Zrinjski Mostar vs. Botev Plodiv: Europacup in der Stadt der Feierwut

Zrinjski Mostar vs. Botev Plodiv: Europacup in der Stadt der Feierwut

Sommerzeit, Reisezeit und der Balkan ruft! Nachdem früh klar war, dass es im Sommer mal wieder rausgehen sollte, wurde zunächst Rumänien anvisiert. Auf Grund ziemlich später Spielansetzung sollte es dann jedoch nach Bosnien gehen. So viel kann vorweg genommen werden, in den knapp fünf Tagen rund um Mariä Himmelfahrt konnte richtig viel erlebt und richtig viele Eindrücke gesammelt werden und die beiden mitgenommenen Spiele waren sicherlich nur zwei Höhepunkte unter vielen. Bosnien, das bedeutet im August heiße Temperaturen, günstige Preise und ein absolut aufregendes Land.

Mit dem Flixbus ging es zunächst nach Stuttgart, um vom dortigen Aeroporto in Richtung Süden durchzustarten. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn ist der Flixbus nicht nur günstig, sondern auch zuverlässig. So wurde der Flughafen Stuttgart tatsächlich sogar vor der Zeit erreicht. Nach ein, zwei schwäbischen Hopfen-Leckerlis ging es auch schon ab in Richtung Sarajevo wo uns sengende Hitze erwartet. Die Flüge konnten mit 270 Euro für die kurzfristige Buchung doch noch recht günstig gestochen werden, noch günstiger kamen jedoch die Unterkünfte. Für vier Nächte haben wir letztlich p.P. nur etwa 100 Euro jeweils gelöhnt und dabei hatten wir stets Frühstück und Unterkünfte, die sich definitiv im Europäischen Standard befunden haben.

Sarajevo ist schon mal eine Stadt der Gegensätze. Neben unwahrscheinlich vielen vollverschleierten Damen trifft man hier auch manches junge Mädel im knappen westeuropäischen Outfit. Neben den unzähligen Moscheen stehen auch viele Kirchen. Touristisch ist Bosnien ja generell nicht so bekannt, mal von Hoppern und Backpackern abgesehen, aber was hier viel anreist, sind Araber. Also so richtige Söhne der Wüste aus den VAE. Wie uns unser Taxifahrer erklärte, soll hier das Visaverfahren wohl stark vereinfacht worden sein. Ein Nachteil für viele Touristen ist sicherlich auch, dass Bosnien (fast) keinen Meereszugang hat.

Und dann muss man natürlich auch von der äußerst bedrückenden jüngeren Geschichte Bosniens sprechen, an der man, selbst wenn man wollen würde, nicht vorbeikommt und die man aber auch nicht auslassen sollte. Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens brachen bekanntlich die Balkan-Kriege aus, wobei die Serben gegen die Kroaten, aber eben auch gegen die Bosnier kämpfte. Sicherlich hat jede Seite hier ihre eigene Darstellung, es gab tapfere Soldaten und unzählige zivile Opfer auf allen Seiten, aber was den Bosniern so angetan wurde, das dürfte wohl so ziemlich das Krasseste gewesen sein. Im ganzen Land findet man noch heute zerstörte Häuser, Spuren von Schrapnellen, Einschusslöcher von MG in Häuserwänden.

Als die Bosnier ihre Unabhängigkeit erreichen wollten, hielten sie ein friedliches Referendum ab. Das akzeptierten die Serben jedoch nicht. Während im Jugoslawien Titos die verschiedenen Völker noch friedlich nebeneinander lebten, entbrannte Anfang der 1990er Jahre nun ein unvorstellbarer Hass zwischen ehemaligen Nachbarn, Freunden, Arbeitskollegen. Während sich die Serben aus Sarajevo zurückzogen, nahmen Scharfschützen und Artillerie auf den Hügeln rund um die Stadt Stellung. Was nun folgte war die Hölle auf Erden für die Bewohner der Stadt, die vier Jahre lang währte. Die serbischen Schützen nahmen ihre Opfer ins Visier, ganz gleich ob Zivilisten oder ob Militärs und töteten Menschen auf unfassbar grausame Art und Weise.

Im sehr sehenswerten Museum über die Belagerung von Sarajevo wird das Geschehen mit unzähligen Zeitzeugenberichten aufgearbeitet. Sehr, sehr harter Tobak. Es gibt auch noch ein Museum über das Massaker von Srebrenica in der Stadt, das wir aber sowohl aus Zeitgründen, wie auch aus dem einfachen Grund, das wir nach dem Belagerungs-Museum schon gut bedient waren, ausgelassen haben. Ach ja: Erzherzog Franz Ferdinand wurde in Sarajevo auch noch ermordet, der Anlass für den Beginn des Ersten Weltkriegs, die Stelle, wo der Attentäter stand kann man auch noch besichtigen, für die Geschichtsfreaks ganz nett, aber hat jetzt nicht so viel zu bieten.

