ einzelne Spieler genau beobachtet, für das winterliche Transferfenster haben auch schon einige Wechselwillige mit Landesliga-Erfahrung ihr Interesse an einem Transfer zu Hertha III bekundet.

LüderitzstraßeBis dahin sind aber noch einige Spiele zu absolvieren: Der heutige Gegner SC Borsigwalde ist derzeit im Tabellenkeller angesiedelt, wird aber seit Anfang Oktober von einem neuen Trainergespann geführt. Bei Hertha III kam heute auch U23-Spieler Dominik Wohlert zum Einsatz. Der Sechser forderte und verteilte geschickt Bälle, und schaltete sich auch in die Offensive ein, besonders am Anfang den Hertha druckvoll gestaltete: „Die kämpfen um jeden Ball“ gaben wohlwollend einige der 50 anwesenden Zuschauer von sich. Deren Meinung änderte sich dann jedoch im weiteren Spielverlauf, als die Hausherren einige große Möglichkeiten leichtfertig vergaben, und da man an der Lüderitzstraße eng am Geschehen steht, drang das auch bis zu den Spielern vor, bis einer schließlich erwiderte: „Ey mischt euch mal nicht die ganze Zeit ein von draußen hier!“

BorsigwaldeZu diesem Zeitpunkt stand es übrigens schon 0:1, der Borsigwalder Steffen Piekarski („Pieke“) nahm nach einer halben Stunde ein Geschenk der Hertha-Defensive an, die sich einen Querpass im eigenen Fünfmeterraum leistete. Es folgten energischere Bemühungen der Herthaner, die weiterhin beste Chancen vergaben bis der Ball dann doch nach 40 Minuten im Netz landete. Die Freude währte allerdings nur 120 Sekunden: erneut konnte „Pieke“ einnetzen, dieses Mal per Kopf – der Hertha-Torwart hatte eine Flanke unterschätzt. Vielleicht hätte es ihm geholfen, wenn er – wie sein Gegenüber zwischen den anderen beiden Pfosten – eine Brille getragen hätte. Zur Pause wurde er ausgewechselt, allerdings nicht, ohne vorher erneut den Ball aus dem Netz zu fischen. „Pieke“ hatte diesen zum dritten Mal dorthin befördert: Der Borsigwalder nahm den Ball im Stile eines Top-Stürmers mit dem Rücken zum Tor an, drehte sich schnell und zimmerte das Spielgerät in den rechten oberen Winkel zum 1:3.

Torwart BrilleIn der zweiten Hälfte ließ Hertha weitere gute Chancen ungenutzt, und so konnten die Zuschauer mitten in einer Hertha-Druckphase wieder ein Gästetor bewundern: ein Außenristschuss vom Strafraumrand drehte sich mit viel Effet im letzten Moment ins Tor. In den verbleibenden 25 Minuten traf Hertha noch einmal unverhofft nach einem immer länger werdenden Freistoß das Lattenkreuz, musste sich aber am Ende mit 1:4 geschlagen geben.

Für die Herthas Dritte ist die erneute deutliche Niederlage gegen einen vermeintlich schwächeren Gegner ein Rückschlag im Aufstiegskampf. Die treuen Fans werden sich davon aber nicht abschrecken lassen, auch das nächste Mal stolz die große blau-weiße „Amateure Zwee“ Zaunfahne aufhängen und den Spielern ihre Tipps und Tricks zurufen. Ob diese nun wollen oder nicht.

Fotos: Glenn Dawson, Felix Natschinski

Auf www.GroundhoppingEtc.com und www.facebook.com/GroundhoppingEtc berichtet Felix über seine Stadionerlebnisse, u.a. in Berlin, London oder Prag.

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