Der Sonntagsausflug führte mich nach Kazimierz Biskupi, auf dessen Weg dorthin einige spannende Dinge lagen. Konin Richtung Norden verlassend gibt es rechter Hand einen beliebten Badesee, in dessen Hintergrund eine qualmende Fabrik der Killer jedes Reisekatalogs sein könnte. Nun erscheinen links und rechts nette Sumpfflächen, die durch ihre Birken ziemlich mystisch wirken, die aber auch gleichzeitig Indikator dafür sind, dass das Biotop Probleme hat. Und schon erscheint auf dem Ortsschild der Name Kazimierz Biskupi. Die in viel Natur eingebettete attraktive Wohnlage mit guter Anbindung, ein für Ausbildungszwecke genutztes Kloster und eine engagierte Gemeinde halten das Dorf, das bereits die Ausmaße einer Kleinstadt angenommen hat, mehr als nur am Leben. Die Parkanlage mit seinen Denkmälern für Mönche wurde komplett aus dem Boden gestampft, aber kann sich sehen lassen.
Polonus Kazimierz Biskupi vs. GKS Sompolno: Lockere Selbstregulierung trotz (leicht) erhöhtem Risiko
Am Stadion hat sich seit meinem letzten Besuch vor einem Jahr fast nichts verändert. Das sehr, sehr schöne Märzwetter hat heute viele Zuschauer angezogen. Am Ende dürften es gut 250 gewesen sein. Diese Stadionarchitektur ist immer noch faszinierend. Es gibt mehrere kleine Tribünchen am Spielfeldrand und dahinter einen großen Sitzplatzbereich, der sehr weit vom Platz entfernt liegt. Hat was von dem alten Stadion des BV Cloppenburg. Vielleicht etwas extremer. Heute konnte ich das Geheimnis lüften, warum es hier so aussieht. Die Anlage hatte mal eine zusätzliche Radrennbahn, weshalb der Abstand zwischen Platz und Sitzen ewig weit weg liegt. Der Platz hat sich allerdings seit der Errichtung nie verschoben.
Heute stand in der Landesliga Konin-Kalisz (Level 6) das Derby gegen GKS Sompolno an. Das Spiel erhielt den Vorzug, da mit organisierten Gästefans zurechnen war. Sportlich war es ein Duell jenseits von Gut und Böse. Sompolno liegt ebenso vor der Haustür Konins und seine Fußballfreunde unterstützen Górnik Konin und den heimischen GKS. Górnik spielte heut weit in der Ferne, weshalb die Fußballtruppe des Heimatortes unterstützt wurde. Fünf Minuten rollten dann auch die Wagen der ca. 40 Fans vor. Gesittet und geordnet ging es in drei Gruppen auf die letzte der kleinen Stahlrohrtribünchen. Eine Trommel wurde ausgepackt und auch gleich die Stimme unterstützend eingesetzt. Das Tor des Tages in diesem chancenarmen Spiel fiel am Anfang der zweiten Hälfte. Kein Jubel, das angefangene Lied wurde durchgezogen.
Das ist das, was vielen ausländischen Fußballreisenden hier in Polen suspekt erscheint. Die Atmosphäre wirkt wie losgelöst vom Geschehen auf dem Platz. Was mich allerdings verwunderte, war die fehlende Polizei. In Deutschland wird sich über die finanzielle Beteiligung der Länder an den Polizeieinsätzen bei Bundesligaspielen gezankt, wo sich hier alles selbst regulierte. Die Fangruppe aus Sompolno besitzt mit Sicherheit sehr viel mehr B/C-Fan-Potenzial als die TSG Hoffenheim, weiß sich aber zu benehmen. Eine Zeitung gab als Beispiel eine Begegnung zwischen Werder Bremen und Freiburg an, wo selbst für solche Spiele noch 250 Polizisten eingesetzt werden. Was soll da passieren? Das würde sich wahrscheinlich selbst regulieren, wie heute hier Polonus gegen Sompolno. Bevor über die Zahlung der Kosten debattiert wird, sollte vielleicht vorher überprüft werden, ob die Kosten wirklich sein müssten.
Mittlerweile hat sich GKS gut eingesungen und unterstützt seine Mannschaft ausdauernd und laut. Das Ganze kann hier als sozialromantische Veranstaltung durchgehen. Eintritt will schon wieder keiner, weshalb hier auch der Dorf-Alkoholiker sein Live-Spiel sehen kann. Er sitzt allein in der Ecke des großen Sitzplatzbereiches. Das Publikum ist bunt gemischt und wer von diesem keine Lust auf das Spiel hat, der beschäftigt sich im sehr weiten Rund anderweitig oder tauscht sich wie viele hier mit dem Nachbarn aus. Es geht sogar so spartanisch zu, dass auf Musik, Reklame und Imbiss verzichtet wird. Es stört wie bekanntlich dennoch niemanden.
Fotos: Michael
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