Nach nur einem Abend ging es für uns via Fernbus weiter nach Mostar. Zwei Stunden sollte die Fahrt dauern, doch uns kam etwas dazwischen. Plötzlich ein Knallen und schnell war klar, dass während der Fahrt ein Reifen geplatzt ist. Das scheint jedoch in Bosnien gar nicht so ungewöhnlich zu sein. Völlig ungerührt hielt der Busfahrer an und fuhr auf den Felgen einfach zur nächsten Werkstatt. Da wurde dann mal kurz der Reifen gewechselt und wenig später wurden noch die Reste vom alten Reifen aufgelesen. So in Deutschland sicherlich undenkbar. Vorbei an malerischen Berghügeln, Flüssen und Seen ging es dann nach Mostar, einer Stadt im Zentrum Bosniens.

Bekannt sicherlich für ihre markante Brücke, aber auch die Spaltung der Stadt in einem muslimischen / bosnischen und einen katholischen / kroatischen Teil. Der HŠK Zrinjski ist der Verein der Kroaten und trägt bereits das bekannte kroatische rot-weiße Banner im Wappen. Bei erdrückenden 40 Grad machten wir uns von unserem Motel auf ins Stadtzentrum. Vor Spielbeginn noch ein paar Bierchen gezischt (zur eigenen Schande müssen zwei/drittel der Crew gestehen, auch ein Draft-Bier getrunken [aber wenigstens bereut] zu haben.). Sehr motiviert ist jedenfalls schon der Heimmob, überwiegend in schwarz gekleidet, aufgelaufen. Unter Bengalos und mit Hüpfeinlagen zog der Mob zum Stadion. Hier konnten wir dann auch die plötzliche Festnahme eines betagten Taxi-Fahrers erleben. Was sich der Herr zu Schulden kommen ließ, konnten wir nicht feststellen, ob da „nur“ ohne Führerschein gefahren oder ob der gute Mann ärgeres vor hatte, ließ sich nicht ermitteln, jedenfalls wurde er direkt mal von einem Großaufgebot der Polizei gestellt und in Handschellen gesteckt.

Anschließend ging es dann ab ins Stadion. Leider ist nur eine Tribüne ausgebaut, dafür entschädigt der weite Ausblick ins Land dafür. Schwer einsichtbar war der Gästeblock, den heute eigentlich angekündigte 400 Bulgaren bevölkern sollten. Tatsächlich waren dann jedoch nur 50 Mann vor Ort.

Gut gefüllt jedoch die Heimblöcke, in denen auch permanent Alarm war und auch dann und wann Bengalos gezündet wurden. Für uns lief es dann wie ein Länderspiel, und so floss ein Bier nach dem anderen die Kehlen herunter. Für die Hausherren lief es auch ganz famos. Ein 2:1 Rückstand aus dem Hinspiel konnte dank eines überragenden Auftritts mit 2:0 wettgemacht werden und so darf man sich in Mostar nun auf den nächsten Gegner freuen.

Mostar ist bekannt als Stadt der Feierwut und auch an einem Donnerstag Abend ging es zur Sache. Vor einer Kirche ging irgendein Fest, es gab Ozujsko und kostenlos Fleisch im Fladenbrot. Anschließend ging es zur bekannten Brücke, wo euer Gastutor dann ein kurzes Schönheitsschläfchen ablegte, während der Rest weiter dem Bierkonsum frönte. Die Klüsen wieder geöffnet, konnte beobachtet werden wie Sportsfreund Robi die im weiteren Verlauf der Tour ausgiebig zelebrierte Freundschaft mit einem Straßenhund schloss. Eigentlich sollte es heimgehen, doch, man weiß nicht, wie, plötzlich befand man sich mitten auf einer Party, nachts um halb zwei mitten in den Gassen Mostars. Und feiern, das können sie die Bosnier, wie da inbrünstig mitgesungen wurde zum Liveauftritt eines lokalen Musikus, herrlich. Also dann gleich im Anschluss noch einen Diskobesuch ehe es dann nachts um drei wirklich heimging. Wahnsinn!

Bericht: Gastautor Mittel Michi

Fotos: Stadionhüpfer - INkognito

Spielergebnis:
2:0

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