Im Vergleich zu früheren Auftritten in Brandenburg an der Havel, bei denen auch schon mal von der übermotivierten Polizei Pfefferspray in einen vollbesetzten Bus gesprüht wurde, war das Auswärtsspiel des BFC Dynamo am Sonntag eine überaus entspannte Angelegenheit. Was nicht heißen soll, dass aus Sicht der Hohenschönhausener alles prima war. Zwar durften dieses Mal die Fans je nach Wunsch vom Hauptbahnhof zu Fuß durch die Altstadt zum Stadion laufen, doch im Gästebereich herrschte wieder Ernüchterung. Ein Imbisswagen, an denen es kalte Buletten aus der Packung gab. Von einem Grillstand keine Spur.
BFC Dynamo scheitert an Marc Brosius und lässt in Brandenburg Punkte liegen
Ein Fußballspiel ohne leckeres Grillgut zum frisch Gezapften? Ein Unding. Dass der gesamte Gästebereich den melancholischen Charme eines irgendwo im tiefsten Osteuropa befindlichen Sportplatzes ausstrahlt, nun ja, dafür kann der Brandenburger SC Süd 05 nicht wirklich was. Doch ein wenig mehr Liebe zum Detail wäre im Werner-Seelenbinder-Stadion schon hilfreich. Die zwei auf der Wiese stehenden Dixi-Toiletten erinnern an ein Provisorium, doch dieses Provisorium ist dort im Gästeblock trauriger Alltag, der die Stimmung bei den Gästefans sofort sinken lässt. Willkommen in der NOFV-Oberliga Nord. Kein Wunder, dass zahlreiche BFC-Fans diesen Fußballalltag satt haben und nun endlich mal nach Magdeburg, Jena, Leipzig und Zwickau fahren wollen!
Damit dies in der Saison 2013/14 Wirklichkeit werden könnte, mussten auch in Brandenburg drei Punkte eingefahren werden. Dies hätte am Sonntagnachmittag auch gelingen können, ja sogar müssen, doch allein der Torhüter der Gastgeber verhinderte, dass es mit dem erhofften Dreier an der Havel etwas wurde. Marc Brosius wurde zum Brandenburger Held des Tages, in dem er immer wieder hochkarätige Chancen vereitelte. In der Schlussphase warf er sich gar wie eine Furie in den Ball, mit Hand, Brust oder Fuß konnte er immer wieder einen Schuss abwehren und den Kasten des BSC Süd 05 sauber halten.
Dabei schien es anfangs nur eine Frage der Zeit, bis der BFC Dynamo in den schwarz-weiß gestreiften Trikots vor 670 Zuschauern (unter ihnen rund 250 Gästefans) den ersten Treffer erzielen würde. Die Gäste kamen flott ins Spiel und übten vor allem über die rechte Seite Druck nach vorn aus. In der zehnten Minute ging der Ball knapp am Gehäuse vorbei, in der 23. Minute war es Nico Patschinski, der aus bester Position vergab und den Ball über das Gehäuse setzte. Sechs Minuten später konnte Richard Max Ohlow das Ding nicht klarmachen. Wenig später arbeitete sich Ohlow über links nach vorn, Miroslav Kousal vergab die drauffolgende Möglichkeit. In der Schlussviertelstunde der ersten Halbzeit wurden die Hausherren ruppiger, was zahlreiche Freistöße und Ermahnungen zur Folge hatte.
Ähnliches im zweiten Spielabschnitt. Anrennende Gäste und couragiert verteidigende Hausherren. Eine gute Möglichkeit von Ibrahim Keser, der überhastet über die Latte schoss. Dann spielte Christian Preiß auf Patschinski, doch auch diese Chance konnte nicht genutzt werden. Im Gästeblock wurde die Stimmung besser. Die Ultras verschossen buntes Konfetti und stimmten ein „Ohne Meckerecke wär hier gar nix los!“ an. Eine Anspielung an die „Meckerecke“ im rot-weißen Heimblock. Auf dem Rasen wurde der Takt erhöht. Kein Wunder, denn die Zeit verrann zunehmend. In der 67. Minute war es Patrick Brendel, der nach Ecke mit dem Kopf eine gute Möglichkeit hatte. In der 75. Minute dann auf der Gegenseite fast das 1:0 für die „Südfeuer-Jungs“. Einen strammen Schuss lenkte BFC-Keeper Carsten Busch über die Latte. Brandenburg nun kurz am Drücker, zwei Ecken und eine weitere gute Chance.
In der Schlussphase noch einmal Chancen der Gäste im gefühlten Sekundentakt. Doch Marc Brosius faustete, sprang und parierte wie ein Handballtorwart. Scheinbar im Adrenalinwahn zeigte er im Sechzehner Präsenz – und das teilweise am Limit. Im Gästeblock machte sich Nervosität breit. Die Felle schwammen davon. Wieder einmal, wenn es drauf ankommt. Als das heiß umkämpfte Oberligaspiel abgepfiffen wurde und auf der alten maroden Anzeigetafel immer noch das 0:0 zu sehen war, machte sich unter den Fans eine Art Erschöpfung breit. Meist wortlos ging es zu den beiden bereitgestellten Shuttle-Bussen. Erst später im Regionalexpress nach Berlin ertönten wieder die ersten Lieder, meist gesungen von den jüngeren Fans.
Boden verloren wurde am 17. Spieltag nicht, denn es gab zwei weitere Überraschungen. Eine mittelgroße: Der BFC Viktoria 1889, der nach der Saison mit dem Lichtenfelder FC fusionieren möchte, kam gegen den Aufsteiger RSV Waltersdorf nicht über ein 1:1 hinaus. Und eine faustdicke: Der FSV Luckenwalde verlor daheim gegen das Schlusslicht SV Waren 09 mit 3:4! Die Gunst der Stunde nutzte der FSV Union Fürstenwalde, der gegen den Lichterfelder FC glatt mit 3:0 gewinnen konnte. Am kommenden Samstag empfängt der BFC Dynamo im Sportforum Anker Wismar, der BFC Viktoria 1889 reist zum 1. FC Neubrandenburg und Fürstenwalde gibt in Waren an der Müritz seine Visitenkarte ab.
Fotos: Marco Bertram
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