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Eine Leseempfehlung für Zugfahrten: 111 Gründe, die Premier League zu lieben

 
5.0 (4)

Echtes Pisswetter im Rheinland, ein mentales Tief nach den Weihnachtsferien. Ich weiß noch ganz genau, als Karsten und ich Anfang Januar 1993 zum Reisebüro des Vertrauens in Leverkusen-Mitte gestiefelt sind, um einen Flug nach London zu buchen. Logisch war auch in der englischen Metropole nicht viel anderes Wetter zu erwarten, doch gab es dort wenigstens keine öde Winterpause. Wir wollten Fußball sehen - und zwar endlich auch einmal den englischen Fußball! Nach den ersten 16 Monaten in der zwischenzeitlichen Wahlheimat im Rheinland sollte nun der Blick über den Tellerrand erfolgen. Im Sommer 1992 hatte ich mir in Irland ein schmuckes Shirt von Manchester United erworben, das vom Design her seiner Zeit weit voraus war. Voller Stolz trug ich es nun im Alltag und bei diversen Fußballspielen in NRW und Berlin. 

Nach langer Durstzeit (der letzte Meistertitel durfte 1967 gefeiert werden) war Manchester United in der Saison 1992/93 auf dem besten Wege, endlich mal wieder englischer Meister zu werden. Somit hatten wir uns kurzerhand die Partie Queens Park Rangers vs. Manchester United an dem besagten Reisewochenende ausgesucht. Vor Ort mussten wir jedoch feststellen, dass die Partie wegen der geplanten Fernsehübertragung auf Montagabend verlegt wurde. Wie jetzt?! Wegen Sky Sports? So kurzfristig? An der Loftus Road tröstete man uns und zeigte uns kostenlos das Stadion und gab uns ein paar Souvenirs mit. Dolles Ding! Karsten hatte sich mal gleich einen QPR-Schal gekauft.

Die Palette ist in London bekanntlich groß, und somit gingen wir statt zu QPR vs. MUFC zum Duell Tottenham Hotspur vs. Sheffield Wednesday. Die Stimmung war an jenem Tag nicht der Hammer, doch die teilweise noch alten Tribünen der White Hart Lane beeindruckten uns zutiefst. Endgültig sprang der Funke zu Ostern 1993 über, als Karsten und ich eine Woche nach Manchester flogen und uns die Partien Manchester City vs. FC Liverpool und Manchester United vs. Sheffield Wednesday anschauten. Das Spiel im Old Trafford wurde quasi das Spiel des Jahrzehnts für United, denn gegen Wednesday wurde der Grundstein für den Meistertitel gelegt. In der Schlussphase der spannenden Partie konnte das Ganze auf 2:1 gedreht werden und die United-Fans waren völlig aus dem Häuschen. Gänsehaut und Pipi in den Augen. 

Ich persönlich durfte dann im Februar 1995 noch Zeuge eines genialen FA-Cup-Spiels im Old Trafford werden. Gegen Leeds United war richtig Rambazamba auf den Rängen, und Manchester United konnte mit 3:1 gegen die Jungs aus „Fucking Yorkshire“ gewinnen. Es wurde ein Spiel, das in meiner persönlichen Top 10 zu finden ist. Irgendwann muss der Autor Christoph Beutenmüller einen Rückblick hier im Magazin gelesen haben. So vermute ich zumindest, denn kürzlich traf auf dem Postweg ganz überraschend sein neues Buch bei mir ein. Der Verlag teilte mir mit, dass der Autor dieses Buches es sich gewünscht hatte, dass dieses den Weg zu mir findet.

Wohl denn, ich war sehr erfreut. Zwar verlor ich die englische Premier League in der jüngeren Vergangenheit fast komplett aus den Augen, doch die Erinnerungen an die auf der Insel gesehenen Spiele sind lebhaft abgespeichert, und sobald ich diese auf der inneren Festplatte abrufe, komme ich ins Schwärmen. 

„111 Gründe, die Premier League zu lieben“, lautet der Titel des Buches von Christoph Beutenmüller. 1980 wurde Beutenmüller in Freiburg geboren, und seit rund 20 Jahren ist er regelmäßig in Großbritannien unterwegs. Der Knaller: Sein erstes Spiel sah er tatsächlich in der Spielstätte der Queens Park Rangers - und zwar am 30. Dezember 2000. Der damalige Gegner war Crystal Palace. Und auch mit diesem Verein haben Karsten und ich unsere eigene Erfahrung gemacht. Im Frühjahr 2005 sahen wir im Selhurst Park ein sensationelles Abstiegsduell gegen Southampton. 

Nun mag der eine oder andere abwinken, da es mit den „111 Gründen“ so eine Sache ist. Gibt man bei google nur „111 Gründe“ ein, bieten sich gleich ein paar mögliche Suchergebnisse an. „111 Gründe Berlin zu hassen“, „111 Gründe offen zu lieben“, „111 Gründe Polen zu lieben“ (tsss, ist ja fast für mich maßgeschneidert). Und ja, dann gibt es noch die Buchreihe „111 Gründe, den Verein XY zu lieben“. Apropos, das entsprechende Buch über den F.C. Hansa Rostock habe ich noch gar nicht gelesen. Wink mit dem Zaunpfahl! 

Beim gleichen Verlag (Schwarzkopf & Schwarzkopf) erschien nun das besagte Werk „111 Gründe, die Premier League zu lieben“. Als 224-seitiges griffiges Buch eignet es sich prima für längere U- und S-Bahnfahrten. Da es keinen festen Faden, sondern 111 einzelne Kapitel hat, ist es wahrlich das perfekte Buch für zwischendurch. Auch wenn ich mich aktuell nicht mehr so ganz mit der englischen Premier League und ihren kommerziellen Auswüchsen anfreunden kann (ich hätte mal eher richtig Lust auf den unterklassigen Fußball auf der Insel), so las ich das Buch mit großem Interesse. Der Grund: Es stecken einfach sehr viel Wissen und Historie drin - und somit arbeitete ich mich fleißig durch und hatte den einen oder anderen Aha-Effekt. 

Der Durchmarsch des AFC Bournemouth, der Traum vom Meistertitel nach 30 Jahren in Liverpool, der mehrfache Rekordhalter FC Wimbledon, der Dschungelkönig Harry Redknapp, DER Aufstiegsexperte Neil Warnock, das historische Tor von Moritz Volz, die intensivsten Derbys, die Vereine und ihre Promis - im Buch von Christoph Beutenmüller steckt unglaublich viel drin. Wer sich für den englischen Fußball interessiert -> eine klare Kaufempfehlung von mir! 

Fotos: Marco Bertram, Claude Rapp (cr-fotos), Arne Amberg, Sachseninformer, Felix

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Artikel wurde veröffentlicht am
27 August 2019

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