„Da zahlt man ein Schweinegeld, um diese scheiss Technik hier einzubauen, die das Spiel ‚gerechter‘ machen soll und dann schaffen die es trotzdem noch, Hansa nach Strich und Faden zu verarschen!“ Das bringt ziemlich gut auf den Punkt, was in den Minuten nach der vermeintlichen 1:0 Führung für eine Stimmung im Rostocker Ostseestadion herrschte. Innerhalb einer Halbzeit verwandelte sich die Aufstiegseuphorie in absoluten Frust. Und der Pessimist in mir sagt: Das war erst ein Vorgeschmack auf das, was uns in dieser Saison erwarten wird!
Saisonauftakt des F.C. Hansa Rostock: Von der Aufstiegseuphorie zum absoluten VAR-Frust
Der Tag startete schon dezent ungünstig. Trotz früher Abfahrtzeit war die Fahrt aus dem beschaulichen Thüringen ins knapp 500 Kilometer entfernte Rostock eine einzige Quälerei. Der Grund: Ferienbeginn in Thüringen und Sachsen. Das spiegelte sich dann auch auf den Autobahnen Richtung Norden wieder.
Noch halbwegs rechtzeitig angekommen ging es dann endlich wieder ins Stadion. Für mich persönlich war das letzte Mal nicht so lange her, da ich das Vergnügen hatte, beim Spiel gegen Lübeck dabei gewesen zu sein. Für viele andere um mich herum war es jedoch der erste Stadionbesuch seit fast einem Jahr. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen beim letzten Heimspiel konnte ich daher gut nachvollziehen, warum viele der an dem Tag anwesenden Fans beim Hansa Forever Tränen in den Augen hatten.
Nach diesen doch sehr schönen und positiven Emotionen legte Hansa auf dem Platz auch gar nicht mal schlecht los, musste sich aber auch eine nicht allzu gute Chancenverwertung ankreiden lassen. Als dann doch der frühe Führungstreffer durch John Verhoek fiel, zuckte mal eben ein für die Zuschauerzahl recht ordentlicher Torjubel durch das Ostseestadion. Weder der Schiedsrichter, noch die Gegenspieler machten zu dem Zeitpunkt Anstalten, irgendwas an dem Treffer aussetzen zu wollen… Da hatten wir aber alle die Rechnung ohne den VAR gemacht, der dann dafür sorgte, dass der Treffer wieder aberkannt wurde.
Das war dann auch der berühmte Knackpunkt, der das Spiel zum Kippen brachte. Karlsruhe, an diesem Tag eigentlich fußballerisch überhaupt nicht da, kloppt dreimal den Ball etwas gezielter nach vorne, macht drei Tore und gewinnt dann aufgrund der deutlich besseren Chancenverwertung das Spiel.
Nach so einem Theater hat mal gelinde gesagt schon nach der ersten Halbzeit eigentlich keinen Bock mehr auf das, was da in der Saison noch so kommen wird. Der Videoassistent KANN eine feine Sache sein, wenn er sinnvoll eingesetzt und genutzt wird. Wie bei so vielen anderen Sachen auch, schafft man es aber beim DFB, das alles wieder völlig in den Sand zu setzen. Es werden Entscheidungen getroffen (oder auch nicht), die so gut wie gar nicht kommuniziert werden. Im Anschluss wundert man sich dann, dass die Stimmung im Stadion hochkocht.
Der VAR soll dazu da sein, das Spiel fairer zu gestalten. Stattdessen werden vermeintliche Vergehen abseits des Spielgeschehens mehrfach durch mehrere Schiedsrichter angeschaut, bis dann einer nach fünf Minuten Videostudium zu dem Entschluss kommt, dass er das Tor nicht geben kann. Mal blöd gefragt: Ist es wirklich ne krasse Fehlentscheidung, wenn keiner der vermeintlich benachteiligten Mannschaft protestiert und der Schiedsrichter dann auch noch Ewigkeiten braucht, um zu einer Entscheidung zu kommen? Auch wenn hier sicher der Frust über die Art und Weise der Niederlage eine Rolle spielt, will mir das nicht in den Kopf. Das kann doch auch nicht der angeblich so viel fairere Fußball sein, den immer alle haben wollen.
Wenn das die Art und Weise ist, wie wir den Videoassistenten nutzen wollen, dann Gute Nacht. An der Stelle muss auch keiner mit dem Argument „das gleicht sich über die Saison aus“ kommen. Dass das Schwachsinn ist, hat das Beispiel Würzburger Kickers in der letzten Saison gezeigt. Der VAR sollte einfach dazu da sein, Fehlentscheidungen zu korrigieren und nicht, um sie zu produzieren. Das beste Beispiel war unser Tor zum zwischenzeitlichen Anschlusstreffer, als wieder minutenlang nachgeschaut wurde, ob man nicht doch noch einen Grund findet, das Tor abzuerkennen.
Mein Optimismus, was den Rest der Saison angeht, hält sich aufgrund der Erlebnisse am vergangenen Samstag dezent in Grenzen, auch weil das alles schnell zu einer Spirale werden könnte, die wieder Unruhe in den gesamten Verein bringt, wenn die Mannschaft sich dauerhaft nicht für ihre doch recht ordentlichen Auftritte belohnen kann.
Meine sportlichen Hoffnungen für das Spiel in Hannover sind daher eher so mittel. Anders sieht es da schon aus, was den Auftritt auf den Rängen angeht. Nach so langer Zeit wird man auch auswärts endlich wieder in Erscheinung treten, auch weil Hannover spontan beschlossen hat, ein Kontingent für Gästefans bereitzustellen. Man munkelt, dass es voll werden könnte…
Buchtipp: Unsere Autorin Mia B. hatte auch tatkräftig am 512-seitigen Wälzer „Kaperfahrten - Mit der Kogge durch stürmische See“ mitgewirkt. Unter anderen schrieb sie die Kapitel über das legendäre 4:3 bei Alemannia Aachen und die Vorfälle in Erfurt (2012/13) und in Duisburg-Schlenk. Das Buch (auf Wunsch mit persönlicher Widmung) ist noch auf Lager und ist direkt beim Herausgeber / Autor Marco Bertram bestellbar: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Weitere Infos zum Buch gibt es auch auf der privaten Webseite: www.marco-bertram.de
Fotos: Aumi, Matthias, Ulf Lange, Marco Bertram
> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock