Zeitreise: Als Jorginho, Thom, Kree & Co noch im Haberland-Stadion kickten

MB Updated

Lang, lang ist´s her. Martin Kree wurde mit dem "Goldenen K" ausgezeichnet, auf den Trikots prangte das bunte Talcid-Chamäleon und gegen den Karlsruher SC kamen nur schlappe 8.896 Zuschauer. Die Rede ist von Bayer 04 Leverkusen. Es war eine Zeit, in der das Ulrich-Haberland-Stadion noch eine offene Seite hatte und der Zuschauerschnitt bei rund 15.000 lag. Sportlich wurde bereits damals phasenweise Fußball vom Feinsten geboten. Damals - das bedeutet in diesem Fall die Saison 1991/92, auf die ein ausführlicher Blick geworfen wird.

Lang, lang ist´s her. Martin Kree wurde mit dem "Goldenen K" ausgezeichnet, auf den Trikots prangte das bunte Talcid-Chamäleon und gegen den Karlsruher SC kamen nur schlappe 8.896 Zuschauer. Die Rede ist von Bayer 04 Leverkusen. Es war eine Zeit, in der das Ulrich-Haberland-Stadion noch eine offene Seite hatte und der Zuschauerschnitt bei rund 15.000 lag. Sportlich wurde bereits damals phasenweise Fußball vom Feinsten geboten. Damals - das bedeutet in diesem Fall die Saison 1991/92, auf die ein ausführlicher Blick geworfen wird.

Haberland

Der damalige Kader von Bayer 04 konnte sich wahrlich sehen lassen. Jorginho, Wörns, Foda, Herrlich, Thom und Kirsten. Und nicht zu vergessen Martin Kree, der den härtesten Bums der Bundesliga hatte. Er spielte noch beim VfL Bochum, als bei der RTL-Bundesliga-Show Anpfiff festgestellt wurde, dass Kree über den härtesten Schuss verfügte. Mit satten 137 km/h soll der Ball geflogen sein. In Leverkusen war man froh, solch einen strammen Schützen in den eigenen Reihen zu haben.

Bei den Fans eher belächelt wurden die fußballerischen Leistungen von Andreas Fischer und Marcus Feinbier, und okay, auch mit Martin Kree waren die Zuschauer nicht immer zufrieden. Ein Schmunzeln huschte manch einem auch beim polnischen Stürmer Marek Lésniak über die Lippen, doch der sympathische Marek war doch immer mal wieder für ein Törchen gut, wenn der Schwatte - sprich Ulf Kirsten - mal außer Form war.
Kurzum, der Kader hatte in der Spielzeit 1991/92 echte Größen dabei, doch für ganz oben hatte es nicht gereicht. Am Ende der Saison wurde sogar die UEFA-Cup-Teilnahme vergeigt, der Einbruch in der Schlussphase war in der Tat eklatant. Hinzu kam das unglückliche Ausscheiden im Halbfinale des DFB-Pokals auf dem Bökelberg bei Borussia Mönchengladbach.

Dabei hatte die Saison gut begonnen. Vor knapp 24.000 Zuschauern gab es am 02. August 1991 einen 1:0-Sieg zu feiern, der bei den Fans überaus beliebte Jorginho erzielte damals den Treffer des Tages. In der Woche darauf folgte eine derbe 0:3-Klatsche bei Wattenscheid 09. Bayer 04 ließ sich jedoch nicht lumpen und gewann anschließend zweimal in Folge. 1:0 bei den Stuttgarter Kickers, 2:1 gegen den MSV Duisburg.
Ganze fünfmal in Folge wurde Remis gespielt, darunter ein 0:0 beim FC Schalke 04 vor 43.000 Zuschauern im Parkstadion. Der Knoten platzte so richtig gegen Dynamo Dresden, mit 4:0 wurden die Sachsen vor 10.454 Zuschauern vom Platz gefegt. Mit vor Ort eine handvoll Anhänger des FC Berlin (BFC Dynamo), die zu damaligen Zeiten Kontakte zur Leverkusener Szene pflegten.

Insgesamt betrachtet war der Saisonstart überaus erfolgreich, zumal Anfang September 1991 auch noch der Erzrivale 1. FC Köln mit 2:0 im DFB-Pokal bezwungen wurde. Aus lauter Frust brannte im Block H des Gästebereichs recht bald die Wurstbude.
Mächtig geknallt hatte es auch beim Auswärtsspiel beim VfL Bochum am Abend des 27. Septembers 1991. Mit 2:0 gewann die Werkself vor 12.500 Zuschauern im Ruhrstadion. Andreas Thom und der eingewechselte Heiko Herrlich ließen die 1.500 mitgereisten Leverkusener Schlachtenbummler mächtig abfeiern. Vor den Toren des Stadions gab es allerdings für einige kräftig Keile. Aufgebrachte Bochumer Fans und Hooligans ließen im Schutze der Dunkelheit bös die Fäuste kreisen.

