Der fünfte Spieltag stand an und der F.C. Hansa empfing als Vorletzter der 3. Liga mit zwei Punkten auf dem Konto den Tabellenletzten SV Waldhof Mannheim, der bis dato gar nur ein Pünktchen auf der Habenseite verbuchen konnte. Beide Teams standen somit bereits in der frühen Saisonphase unter mächtigem Zugzwang. Sowohl beim Zweitliga-Absteiger von der Küste, als auch bei Mannheim, wo vor Saisonbeginn eine gewisse Aufbruchstimmung herrschte.
Hansa Rostock vs. Waldhof Mannheim: Babendererde-Gedenken, 9A-Choreo und Punkteteilung
Die Kulisse war - in Anbetracht dieser Vorzeichen - mit über 22.000 Zuschauern mehr als bemerkenswert. Knapp 450 Gästefans waren aus der 700 Kilometer entfernten Kurpfalz an die Ostsee gereist. Jene hatten die üblichen Zaun- und Schwenkfahnen sowie ein paar Doppelhalter dabei.
Das Spiel begann mit einer optischen Aktion im Eck-Stehblock der Nordtribüne zu 5 Jahren Block 9A. So wurden eine Blockfahne und Wurfrollen präsentiert, das Ganze bildete ein kleines, aber feines ansehnliches Intro.
Auf der Süd gedachte man dem ehemaligen Hansa-Spieler Andreas Babendererde, der im August im Alter von 62 Jahren verstorben war. Babendererde kam bereits in der Jugend von der BSG Schiffahrt/Hafen Rostock zu Hansa Rostock und spielte dort von 1971 bis 1991 (1987 kurz bei seinem Jugendverein). Am Ende der Saison 1990/91 konnte er mit Hansa den Pokalsieg und den Meistertitel feiern. Leider war es ihm nicht vergönnt, mit Hansa in der 1. Bundesliga zu spielen. Vielmehr ließ er dann Anfang der 90er Jahre seine Laufbahn beim Halleschen FC und beim 1. SC Norderstedt ausklingen.
Zum gestrigen Spiel: Hansa-Trainer Bernd Hollerbach brachte gleich fünf neue Spieler in der Startformation und Mannheims Coach Marco Antwerpen stellte seine Mannschaft gar auf sieben Positionen um - auch Stammtorwart Hanin fand sich auf der Bank wieder.
Die Partie begann abwartend auf beiden Seiten, ehe Rostock das Spiel immer mehr in die Hand nahm, aber keine gefährlichen Aktionen verbuchen konnte. Die erste klare Torchance für die Rostocker ergab sich nach einer knappen halben Stunde als Kopfball von Haugen, der am Mannheimer Tor vorbeiging. Ein paar Minuten später konnte Mannheims Kobylanski erstmalig den Rostocker Keeper Uphoff mit einem Direktschuss fordern - jener konnte aber im Nachfassen parieren.
Der Block 9A präsentierte zum Auftakt der zweiten Hälfte Doppelhalter mit zahlreichen Emblemen und Wappen und blaue Fahnen - dazu wurden Rauch und Fackeln gezündet.
Mit dem Anpfiff zur zweiten Hälfte konnte der Gastgeber den Druck verstärken und kam zweimal durch den Ex-Mannheimer Rossipal zu gefährlichen Abschlüssen, jedoch ohne Torerfolg. Shipnoski, den Antwerpen in der 62. Minute einwechselte, erwies sich nur 120 Sekunden später als absoluter Glücksgriff.
Einen Konter schloss er mit einem präzisen Zuspiel auf Terrence Boyd ab, der lässig zum 0:1 einschieben konnte.
Nun konnte man auch den Gästeblock des öfteren vernehmen, der ansonsten gegen die Rostocker Übermacht kaum Land sah. Die Hansa-Fans pushten ihre Elf mit Leidenschaft nach vorne. Diese kam immer gefährlicher und näher ans Mannheimer Tor heran, blieb allerdings bis zur 87. Minute glücklos. Dann war es Roßbach, der nach einem Freistoß den Ball im Tor versenkte und den vielumjubelten und nicht unverdienten Ausgleich markierte.
In der 90. Minute gab es noch einmal großen Jubel bei den Waldhöfern - Boyd stand bei seinem vermeintlichen Siegtreffer jedoch klar im Abseits. Am Ende des Tages bleiben beide Teams weiter sieglos. Lediglich der F.C. Hansa springt durch den Punktgewinn in der Tabelle einen Rang nach vorne und übergibt den 19. Platz an die Löwen aus München, während die Mannheimer die rote Laterne behalten.
Am kommenden Samstag fahren die Rostocker zum Ostduell nach Dresden, dem SV Waldhof steht indes mit dem VfL Osnabrück der nächste Zweitliga-Absteiger gegenüber.
Fotos: Jochen S., Jens, René H.
Bericht: Jochen S. / Kein Fußball ist auch keine Lösung
In eigener Sache - im Spätherbst erscheint Kaperfahrten II:
Ein Segeltörn bei meterhohen Wellen und kräftiger Brise aus Ost-Nordost ist keine Kaffeefahrt. Eine Fußballsaison, ob damals in der DDR-Oberliga oder nach dem Mauerfall in Bundesliga oder 3. Liga, ist bekanntlich kein Kinderspiel. Mit verhängnisvollen Untiefen und fiesen gegnerischen Angriffen war und ist jederzeit zu rechnen.
Umso wichtiger ist es, dass die Mannschaft an Deck der Kogge stets zusammenhält. Vom Smutje bis zum Steuermann. Ob mit Kelle, am Ruder oder mit dem Enterhaken – nur gemeinsam kann die Beute eingefahren werden. Ganz egal, ob in alter angeranzter Wattejacke oder im neuesten frisch gebügelten Trikot.
Die Kaperfahrten werden fortgesetzt! Dabei geht der Blick zurück in die 70er und 80er Jahre, als es mit der Simson von Malchin nach Rostock oder in besagter „polnischer Bomberjacke“ auswärts nach Leipzig-Leutzsch und Erfurt ging. Abstiege, Aufstiege, eisige Katastrophenwinter, lange Touren nach Nitra und Ostrava. Mal flog das Gepäck aus dem D-Zug, mal wurde nächtelang in der Bahnhofsmitropa gezecht, und mal wurde unter dem morschen Gebälk einer Ruine gepennt.
Dabei wird der Bogen geschlagen bis in die Gegenwart. Bis zum genialen Aufstieg 2021 und dem Blick in die Zukunft. Zu Wort kommen Hansa-Fans aller Couleur, die teils seit Ende der 60er und Mitte der 70er dem F.C. Hansa die Treue halten. Ergänzt wird das Ganze durch Berichte aus jüngerer Vergangenheit und einem halb-fiktiven Roman-Kapitel zu Beginn des Buches. Das Ganze ist eine aufregende, spannende blau-weiß-rote Kaperfahrt durch die Jahrzehnte.
Segel setzen, Kurs aufnehmen, 65 Grad Ost-Nordost.
Band II ist eine weitere echte Liebeserklärung an den besten Club der Welt. Ahu!
- Ostseestadion