Es war eigentlich nicht wirklich ein Geheimnis, dass die Rostocker Fußballfreunde am letzten Oberligaspieltag mobil machen und die U23 beim Auswärtsspiel in Berlin-Neukölln unterstützen wollten. Das Ziel der sommerlichen Tour: Der idyllische Sportplatz am Hertzbergplatz des BSV Hürtürkel. So recht vorbereitet schienen Gastgeber und Polizei allerdings nicht. Nur drei Polizisten in normaler Streifenuniform standen am Eingang und beobachteten das Geschehen. Und auch der Kassenbereich schien eher im Dornröschenschlaf. Wenn 200 zum Teil recht sportliche Hansa-Fans anmarschieren, soll man besser auf Zack sein und für eine optimale Abwicklung des Ticketverlaufs sorgen. Schnell einen extra Tisch aufgebaut und gut ist. So aber herrschte bei der geschlossenen Ankunft der Rostocker Anhänger recht fix dicke Luft.
BSV Hürtürkel vs. FC Hansa Rostock II: Auswärtssieg und Wasserschlacht
HotZuerst hatte es ganz den Anschein, als würde der Mob sich einfach durch die kleine Ordnerkette drücken. Dann wurden jedoch brav die Eintrittskarten für acht Euro (ermäßigt fünf Euro) erworben. Für Diskussionen sorgten etwaige mitgebrachte Rucksäcke. Diese durften trotz Kontrolle nicht mit hineingenommen, sondern in der kleinen Ticketbude abgestellt werden. Ein warmer, herzlicher Empfang sieht ganz gewiss anders aus. Allerdings beruhigten sich schnell die Gemüter und der kleine Kiosk konnte belagert werden. Dieser wird nicht vom BSV Hürtürkel, sondern von einem älteren Ehepaar betrieben. Berliner Fußballidylle wie es im Buche steht. Ein 0,33er Bierfläschchen für 1,50 Euro. Softgetränke und Wurst für einen schmalen Taler. Das sorgte – in Anbetracht der brütenden Hitze – für gute Laune unter den Rostockern.
Pampige Worte gab es jedoch, als trotz Vorlage des Presseausweises die andere Seite des Platzes betreten wurde. „Was noch ein Fotograf? Da macht doch schon einer Fotos!“ Klasse Logik und einige Kuriositäten am Rande. Dass man von dieser Seite den Gästeanhang prima im Blick hatte und zudem unter einem Baum im Halbschatten stehen konnte, schien manch einem Hürtürkel-Betreuer bzw. Ordner nicht zu schmecken. Sei es drum, als Berliner ist man manches gewöhnt und man tat gut daran, auf etwaige provokante Worte nicht einzugehen, sondern mit einem Lächeln seine Arbeit zu verrichten.
Zu sehen gab es schließlich genug. Wer dachte, am letzten Spieltag würde es bei dieser Hitze nur einen müden Sommerkick geben, der sah sich mächtig getäuscht. Beide Seiten wollten zeigen, wie der Hase läuft und unbedingt dieses Spiel gewinnen. Hansa Rostock II fand gut ins Spiel, doch den ersten Treffer des Tages erzielten die Neuköllner Gastgeber. Hürtürkel bekam nach gut einer halben Stunde einen schmeichelhaften Elfmeter zugesprochen. Cüneyt Gündogdu ließ sich nicht lange bitten und verwandelte lässig zum 1:0. Zehn Minuten später gelang Philip Nauermann der nicht unverdiente Ausgleich. Und wer dachte, jetzt würde bis zum kalten, erfrischenden Pausentee erst einmal Ruhe einkehren, sah sich erneut getäuscht. Nur zwei Minuten nach dem Rostocker Ausgleich tankte sich Gregoire Njacheun Njanzoua mustergültig durch und machte das 2:1 für Hürtürkel. Was folgte, war ein weltmeisterlicher Jubel.
Kaum war die Partie nach der wohlverdienten Pause wieder angepfiffen, machte Henry Haufe prompt das 2:2 für den FC Hansa. Jubel unter den rund 200 Rostocker Fans, die in Anbetracht der prallen Sonne langsam aber sicher für Erfrischung sorgen wollten. Seelenruhig spazierte ein Hansa-Fans von einer Seite zur anderen und trug einen an der Eckfahne abgestellten Plastikeimer mit Wasser zu seinen Kumpels. Bald waren es mehrere Eimer und Plastikflaschen, die auf der Toilette mehrfach mit Wasser gefüllt wurden. Wasserschlacht bei der Rostocker Anhängerschaft. Für gute Laune sorgte zudem die Mannschaft, die auf dem Rasen eine bessere Kondition hatte und immer besser ins Spiel kam. Der in der Halbzeit eingewechselte Robert Grube machte in der 55. Minute das 3:2 für Rostock, Selcuk Can Tidim sorgte in der 70. Minute für die Vorentscheidung. 4:2 für den FC Hansa. Immer wieder bespritzen sich die Fans mit Wasser, der eine oder andere Eimer wurde nun schon mal übermütig durch den Block gefeuert. Als auch ein Mülleimer über die Stufen segelte, rief das die Ordner auf den Plan.
Als im Zuge der Traubenbildung am Geländer auch einige Hürtürkel-Spieler mitmischen wollten, bekam einer ebenfalls eine Dusche ab. Daraufhin schien es, als wollte ein Spieler einen Eimer zurück auf die Fans werfen. Diskussionen und leichtes Gedränge. Bereits zuvor hatten drei Mannschaftswagen der Berliner Polizei auf und vor dem Gelände Stellung bezogen. Zwei Beamte in voller Montur und mit Helm auf dem Kopf eilten nun zum Ort des Geschehens. Weitere Polizisten – diese jedoch ohne Helm – folgten. Nach einigen Minuten beruhigte sich die Lage wieder und das Spiel konnte fortgesetzt werden. Drei Minuten vor Schluss machte Henry Haufe seine zweite Bude des Tages. 5:2 für die Hansa-Amateure – und das nach zweimaligem Rückstand. Nach Abpfiff wurde die Mannschaft gefeiert und ein blauer Rauchtopf bildete den Abschluss eines recht hitzigen Fußballnachmittags.
Fotos: Marco Bertram