Was für einen Aufschrei gab es damals im internen Polen-Forum, als der Groundhopping-Informer in Sachen Polen nachzog und nun Plätze zum Ankreuzen von unterklassigen Perlen wie Wisłoka Dębica usw. schuf. Die Angst machte sich breit, dass Wessi-Hopper nun in solchen himmlischen Paradiesen aufschlagen und rumpoltern werden. Und wirklich: Ganz üble, arrogante Braunschweiger Gestalten erlebte ich dann wirklich mal bei einem Dębica-Derby. Sie quatschten Offizielle mit Englisch zu, wollten alle auf den Platz und grinsten noch blöd. Ostdeutsche Prachtexemplare gibt es natürlich auch – Leutzscher, die in Tschechien beim Amateurgebolze über die Mauer kletterten, um den Eintritt von umgerechnet ein paar Cent zu sparen.
Dorf mit riesiger Tribüne: Grom Plewiska besiegt Rawia Rawicz
Jedenfalls war ich gespannt, ob das Hopping-Portal Europlan-Online auch nachgezogen hat. Und tatsächlich: Erst einmal geht es bis Liga 5, dann gibt es noch unzählige sonstige Stadien in der Auflistung. Doch Grom Plewiska ist allerdings noch nicht vertreten. Das muss ich dem Verantwortlichen der Seite mal zukommen lassen.
Warum Grom Plewiska? Plewiska ist einer der wachsenden Vororte von Poznań. Als ich die Spielorte der lokalen Vereine ausfindig machen wollte, stieß ich auf die Truppe. Eher zog mich die Tribüne an. Nach dem ausgedehnten Frühstück griff ich schnell die Kamera und kämpfte mich durch den emsigen Verkehr der Samstagvormittag-Einkäufer. Weihnachten steht vor der Tür.
Plewiska ist ein Dorf mit einer Mischung aus neuen Gebäuden und alter Bebauung. Auf der einen Seite sind neue Häuser entstanden, auf der anderen modern der alte Gutshof und Wohnbaracken aus den 70ern langsam vor sich hin. Kurz vor dem Acker taucht dann plötzlich etwas auf, was wie eine Lagerhalle aussieht. Es ist die überdimensional große Tribüne des lokalen Sportplatzes. Wäre dieser Klopper nicht da, wäre es ein ganz normaler Sportplatz.
Parkplätze gibt es zuhauf. Der Gegner Rawia Rawicz reiste mit einem Bus an, die anderen ebenso, allerdings mit den zahlreich verkehrenden Linienbussen. Auf der großen Tribüne verloren sich dann 15 Zuschauer.
Und nun los: Liga 6, Duell der Verfolgergruppe, Vorstadtklub einer der reichsten polnischen Städte gegen Provinzsportler. Der Eintritt ist mal wieder frei. Für gewöhnlich haut hier die Gemeinde Geld rein, sodass man um den Luxus des Druckens von Eintrittskarten herumkommt. Würde man hier noch von jedem 5 zl verlangen, würde die Tribüne wohlmöglich komplett leer bleiben. Platz gab es dennoch genug.
Auf dem Rasen zeigte Grom gleich, wer Herr im Ring ist. In der gesamten ersten Hälfte kam Rawia zu keiner einzigen Torgelegenheit. Grom hatte umso mehr. Nach ca. 20 Minuten gab es einen Aufschrei einer Sirene gleich. Ein Grom-Spieler sprintet aufs Tor zu, der Rawia-Torwart kommt, der Grom-Spieler gebärdet sich wie bei einem Fall aus dem fünften Stock. Elfmeter oder nicht? Jede Seite protestiert heftig. Der junge und unsichere Schiedsrichter – trotz Headset (!) - kommt zu mir und fragt mich! Ich war der, der am dichtesten dort stand und sogar die Szene aufgenommen habe. Klar im Strafraum, aber abgehoben ist er wie ein Adler. „Kein Elfmeter!“, sage ich, um die Partie noch offen zu halten. Also geht es mit einem Freistoß weiter. Ein paar Minuten später knallte es eh aus 25 Metern in den Dreiangel.
Spätestens nach dem zweiten Grom-Tor im zweiten Abschnitt war das Spiel dann durch. Am Ende stand es 4:0. Derweil war ich mit dem Präsidenten von Grom ins Gespräch gekommen, der sich beklagte, dass die schöne Tribüne fast immer leer sei. Hier fanden sogar schon Länderspiele der Damen und Junioren statt, sagte er mir. Grom ist ein reaktivierter Verein, der auf Ursprünge in den 50ern verweisen kann und 1992 neu gegründet wurde. Schon immer wurde hier neben dem Gutshof gespielt, von dem weiterhin Traktoren zu ihren Feldern starten. Zur Bedeutung des Namens kann er mir nichts sagen. Dass Grom „Donnerschlag“ bedeutet, ist mir auch bekannt.
Der letzte Pfiff ertönt, Verabschiedung und nach ein paar Kilometern war das Domizil wieder erreicht. Europlan kann sich also bald auf Post freuen.
Fotos: Michael