Voilà! Siebter Sieg im zehnten Spiel! Die Ausbeute der vergangenen Wochen kann sich wahrlich sehen lassen. Allerdings wartete der Chemnitzer FC beim Schlusslicht SSV Jahn Regensburg bis zur allerletzten Minute, um in jener dann eiskalt zuzuschlagen. Stenzel schlenzte und sorgte damit für den 1:0-Auswärtserfolg bei den bereits abgestiegenen Donau-Städtern. Rund 400 himmelblauen Anhänger tanzten und sangen im Regen, zum Anpfiff gab es zudem eine kleine Pyro-Einlage. Die Regensburger Anhänger präsentierten eine Vielzahl an Spruchbändern.
Jahn Regensburg vs. Chemnitzer FC: Anekdoten vom himmelblauen Ausflug an die Donau
Für den Chemnitzer FC geht es nur noch um die berühmte „goldene Ananas“ – für die „Fanszene Chemnitz“ wiederum die Saison gemütlich ausklingen zu lassen. Aus eben diesem Grund wurde an diesem sonnigen Samstag die Kneipe in unmittelbarer Nähe zum Gästebereich in Beschlag genommen. Die ersten trudelten 10:30 Uhr ein, der Rest im Anschluss, über 100 himmelblauen Anhänger waren final dem Aufruf gefolgt. Und sie bestellten Pils, Weizen und andere Getränke. Die Speisekarte wurde zudem sicherlich einmal komplett gegessen. Von bayerischen Spezialitäten bis hin zu vegetarischen Speisen kam jeder sächsische Gaumen auf seine Kosten.
Der himmelblaue Mob machte sich 45 Minuten auf. So oder so, ein letztes Mal im altehrwürdigen Jahnstadion. Das vor 89 Jahren erbaute „Stadion an der Prüfeninger Straße“, so wie es gern auch genannt wird, muss, wie so oft, einem neuen, modernen Stadion weichen. Das 53 Millionen-Stadion wird im Sommer gegen den FC Augsburg eingeweiht, anschließend sieht es Viertliga-Fußball und Gäste aus Schalding-Heining und Illertissen sowie diverse zweite Mannschaften.
Im weitläufigen Gästeblock verteilten sich insgesamt respektable 583 Chemnitzer (schließlich ging es nicht mehr um allzu viel); die Fanszene bevölkerte den gut beflaggten Mittelblock mit großen und kleinen Banner. Seit langem mal wieder dabei: „Carabinieri Vaffanculo“. Dazu die üblichen Schwenkfahnen, die ein hübsches Bild abgaben. Dazu stieg wie aus dem Nichts eine schwarz-weiße Rauchwolke empor, welche vom Wind in Richtung Spielfeld getragen wurde. Derweil sang man sich ein – und setzte das in der Folgezeit ordentlich fort. Anschließend gab es jedoch ab und an leisere Momente und stille Phasen, was unter anderem daran lag, dass die Gegenseite keine Paroli bot.
Stattdessen präsentierten die „Ultras Regensburg“ en masse Spruchbänder und damit die „Die Highlights der Saison:“ – In den Hauptrollen: Christian Keller (C. K.), der für den Jahn-Präsident Hans Rothammer „unverzichtbar“ ist, wie er jüngst in einem Interview mit Nachdruck betonte. Dazu gesellen sich der Vereinsvorsitzende Joachim Wolbergs (J. W.) sowie der Ex-Torwart Stephan Loboue (S. L.) und Neu-Coach Christian Brandt (C. B.). Allesamt konnten mit einem Zitat glänzen.
C. K.: „Platz 6.-10: Ich verspreche allen Jahnfans eines: Wir werden eine bessere Mannschaft als in der vergangenen Saison.“
C. K.: „Es wird der Tag kommen, da werden die Fans sehen, dass es sich gelohnt hat, ab und zu auch mal eine Talstrecke zu durchschreiten.“
J. W.: „Auf der Grundlage der Neuverpflichtungen schaffen wir den Verbleib in der 3. Liga.“
S. L.: „Was die Fans machen, interessiert mich Null. Das sind alles Asoziale.“
C. B.: „Ich habe keine Fans im Gästeblock gesehen, nur Kriminelle.“
C. K.: „Abgerechnet wird nach 38 Spielen. Dann werden wir einen einstelligen Tabellenplatz erreicht haben.“
C. K.: „Aber ich bin dafür letztendlich dafür verantwortlich."
C. K.: „Unsere Partner sollen wissen: Was wir versprechen, halten wir.“
Dazu gab es stillen Protest - und diesen die gesamte Zeit über. Die großen Versprechungen und die damit hervorgerufenen großen Erwartungen sind im Keim erstickt worden. Der Haussegen hängt gewaltig schief beim Verein mit der roten Laterne.
