Lange musste ich warten, bis eine der polnischen Ansetzungsseiten nun endlich eine Funktion anbietet, mit der man ganz schnell und einfach alle Ansetzungen des Tages im Blick hat. Ich denke, dass der Service von 90minut.pl (Dziś grają) sogar übersichtlicher ist als der von fussball.de. Für meine Woche an der Ostsee benötigte ich unbedingt noch ein Spiel. Die Funktion spuckte auch ganz fix was aus, auch wenn es nicht viel war. Gryf Słupsk gegen Górnik Łęczna im großen Pokal am Mittwoch oder im kleinen Pokal Karol Pęplino gegen Sparta Sycewice am Dienstag? Klar, dass da die Wahl schnell auf Pęplino fiel, Landespokal Słupsk. Beide Mannschaften spielen in Liga VI. Liga VI bedeutet noch Gästeblockpflicht. Mit hoher Sicherheit erwartet mich da ein Schmuckstück der Stadionarchitektur, ein Kleinod der Sicherheitsverwahrung reisender Grobiane.
Käfighaltung auf dem Land: Pęplino gegen Sycewice im Pokal
Mein Domizil für die Woche lag neben Darłowo, dem Deutschen besser als Rügenwalde bekannt. Von hier kommt wirklich die berühmte Wurst, die heut immer mehr zum Wurstersatz wird. Das Patent hat jedenfalls die Kriegswirren überlebt. Neben der Wurst und einem Schloss gibt es hier noch den Viertligisten Darłovia Darłowo. Irgendwann spielten sie in der dritten Liga. Dabei diente kurioserweise der angrenzende Tennisplatz lange als Gästekäfig. Vor raufwütigen Einheimischen braucht sich hier allerdings niemand mehr zu fürchten. Langsam verblassen bereits selbst die Graffitis. „Darłovia Hooligans“ ist eins der letzten Zeugnisse des 50-Mann-Mobs.
Nach einem ausgedehnten Spaziergang durch Ustka, was Touristen ans Herz gelegt wird, die auf Villenviertel (Anmerkung: auch Bismarck hatte hier seine rote Villa) an der Ostsee stehen, beginnt der eigentliche Ausflug nach Pęplino. Die große Ostseelandstraße und gleichzeitig Parallele zur Europastraße 6 wird erneuert. Ein Ausbau in den Sommermonaten wäre ein ähnliches Unterfangen gewesen wie eine Vollsperrung des Berliner Rings von 7 bis 9 Uhr. Aber hier ist immerhin Bewegung drin. Die Zeit der schlechten Straßen endet – jedenfalls in dieser Region.
Pęplino empfängt mich mit zwei netten Vierseitenhöfen und ländlichem Charme. Und tatsächlich! Kurz vor halb Fünf machen sich bereits zwei Mannschaften warm. Ich verstehe bis heute nicht, wie man das mit der Arbeit vereinbaren. Sycewice liegt nun nicht gleich um die Ecke. Trainer, Spieler, Schiedsrichter - sie sind aber alle hier, was mich und meine Groundliste erfreut. Der Platz bietet eine ausgebaute Seite mit ein paar überdachten und ein paar unüberdachten Plätzen. Das reicht völlig aus. Mit so viel hatte ich gar nicht gerechnet. Dann ist da noch der Gästeblock. Ein Prachtstück! Ein paar eingezäunte Parkbänke laden herzlich zum Verweilen ein. Der Käfig bleibt heute wenig überraschend leer. Ebenso die Tribüne. Fünfzehn Zuschauer liegen dann doch eher unter meiner Erwartung. Andererseits: Wer hat schon Zeit an einem Nachmittag unter der Woche?
Das Spiel gestaltet sich dann erstaunlich offen. Karol hält gut dagegen, obwohl sie weit hinter Sparta in der Liga liegen. Große Namen gibt es in der Landesliga Słupsk übrigens nicht mehr. Insidern könnte Piast Człuchów noch ein Begriff sein. Ebenso hat hier Drittligist Bytovia Bytów seine Reserve am Start. Vom Ruf her ist das auch nur ein polnisches Pendant von Sandhausen oder Heidenheim. Jedenfalls endet hier die hitzige Partie, bei der der Sparta-Trainer wegen seinem Geblöke schon eine deftige Ansage vom Schiedsrichter kassiert, zur Pause 1:2. In der zweiten Hälfte geht dann Karol mit 1:6 unter. Bemerkenswert ist die Führung in der 7. Minute.
Mit den Einheimischen komme ich locker ins Gespräch. Schließlich wäre noch zu klären, warum der Verein den Namen Karol (Karl) trägt. Es ist schlicht der Name des Sponsors, ein Schrottverarbeiter.
Ein Hund stürmt noch zwischenzeitlich den Platz und die Akte „Karol Pęplino“ kann geschlossen werden. In der kommenden Runde hat es dann Sparta mit Stal Jezierzyce zu tun – keine Ahnung, wo das liegt.
Fotos: Michael