Einst vor 100 Jahren begannen die Planungen für das Berliner Poststadion, das schließlich in der Folge von 1925 bis 1929 im Auftrag der Reichspostverwaltung auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes der Garde-Ulanen unweit des Lehrter Bahnhofs errichtet und zunächst vom Post SV Berlin genutzt wurde. 1934 und 1936 fanden vor jeweils großer Kulisse die Endspiele um die Deutsche Meisterschaft statt. 45.000 Zuschauer sahen 24. Juni 1934 den 2:1-Sieg des FC Schalke 04 gegen den 1. FC Nürnberg, ebenso viele Zuschauer fanden sich am 21. Juni 1936 ein, als der Club aus Nürnberg die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf mit 2:1 nach Verlängerung bezwingen konnte.
BAK 07 vs. Hansa Rostock II: Ein Traumtor und ein Schnäpschen genügten nicht!
1935 fand im Poststadion der Boxkampf zwischen Schmeling und Uzcudun statt, im Jahr darauf wurden die Spiele des Olympischen Fußballturniers 1936 in dieser Spielstätte ausgetragen. Vor 55.000 Zuschauern musste sich Deutschland im Viertelfinale am 7. August 1936 vor 55.000 Zuschauern den Norwegern mit 0:2 geschlagen geben. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die ganz großen Zeiten des Poststadions vorbei, genutzt wurde es in den 1970er und 1980er Jahren phasenweise unter anderen von Wacker 04 und Hertha BSC.
Im April 1990 wurde das langsam verfallende Poststadion unter Denkmalschutz gestellt, im Sommer 1995 hatte ich der einsamen Sportstätte einen Besuch abgestattet und bestaunte die alten rostigen Flutlichtmasten. Seit 2008 wurden Poststadion und das Gelände drumherum nach und nach saniert und auf Vordermann gebracht. Hauptnutzer ist nun der Berliner Athletik-Klub 1907, der zuvor seine Heimspiele bis 2006 im Wedding auf dem Sportplatz Lüderitzstraße und zwischenzeitlich im Jahn-Sportpark und auf der Hanne-Sobek Sportanlage ausgetragen hatte.
Am Ende der Saison 2009/10 stieg der Berliner AK 07 als Tabellendritter der Nordstaffel der NOFV-Oberliga in die Regionalliga auf, da der Torgelower SV Greif und der F.C. Hansa Rostock II auf den Aufstieg verzichtet hatten. In der Folgezeit wollte der BAK 07 die Nummer 3 der Stadt werden und konnte zweimal Vizemeister der Regionalliga Nordost (2016 und 2019) werden. Für den erhofften Sprung in die 3. Liga sollte es nicht reichen, inzwischen müssen beim BAK weitaus kleinere Brötchen gebacken werden. Einzig und allein geht es aktuell um den Klassenerhalt. Damit dieser womöglich auch gelingt, wurde kürzlich der alte Bekannte Volkan Uluc als Trainer zurück ins Poststadion geholt.
Ebenso allein um den Klassenerhalt geht es bei den Amateuren von Hansa Rostock, die in der vergangenen Saison „ohne Bremse“ den Sprung in die Regionalliga gepackt hatten. Es zeigte sich allerdings, dass die Regionalliga sportlich betrachtet eine echte Hausnummer ist und zudem die parallel Ansetzung der Spiele der Profis und der U23 für echte Wermutstropfen sorgt.
Das gestrige Auswärtsspiel beim Berliner AK 07 fand allerdings mal nicht parallel zum Spiel der ersten Mannschaft statt. Schaute ich das packende 2:2 gegen den Hamburger SV mit beiden Kindern in einer feinen Lokalität des Vertrauens vor dem Fernseher, so ging es gestern mit beiden Kids ins Poststadion. Sie staunten nicht schlecht, dass der Berliner Hauptbahnhof der Ausgangspunkt des kurzen Spaziergangs zur Spielstätte war. Fix noch ein paar Gummischlangen zum Naschen gekauft und dann ab zum Poststadion!
Der Gästeblock wurde nicht geöffnet, vielmehr sollten die Hansa-Fans in einem äußeren Bereich der Haupttribüne Platz nehmen. Meine Kinder fanden es dufte, da unter dem Dach etwas Stimmung aufkam und der Blick aufs Spielfeld erste Sahne ist. Bestaunt wurden auch all die Aufkleber, die ratzfatz ihre Plätzchen an Scheiben, Geländer und Sitzplätzen fanden.
Schätzungsweise 120 Hansa-Fans hatten den Weg zum Spiel gefunden, insgesamt wurden 331 Zuschauer vermeldet. Vor dem Spiel durfte ich am Fanartikelstand des BAK noch einen leckeren Schnaps probieren. Aber vielleicht hätten es zwei sein sollen, damit Hansa II mehr Glück gehabt hätte!
Die erste große Möglichkeit des Spiels hatte der BAK, Shinji Yamada schoss von schräg rechts knapp am Gehäuse vorbei. Schön anzusehen war wenig später ein hanseatischer Spielzug über die rechte Außenbahn, der Ball wurde reingebracht und Luiz Antonius Labenz hatte das 1:0 für Hansa II auf dem Fuß. Den Gästefans lag der Torjubel bereits auf den Lippen, doch ging der Ball am linken Pfosten vorbei.
Unmittelbar vor der Pause waren es die Gastgeber, die das 1:0 machten. Aus dem Gewühl wurde Hendrik Wurr angespielt, und dieser hatte keine Mühe aus kurzer Distanz das runde Leder unterzubringen. Nach der Pause machte zunächst Hansa II Druck und drängte auf den Ausgleich, doch fehlte ganz klar die Präzision. Nachdem der BAK in der 65. Minute den rechten Außenpfosten traf, machte Ofumwen Osawe sieben Minuten später das 2:0 für die Berliner klar. Nach einem Ballverlust der Gäste arbeitete er sich nach vorn und schob souverän ein.
War’s das für Hansa II? Noch nicht ganz! In der 80. Minute weckte Julian Albrecht mit seinem Traumtor zum 1:2 noch einmal die Hoffnung. Direkt abgenommen und rein in den Kasten! Ein feines Ding, das auch noch einmal die Hansa-Fans zum Support animierte. Jetzt der Ausgleich - und es wäre richtig laut unter dem Dach geworden! Auch meine Söhne waren nun hellwach und fieberten mit. Immer wieder der Blick zur Uhr. Wie viel Zeit bleibt noch? Am Ende mussten sich die Amateure des F.C. Hansa knapp mit 1:2 geschlagen geben. Am kommenden Wochenende wird daheim der FSV Zwickau empfangen, der zuletzt den FC Rot-Weiß Erfurt mit 5:0 vermöbeln konnte. Schade. Wie bereits gegen die BSG Chemie Leipzig darf betont werden, dass der Einsatz definitiv stimmte, es aber einfach nicht reichte…
Bericht & Fotos: Marco Bertram
> Video von der Stimmung auf YouTube
> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock
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- Poststadion