Ganz ehrlich! Im Leben nicht hätte ich im Vorfeld damit gerechnet, dass ein Drittligaspiel im Sportpark Höhenberg dermaßen amüsant und unterhaltsam sein kann. Dass der FC Viktoria Köln nicht gerade einen riesigen Haufen Fans hinter sich scharrt, dürfte allseits bekannt sein. Was alles jedoch aus dem weiteren Kölner Umfeld zu interessanten Partien wie gegen Waldhof Mannheim tingelt, dürfte den einen oder anderen überraschen. Um es gleich vorweg zu nehmen, für Unterhaltung war gesorgt. Und somit kann an dieser Stelle schon mal eine klare Reiseempfehlung für die Fans des 1. FC Magdeburg, des F.C. Hansa Rostock, etc. ausgesprochen werden. Auf nach Köln auf die rechte Rheinseite! Hinein in den langgezogenen Gästeblock, der an ganz alte Zeiten erinnert, und schaut, wer sich so alles auf der provisorischen Hintertortribüne sammelt!
FC Viktoria Köln vs. SV Waldhof Mannheim: Unterhaltungsfaktor? Hoch vier!
HotDer eine oder andere ältere tätowierte Kölner, der früher ziemlich sicher im Block 38 des Müngersdorfer Stadions anzutreffen war, fand sich am gestrigen Nachmittag hinter dem Tor ein und ging richtig gut ab, als vor dem Pausentee der FC Viktoria nach dem recht frühen 0:2-Rückstand erst den Anschluss- und dann auch noch den Ausgleichstreffer erzielen konnte. Skurrile Typen, ausgestreckte Mittelfinger, ein hoher Pöbelfaktor. Da ging doch was! Und als in der Halbzeitpause vier schwarz gekleidete Mitglieder der „Juniors Höhenberg“ in den freien Pufferblock gingen, um mal eben zu schauen, ob die dortige Fahne des FC Viktoria Köln noch stramm gespannt war, konnte ich nicht mehr vor Lachen.
Den dortigen Polizisten wurde erklärt, dass die (sinnfreie) Kontrolle jetzt wirklich sein müsse, im Gästeblock schaute man bereits argwöhnisch auf das Treiben, da manche Mannheimer Stoffe recht nahe des Heimbereichs angebracht wurden. Und als dann auch noch ein Kölner mit BVB-Schal und abgeranzter St. Pauli-Mütze unten am Zaun langlief, um mal irgendwas zu „prüfen“, schmerzten bereits meine Bauchmuskeln vor Lachen.
Mensch Köln! Du bist echt immer eine Reise wert! Auf die Heimspiele gegen Magdeburg und Rostock darf man sich gewiss freuen. Wobei das Ganze gestern bereits die nötige Prise Würze hatte. Und das vor allem in der ersten Halbzeit, als sämtliche vier Treffer des unterhaltsamen Spiels fielen. Und auch das ausgeschenkte Kölsch ging nach dem zweiten Becher recht locker flockig die Kehle runter.
Aber fangen wir doch noch einmal ganz von vorne an. Es war bereits 25 Jahre her, dass dem damaligen Flughafenstadion ein Besuch abgestattet wurde. Damals wurde bei den Regionalliga-Partien gegen Arminia Bielefeld und Erkenschwick vorbeigeschaut. Die Haupttribüne stand damals bereits, und Arminia füllte mal eben mit rund 2.000 Fans die Gegengerade. Noch etwas früher, und zwar am 10. Juli 1992, sah ich den SV Waldhof Mannheim zum allerersten Mal. Damals spielte die „Buwe“ beim einstigen ewigen Zweitligisten Fortuna Köln im Südstadion. Tom Stohn erzielte an jenem Freitagabend den Treffer des Tages für die Waldhof-Buben.
Nachdem ich die Mannheimer rund 20 Jahre nicht mehr gesehen hatte, gab es vor einer Woche beim Heimspiel gegen Hansa Rostock ein flottes Wiedersehen. Und wie der Zufall es wollte, gab es nun eine Woche später ein weiteres Ligaspiel des SV Waldhof zu sehen. Dass zahlreiche Waldhof-Fans nach Köln düsten, wurde gestern schnell ersichtlich. Überall kurvten Autos mit Mannheimer Kennzeichen durch die engen Straßen von Höhenberg. Ein freien Parkplatz zu finden, ist dort wahrlich eine echte Katastrophe. Andererseits macht das dortige Viertel einen angenehmen Eindruck. Dort ein Kneipchen, hier ein Kneipchen, und an einer Tanke kann sich in üblicher Form mit Bier versorgt werden. Und dann? Hinein ins Grüne zum dort gelegenen Stadion.