Im umfangreichen Ein-Euro-Programmheft schmeichelte der Verein den Unentwegten, die sich nach Halle aufgemacht hatten und dort schließlich eine knappe 1:2-Niederlage ansehen mussten (die damit rechnerisch den Abstieg des Absteigers besiegelte) und lenkten damit vom unübersehbaren Problem, das zwischen sämtlichen Fans (nicht nur den Ultras und ihren Unterstützern) und Vereinsverantwortlichen besteht, ab. Vor dem Spiel wurden ebenso in einem neutralen Block die Spruchbänder „Sportliches Desaster - Keller raus!“ und „Sportliche Leitung ohne Keller!“ gezeigt. Weiterhin sichtete man im Stadionrund immer wieder A4-Zettel mit der Aufschrift „Keller Raus!“. Und wenn es nach einigen Jahn-Anhänger geht, ist das Ganze durchaus filmreif. Via Doppelhalter wurde verkündet: „Demnächst im Kino: Keller, Rothammer, Wolbergs in: Die Drei ??? und der Realitätsverlust.“
Der mittlerweile auf dem siebten Platz stehende Chemnitzer FC trug damit die Favoritenrollen, wurde jedoch dieser in der ersten Halbzeit nur selten gerecht. Aus einem Fink-Eckball resultierte die erste gefährliche Chance, die Ziereis – eine von drei Veränderungen in der Startformation – hatte. Seinen Schuss konnte der Jahn-Schlussmann über den Kasten, zur nächsten Ecke, lenken. Weiterhin spielten Röseler und Kehl-Gomez von Beginn an. Sonderlich in Erscheinung traten alle drei nicht.
Die Gastgeber mühten sich und profitierten dabei von himmelblauen Fehlern. Die Führung sollte ihnen aber letztlich nicht glücken, weil entweder Pentke oder das eigene Unvermögen im Weg standen. Dementsprechend ging es torlos in die Pause. Auch weil Löning einen Ball in Form eines Volleyschusses knapp über das Gehäuse drosch.
Die zweite Halbzeit leitete der Gästeblock mit dem Spruchband „Spoczywaj w Pokoju, Dawid - CHWDP!" („Ruhe in Frieden, David - ACAB!“) ein, um den in Polen bei Ausschreitungen, die beim Fünftligaspiel zwischen Concordia Knurów und Ruch Radzionkow stattfanden, ums Leben gekommenen Fan die letzte Ehre zu erweisen. Ein Polizist schoss mit Gummischrott auf den bereits den Ort des Geschehens verlassenen Concordia-Fan Dawid, der anschließend im Krankenhaus seinen Verletzungen am Hals unterlag. Zahlreiche Fanszenen gedachten deutschlandweit dem Verstorbenen. So auch die Regensburger, welche aus den Spruchbändern die Buchstaben-Kombination „CHWDP“ am Zaun befestigten.
Auf dem Feld blieb Regensburg das bessere Team, mit den besseren Chancen. Die zur Pause eingewechselten Mauersberger und Cecen konnten dem faden himmelblauen Spiel keinerlei Impulse setzen. In der 75. Minute kam erst ein heftiger Regenschauer, den der Gästeblock zur Schalparade nutzte, danach Ofosu in die Partie. Und wenn man so will damit die schmeichelhafte Entscheidung. Er zog dynamisch nach innen und bevor er sich gegen zu viele Gegenspieler verzettelte, gab er den Ball – und somit auch die Verantwortung – zu Stenzel, der Maß nahm und mit einem traumhaften Schlenzer aus 20 Metern in der 92. Minute den Treffer des Tages erzielte. Anschließend jubelte er mit einem „Nuckel“-Gruß, der Danneberg galt, welcher erstmals Papa geworden ist. Dazu wurde das Trikot mit der Nummer 13 in die Höhe gehalten – eine feine Geste.
Nach Tor und Abpfiff schallte es lautstark aus dem Gästeblock „Holt uns den Pokalsieg!“. Am heutigen Mittwoch trifft der Chemnitzer FC auf den FSV Zwickau. Gespielt wird im Zwickauer „Sojus“, das längst komplett ausverkauft ist. Die letzten drei Begegnungen im Sachsenpokal konnte der Chemnitzer FC für sich entscheiden. Wenn es zum vierten Mal gelingt, steht dem achten Erfolg im Landespokal und somit dem Einzug in die erste DFB-Pokalrunde nichts im Wege …
Fotos: Marcus Hengst
Bericht: In Zusammenarbeit mit cfcfans.de