„Ohne Schiri habt ihr keine Chance!“, riefen nach Abpfiff des Kreisligaspiels der ersten Mannschaft des FC Polonia Berlin ein paar wütende Fans der gegnerischen Mannschaft zu. Das kann man jedoch so nicht stehenlassen. Klare Fehlentscheidungen gab es von Seiten des Schiedsrichters Gökhan Yigitbas nicht zu verzeichnen. Das gestrige Heimspiel gegen Cimbria Trabzonspor hätte der FC Polonia Berlin in der Offensive gewinnen müssen. Es gibt halt Tage, an denen du vorn fünf, sechs Buden machen musst, weil hinten mal nix richtig zusammenlaufen will. Und wenn dann auch noch der Torwart Adam Szymczyk angeschlagen in die Partie geht und am Ende sogar raus muss (Feldspieler "Fußballgott" Michal Adrian Wosch musste dann in den Kasten), müssen es vorn paar Buden mehr sein. Da es jedoch wie gesagt auch in der Offensive hakte, wollten es nicht mehr als zwei Tore werden. Am Ende hieß es 2:4, das einem echten Erwachen gleichkam. Die Kreisliga A wird halt kein Selbstläufer werden, und wie in der vergangenen Saison in der Kreisliga B bedarf es vielleicht einmal eines Weckrufes (damals gegen SV Schmöckwitz-Eichwalde II und SC Union 06 II), um beim nächsten Mal wieder in die Vollen zu gehen.
FC Polonia Berlin vs. Cimbria Trabzonspor: Ein perfekter Familientag trotz Niederlage der Ersten
Wie gesagt, dem Schiedsrichter gebe ich keine Schuld an der Niederlage, allerdings - und da gebe ich den Fans vollkommen recht - nervte der Auftritt schon ein wenig. Immer wieder wurde wegen Kleinigkeiten abgepfiffen, ein Spielfluss wollte selten zustande kommen. Und genau darunter hatte die Mannschaft des FC Polonia Berlin, die in der Regel flottes Pressing mag, zu leiden. Da sich der Schiedsrichter bei Unterbrechungen und den Trinkpausen gern zur Mannschaft von Cimbria Trabzonspor gesellte, bekam das Ganze halt einen faden Beigeschmack. Kurioserweise ermahnte er in der zweiten Halbzeit sogar zwei, drei Zuschauer, als diese lautstark protestierten. Nach einer kuriosen Einwurf-Entscheidung (die dann aber richtig getroffen wurde) wurde sich ein Zuschauer sogar zur Brust genommen, wortwörtlich gefragt „Wer sind Sie?“ und mit dem Verweis von der Sportanlage gedroht. Etwas skurril, doch nach Abpfiff sollte dann nur noch drüber geschmunzelt werden.
Ärgerlich war die 2:4-Niederlage aus Sicht des FC Polonia Berlin in jedem Fall, da zweimal in Führung gegangen werden konnte. Bereits nach zwei Minuten erzielte Lucian Marek Konopka das 1:0 für Polonia, nach einer halben Stunde konnte jedoch Tolunay Tekin aus kurzer Distanz zum 1:1 einschieben. Zu jenem Zeitpunkt hatte Polonia die passende Antwort parat. Nur zwei Minuten nach dem 1:1 machte Michael Wolynski die 2:1-Führung klar. Polonia hatte sich auf der linken Seite mustergültig durchgesetzt, der Ball wurde rübergebracht zum frei stehenden Wolynski - und schon durften Mannschaft und Zuschauer jubeln.
Im Anschluss verlor die Mannschaft den Faden und hinten machte Polonia-Keeper Adam Szymczyk ausnahmsweise keinen sicheren Eindruck. Zeigte er noch am Donnerstag beim Training eine starke Leistung, so wurde es gestern nicht sein Tag. In der 39. Minute erzielte Ali Badem für die Gäste das 2:2, noch vor dem Pausentee drohte der 2:3-Rückstand, doch in jenem Moment war Szymczyk zur Stelle. Fünf Minuten nach der Pause verkalkulierte sich Adam Szymczyk, blieb stehen, und schon zappelte der Ball im Gehäuse. Serkan Demircan trug sich für Cimbria Trabzonspor in die Torschützenliste ein.
Los jetzt hier, dachten die rund 70 Zuschauer, unter ihnen zahlreiche Familienangehörige, doch nach vorn wollte einfach nicht viel gehen. Der Druck fehlte, die Pässe waren zu unpräzise, und dazu gab es immer wieder die erwähnten Unterbrechungen, die vor allem die Zuschauer verzweifeln ließen. Als nach knapp einer Stunde Muhammed Mücahid Mert einen Freistoß präzise, aber trotzdem haltbar, im Kasten unterbrachte, war der Drops quasi gelutscht. 4:2 für Cimbria Trabzonspor.
Als in der Schlussphase der nach der Pause eingewechselte Michael Adrian Wosch für den verletzt vom Platz gehenden Polonia-Torwart mit übergestreiftem orangenen Leibchen in den Kasten musste, befürchtete manch einer weitere Gegentore. Allerdings machte Wosch seine Arbeit gut und wehrte zwei, drei Chancen prima ab. Einmal mit dem Fuß, einmal konnte er einen Schuss sogar sicher halten. Polonia versuchte nach vorn noch einmal Druck aufzubauen, kam zu zwei passablen Möglichkeiten, doch am Ende blieb es beim 2:4.
Äußerst fair verhielten sich die Spieler von Cimbria Trabzonspor - auf dem Platz und nach dem Spiel. Bekanntlich hängt dem Verein noch immer ein negativer Ruf an. Als NSCC Trabzonspor wurde einst im April 2012 gegen Eintracht Mahlsdorf gespielt, und es kam zum ersten Spielabbruch in der Geschichte der Berlin-Liga. Sportlich ging es in der Folge immer weiter bergab, die erste Mannschaft wurde eines Tages aufgelöst, als Cimbria Trabzonspor übernahm schließlich die zweite Mannschaft die Rolle der Ersten.
Für den FC Polonia Berlin wurde es trotz der Niederlage der ersten Mannschaft unter dem Strich trotzdem ein überaus erfolgreicher Tag. Bereits um neun Uhr wurde der Kuchenstand aufgebaut, und die Eltern der Nachwuchsspieler verkauften neben dem Gebäck auch Hot Dogs und warme Toasts. Am Polonia-Zelt gab es ein Stück weiter polnische Limonade und polnisches Bier. Bei dem gestrigen Sommerwetter ging am Ende sogar das Piwo aus. Das lag auch daran, da die meisten Zuschauer nach dem Spiel der ersten Mannschaft auf der Sportanlage blieben und die B-Junioren beim Kreisliga-Spiel gegen den SV Karow 96 unterstützten. Ganz klar, die Polonia-Familie wächst und wächst.
Der Nachwuchs konnte die unterhaltsame Partie mit 6:3 für sich entscheiden, und so kam es, dass vor allem in der zweiten Halbzeit lautstark supportet wurde. Nach Abpfiff wurde gemeinsam mit den Spielern, den Fans, den Kindern und einigen Familienangehörigen ein großer Kreis gebildet - und das gebrüllte „Polonia!“ hallte bereits fast so laut wie bei den Männern über den Sportplatz in der Ollenhauerstraße. So gab es am Ende doch nur noch lachende Gesichter, und das 2:4 der ersten Mannschaft war wieder halbwegs verdaut. Die kommende Aufgabe: Auswärtsspiel am Sonntag beim Frohnauer SC II.
Fotos: Marco Bertram