Auf Heimseite kommt die mobile Kasse wie ein Kirmes-Stand daher, für 12 Euro ist man auf der provisorischen Stahlrohrtribüne mit von der Partie. Ein Hingucker ist auch das Pissoir im alten Sanitärgebäude. Doch bevor unten was raus kann, muss oben ordentlich was rein. Für vier Euro gibt es das Kölsch, mit drei Euro ist man bei der Bratwurst dabei. Beim Blick ins weite Rund fallen zudem zwei weitere Dinge auf. Zum einen ist der separate Sitzplatzbereich des Gästeblocks herzallerliebst, zum anderen wirkt der mit Blumen geschmückte Logen-Balkon der Haupttribüne ein wenig wie das Politbüro bei einstigen Großveranstaltungen. Unter dem Strich hat das Ganze durchaus was, doch fragt man sich aufgrund des akuten Parkplatzmangels, der nicht überdachten Stahlrohrtribüne und der nur halbwegs separaten Zufahrtswege in die einzelnen Blöcke, weshalb das Grotenburg-Stadion des KFC Uerdingen 05 im aktuellen Zustand nicht für die 3. Liga zugelassen wurde.
„Jeck op Viktoria“ hieß gestern das Motto beim Aufsteiger auf der „falschen“ Rheinseite. Prominente Gäste wurden im Vorfeld angekündigt, und in der Tat durften sie kurz vor Anpfiff auf der spartanischen Hintertortribüne begrüßt werden. Ausgestattet mit VIP-Bändchen und nagelneuem Viktoria-Schal schritten Jean Pütz, Tom Gerhardt, „Bärchen“ Sester und andere Kölner Urgesteine die Treppe hinab zum Vorplatz der Tribüne. Auf der Tribüne selbst wählten sie die hintere obere Ecke. Eigentlich sollte sich aus Sicherheitsgründen nicht auf die oberste Stufe gestellt werden, doch da die Prominenz sich unbedingt hinten anlehnen wollte, wurde letztendlich bei allen Zuschauern ein Auge zugedrückt.
Es wurde sogar etwas kuschelig, denn immerhin 2.516 Fußballfreunde füllten die Ränge des Sportparks Höhenberg. Schätzungsweise rund 800 von ihnen drückten dem SV Waldhof die Daumen. Die Stimmung im Gästeblock war wahrlich ordentlich, und sie wurde noch besser, nachdem Max Christiansen und Marcel Seegert in der 14. und 17. Minute für einen Doppelschlag sorgten. Schwarz-blaue Jubelorgie auf der Gegengerade, der SV Waldhof schien auf der Siegerstraße zu sein. Das „Hol ihn raus, steck ihn rein für den Verein!“ hallte nun richtig laut über den Platz.
Im Heimbereich versuchte sich eine kleine Truppe mit ein wenig Support. Heiter wurde es, als es den zweiten Doppelschlag des Tages zu sehen gab. Albert Bunjaku und Simon Handle sorgten in der 40. und 42. Minute für den Anschlusstreffer und den Ausgleich und ließen somit die Heimzuschauer titschen. Die älteren Kölner Jungs gingen gut ab und zeigten reihenweise die Mittelfinger, so dass im Gästeblock das Interesse geweckt wurde.
Spannend blieb es auch in der zweiten Halbzeit. Mit einem Punkt wollte sich keine Seite begnügen. Mit erstaunlichem Risiko wurde teils alles auf eine Karte gesetzt. In der 81. Minute hatte Handle die Kölner Führung auf dem Fuß, etwas später lief Ferati allein auf das Kölner Gehäuse zu, setzte jedoch den Ball knapp den rechten Pfosten. Das hätte die Mannheimer Führung sein können, ja sogar müssen! Noch weitere Tore auf beiden Seiten - und das Ganze hätte noch mehr Würze bekommen. Wie es bei Abendspielen gegen Magdeburg und Rostock im Sportpark Höhenberg ausschauen wird? Man darf wirklich gespannt sein. Auf jeden Fall sollten beide Seiten etwas mehr darauf achten, wo an der Nahtstelle der beiden Farbenreiche die Stoffe angebracht werden.
Fazit: Dass die Mannheimer Fans einen guten Auftritt zeigen würden - damit war zu rechnen. Dass es jedoch insgesamt so heiter und amüsant zugehen würde - das hatte ich persönlich nicht vermutet. Somit darf sogar betont werden, dass aufgrund dieser Begebenheiten der FC Viktoria Köln überraschenderweise eine Bereicherung für die 3. Liga ist. Zu Gast sein im Sportpark Höhenberg - das hat schon was! Wenn nur das ausgeschenkte Kölsch noch etwas besser schmecken würde. Aber okay, das ist nun mal Ansichtssache…
Fotos: Marco Bertram, K. Hoeft
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