APOEL Nikosia vs. AEL Limassol: Stimmungsvolles Fußballfest auf Zypern

JP Updated

NicosiaIm Sommer 2012 wurde der zyprische Traditionsverein AEL Limassol zum ersten Mal seit 44 Jahren wieder Meister der Mittelmehrrepublik. Die Euphorie um die Mannschaft aus dem wunderschönen Tsirio-Stadion kannte seinerzeit keine Grenzen, und auch in der laufenden Spielzeit machten die Gelb-Schwarzen bisher von sich reden. An der Tabellenspitze duellieren sich zwar Anorthosis Famagusta und APOEL Nikosia mit zehn Punkten Vorsprung vor der Konkurrenz, dann aber folgt ein nahezu gleich starkes Dreierfeld mit AEK Larnaka, Omonia Nikosia und eben AEL. 

Der Meister konnte zuletzt bei AEK Larnaka mit 1:0 gewinnen und reiste am Samstag somit als Tabellendritter zum Zweiten APOEL, mit 21 Titeln zyprischer Rekordmeister und zuletzt fünfmal in Folge siegreich. Die letzte Mannschaft, die APOEL besiegen konnte, war wiederum AEL. Im Pokal-Achtelfinale gewannen die Männer aus Limassol Ende Januar im Neo GSP mit 3:1. Für reichlich Brisanz war im Vorfeld des Spiels also gesorgt.

ZypernDie auf Zypern außergewöhnlich hohe Zahl von 12.000 Zuschauern – fünfstellige Kulissen gibt es sonst nur beim Nikosia-Derby – passierte die Tore des Nationalstadions, darunter die für hiesige Verhältnisse ebenfalls enorm hohe Zahl von über 800 Gästefans. Die AEL-Ultras von „Gate 3“ kamen erst mit dem Anpfiff, verpasst hatten sie da bereits ein tolles Kassenrollen-Intro der etwa 2.500 Mann starken gegenüberliegenden Hintertortribüne. Und was supporttechnisch nun von beiden Seiten gegeben wurde, war wahrlich beeindruckend. In Ultra-Fanzines wird immer von der so genannten Mitmachquote gesprochen. Diese war hier jeweils außergewöhnlich hoch. Die Gesänge waren auf beiden Seiten brachial, vielseitig und voller Leidenschaft.

ZypernSchon jetzt wusste ich, dass ich alles richtig damit gemacht hatte, diesem Spiel dem Vorzug vor dem Derby in Larnaka (Anorthosis vs. AEK) zu geben, denn der zyprische Fußballverband hatte idiotischerweise erstmals in dieser Saison alle Erstligaspiele komplett zeitgleich stattfinden lassen, zum Leidwesen der anwesenden Groundhopper. Aber niemand, der sich für APOEL vs. AEL entschieden hatte, wird dies am Ende bereut haben. Während die Heimkurve aufgrund der Mannstärke insgesamt leichte akustische Vorteile hatte, ging der Gästeblock unterm Strich einen kleinen Tick leidenschaftlicher zu Werke. In die Pause ging es mit einem für die Männer von der Südküste glücklichen 0:0.

PyroNach 51 Minuten fiel dann das 1:0. 11.200 der 12.000 Zuschauer tickten nun vollkommen aus. Dieser Torjubel braucht sich vor keinem in Europa zu verstecken, akustisch wie optisch. Denn neben ohrenbetäubendem Jubel wurden sogar 25 Bengalfeuer zur Freude entzündet, und auch während der weiteren Spielzeit wurde unter den APOEL-Ultras nun immer wieder gefeuerwerkt. Meine persönliche Freude an diesem Erlebnis trübte allerdings, dass im Heimblock während der kompletten zweiten Spielhälfte eine Keltenkreuzfahne geschwenkt wurde. Für seine nationalistischen Fans ist der Verein jedoch bekannt, und sogar mein Hotelportier meinte zu mir bei meiner Abfahrt, dass ich mich nicht wundern soll, wenn ich im Stadion Nazisymbole entdecke, dies sei dort Usus. 

ZypernDer große linke Verein in Zypern ist Omonia, während sich Gate 3 Limassol damit brüstet, seit der Gründung 1989 jegliche politische Strömung aus der Kurve ferngehalten zu haben, und einzig und alleine AEL zu unterstützen. Dies taten die Gäste weiterhin hervorragend, wenngleich sie akustisch nun zunehmend chancenlos waren, da mit der Führung im Rücken jetzt oftmals das ganze Stadion in die Gesänge einstimmte. Die Textsicherheit der Besucher war dabei sehr beeindruckend, und dies nicht nur bei den einfachsten Gassenhauern oder Schalala-Liedern. Aufgrund der Sprachbarrieren kann ich natürlich nichts zu den Inhalten sagen, aber bei diesen Leuten ist Fußball definitiv Passion und nicht nur ein Zeitvertreib.

zypernIn Sachen Intensivität war diese Begegnung durchaus mit den großen Duellen in der Türkei oder in Griechenland zu vergleichen. In der 71. Minute dann die Entscheidung: APOEL erhöhte auf 2:0. Wie schon beim ersten Treffer war es Nektarios Alexandru, der die Massen glücklich machte. Drei Minuten später dezimierte sich AEL durch einen Platzverweis auch noch selbst, so dass die oft zitierten Messen gesungen waren. Wenngleich die Gäste mit einem Pfostenschuss und einem nicht gegebenen Elfmeter in einigen Szenen großes Pech hatten, war der APOEL-Sieg am Ende hochverdient.

2:0Tabellarisch konnten die Hauptstädter mit dem sechsten Dreier in Folge die Tabellenspitze übernehmen, da der bisherige Spitzenreiter Anorthosis gegen AEK Larnaka nicht über ein 1:1 hinaus kam, vor übrigens nur 7.000 Zuschauern. AEL fiel durch die Niederlage auf Tabellenplatz Fünf zurück und muss um die Teilnahme an der Meisterschaftsendrunde bangen, zu der nur die besten vier Teams eingeladen sind. Zwei Spiele hat der amtierende Meister noch die Gelegenheit, sich tabellarisch zu verbessern. Und vielleicht ist man am kommenden Wochenende ja sogar selbst das berühmte Zünglein an der Waage. Dann nämlich geht es gegen… Anorthosis!

Foto: Jörg Pochert

> zur turus-Fotostrecke: Fußball auf Zypern

 

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