Bayer

Nach einem 1:1 im Rheinderby gegen den 1. FC Köln, das mit 21.762 Zuschauern nicht ausverkauft war, ging es auf den Betzenberg zum 1. FC Kaiserslautern. Vor 31.000 Zuschauern musste dort die zweite Saisonniederlage verschmerzt werden. Jupp Nehls Treffer genügte nicht, die roten Teufel behielten mit 2:1 die Oberhand. Eher durchwachsen ging es durch den Spätherbst. Mal ein Achtungserfolg wie das 1:0 bei Eintracht Frankfurt und das 2:2 beim FC Bayern München, mal ein Rückschlag wie die 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg. Die Folge: Zu den Heimspielen im Dezember 1991 gegen die Stuttgarter Kickers und die SG Wattenscheid 09 kamen nur knapp über 8.000 Zuschauer. Mit einem 6:1 und einem 3:1 ging es in die Winterpause. Allein Ulf Kirsten hatte in beiden Partien zusammen vier Tore geschossen.

Am 9. Februar 1992 stand das Auswärtsspiel in Duisburg auf dem Programm. Im zugigen, ungemütlichen Wedaustadion behielt Bayer 04 mit 2:1 die Oberhand. Der Werksklub stand auf dem fünften Platz, der Abstand zu Tabellenführer Borussia Dortmund betrug nur vier Punkte. Meisterschaftshoffnungen keimten auf. Erst recht, nachdem drei weitere Siege und zwei Unentschieden folgten. Nach dem 2:1-Sieg gegen Schalke 04 war Rang vier gefestigt, der Abstand zu Dortmund betrug immer noch vier Punkte. Da ging noch was!
Am Freitag, den 20. März 1992 ging es nach Dresden. Rund 70 Fußballfreunde aus Leverkusen begleiteten ihre Mannschaft ins Elbflorenz. Unterstützt wurden sie von gut zwei Dutzend Fans des FC Berlin. Große Erwartungen - doch dann eine riesige Enttäuschung. Dynamo gewann vor 15.000 Zuschauern die umkämpfte Partie. Rösler lochte nach Vorarbeit von Gütschow in der 84. Minute ein. Aus der versprochenen Party im VIP-Restaurant des Ulrich-Haberland-Stadions wurde es somit für die 70 mitgereisten Bayerfans nichts.

Es folgten ein 2:0 gegen Bochum, ein 1:1 beim 1. FC Köln im Müngersdorfer Stadion vor 23.000 Zuschauern, ein 3:0 gegen Kaiserslautern und ein 1:1 beim HSV.
An der Tabellenspitze blieb es eng. Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, der VfB Stuttgart und Bayer 04 lieferten sich einen spannenden Vierkampf. Anstatt jedoch die Sache rund zu machen, vergeigte Bayer 04 das direkte Duell gegen die Eintracht mit 1:3 vor über 25.000 Zuschauern. Was folgte war eine katastrophale Auswärtsfahrt nach Nürnberg. Gerade einmal 80 Bayer-Fans verloren sich im Frankenstadion. Einen eigenen Gästebereich gab es nicht. Mitten unter den Club-Anhängern mussten die Leverkusener die 0:1-Niederlage ansehen. Wagner erlöste damals die 47.230 Zuschauer mit seinem Treffer in der 57. Minute. Die Tribünen bebten, Bengalfackeln wurden gezündet.

Bayer

Gegen in jener Saison enttäuschende Bayern gab es anschließend zu Hause vor 19.000 Zuschauern einen 2:1-Sieg. Von Ahlen und der häufig kritisierte Feinbier schossen die Tore und versöhnten somit ein wenig die Fans. Kampf um den UEFA-Cup-Platz. Auf nach Dortmund! Ein Sonderzug wurde eingesetzt. Der Fahrpreis betrug 16 DM. Rund 1.000 Leverkusener hatten sich auf den Weg gemacht. Vergeblich. Der BVB 09 wollte den Meistertitel und zeigte im Westfalenstadion, wer der Herr im Hause war. Mit 3:1 siegten die Borussen vor über 50.000 begeisterten Zuschauern. Chapuisat, Knut Reinhardt und Flemming Povlsen ließen die Hütte beben. Den mitgereisten Bayer-Fans blieb nur grenzenloser Frust. Jorginhos Anschlusstreffer in der 88. Minute war reine Makulatur.

Das Ende der Geschichte ist wohl den meisten bekannt. Im letzten Spiel der Saison hatte Bayer 04 den VfB Stuttgart zu Gast. Das Team von Trainer Christoph Daum zeigte echte Moral. Bayer ging in der 20. Minute mit 1:0 in Führung. Martin Kree verwandelte den fälligen Elfmeter sicher. Ebenfalls per Elfmeter glichen die Schwaben in der 43. Minute aus. Fritz Walter behielt vom Punkt aus die Nerven. Der Rest wurde zur Legende. Die Dortmunder Fans feierten in Duisburg bereits den Titel, da Frankfurt in Rostock unterlag und Stuttgart wohl nicht gewinnen würde, da Bayer sicher alles dran setzen würde, das Remis über die Runden zu bringen. Vier Minuten vor Schluss passierte es dann doch. Buchwald stieg hoch, höher, am höchsten und hämmerte den Ball mit dem Kopf in die Maschen. 2:1 für Stuttgart, grenzlose Freude bei Daum & Co. Deutscher Meister VfB. Dem Leverkusener Publikum blieb an jenem Nachmittag nichts anderes übrig, als den befreundeten Fans aus Stuttgart höflich zu gratulieren. Mit leeren Händen beendete Bayer 04 die Saison, die zwischenzeitlich so viel versprechend verlaufen war...

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