SG Dynamo Dresden vs. F.C. Hansa Rostock: Glückliches Ende eines emotionalen Spiels

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SuptrasWer legt solch ein brisantes Spiel auf den letzten Spieltag? Diese Frage wurde sich beim Blick auf den Spielplan vor Beginn der zurückliegenden Drittligasaison gestellt. Was, wenn es für mindestens eine Mannschaft noch um richtig was gehen würde?! Und siehe da, das Schicksal wollte es, dass es für den F.C. Hansa Rostock beim Auftritt bei der dynamischen Sportgemeinschaft wahrlich um wasging. Alles oder nichts. Nach der nicht eingeplanten 0:1-Niederlage gegen den FC Energie Cottbus musste nun ein Sieg her, um aus eigener Kraft den Klassenerhalt zu packen. Auf die zuletzt arg schwachen Erfurter durfte man sich gewiss nicht verlassen und auf einen Rückzug des Zweitligaabsteigers VfR Aalen wohl besser auch nicht. Die SpVgg Unterhaching saß den Rostockern im Nacken. Ein Sieg von Haching, eine Niederlage des F.C. Hansa - und schon wäre es abwärts gegangen in die Regionalliga Nordost. Ein Albtraum. Endstation Sehnsucht. So wie der einst ruhmreiche FC Carl Zeiss Jena wollte man gewiss nicht enden. Zumal in den Sternen steht, wie es überhaupt in der Viertklassigkeit weiter gehen würde. Würde der Investor auch im Fall des Abstieges am Ball bleiben? Oder doch Insolvenz? Wie bei Regionalliga-Heimspielen gegen den Berliner AK 07 und Meuselwitz die Miete im Ostseestadion bezahlen? Arge Bauchschmerzen bei der Anhängerschaft des F.C. Hansa vor dem Auftritt in Elbflorenz. An Schlafen war bei den meisten nicht zu denken. Ursprünglich hatte man sich in Rostock auf den Ausflug nach Dresden gefreut, doch unter diesen Umständen artete alles nur in puren Stress aus. Zumal das Hickhack um den Ticketverkauf sein Übriges tat.

HROExakt 1.700 Hansa-Fans durften anreisen und nur vom eigentlichen Gästeblock aus die Mannschaft unterstützen. Daneben liegende Sitzplätze wurden nicht verkauft und auch der Gästeblock als solches wurde nicht randvoll gefüllt. Immerhin wurde erreicht, dass in Rostock richtige Tickets verkauft wurden. Auf das Prozedure mit Gutscheinen und zentralem Sammelplatz für Gästefans wurde nach massiver Druckausübung (Ankündigung einer kraftvollen Demo im Stadtzentrum von Dresden) glücklicherweise verzichtet. 

SGDDie Fanszene der SG Dynamo Dresden wollte vor dem Spiel indes ganz klar zum Ausdruck bringen, was von der eigenen Mannschaft erwartet wurde: Ein Sieg sollte her. Zu verschenken gab es nichts. Auch wenn manch ein Dynamo-Fan klammheimlich bedauert hätte, wenn mit dem F.C. Hansa ein weiterer Ostverein abstürzen würde, überwog der Wunsch, es den Jungs von der Ostseeküste mal so richtig zu zeigen. Um sich auf den Tag einzustimmen, wurde dazu aufgerufen, sich um 10 Uhr an der Frauenkirche zu sammeln. Die Ultras Dynamo riefen und der schwarz-gelbe Mob kam. Nach ersten Schlachtrufen und Gesangseinlagen zu Füßen des wiedererrichteten Bauwerks ging es geschlossen in Richtung Stadion. Untermalt wurde das Ganze von massig Rauch, etlichen Bengalos und Böllern. Getragen wurden zudem etliche Kreuze in den Farben blau, weiß, rot. Dem F.C. Hansa sollte nach Möglichkeit der sportliche Todesstoß versetzt werden. Und auch den Gästefans wollte man in der Stadt keinen Fußbreit Freiraum gewähren. Überall wurde mittels Aufklebern und angeklebten Zetteln dazu aufgerufen, das eigene Terrain zu verteidigen.

SGDIm Stadion selbst kamen die jeweiligen Fanblöcke zirka 25 Minuten vor Spielbeginn langsam aber sicher in Betriebstemperatur. Mit brachialer Lautstärke wurde sich schließlich kurz vor Anpfiff warmgesungen. Und auch dem Auge wurde an diesem Nachmittag etwas geboten. „Danke Benny - Danke Fielo", hieß es Orange auf Schwarz. Dazu stieg aus knapp 30 Töpfen reichlich gelber Rauch empor, der schon bald beim Anstoß das gesamte Stadion einnebelte. Verabschiedet wurden mit dieser Aktion die bei den SGD-Fans überaus beliebten Spieler Christian Fiel und Benjamin Kirsten, die gegen Rostock ihr letztes Spiel im Trikot der Sportgemeinschaft bestritten. Dieser Umstand machte es den Gästen nicht unbedingt leichter. Zu klar, dass die Mannschaft an solch einem Tag mit einem Sieg die Saison beenden wollte. 

FCHAllerdings schien die Mannschaft des F.C. Hansa gut vorbereitet. Sie musste das Spiel machen, und tat dies zu Beginn auch. Die kompakt stehenden Gästefans - den unteren spitz zulaufenden Bereich hatten sie freigelassen - unterstützten ihr Team lautstark und der Einsatz auf dem Rasen und den Rängen wurde bereits in der 12. Spielminute belohnt. Mit dem Kopf konnte Jose Alex Ikeng einlochen und der Gästeblock stand Kopf. Tonnenlasten fielen ab. Ja, hier ging wirklich was. Ein Punktgewinn schien zu jenem Zeitpunkt durchaus möglich. Unruhig wurde es kurz im oberen Bereich der Gegengerade. Ein dort sitzender Hansa-Fans schien zu arg gejubelt zu haben, rasch kamen Ordner herbei und schafften diesen fix nach draußen. Unterdessen detonierte ein Böller im besagten frei gelassenen Bereich des Gästeblocks. 

FCHDer F.C. Hansa schien die Partie nun recht gut im Griff zu haben. Nicht dass mit großartiger spielerische Raffinesse geglänzt wurde, doch Dresden fand zu jenem Moment wenig Mittel, um den Hanseaten wirklich gefährlich werden zu können. Immer wieder leistete sich Dynamo erstaunliche Abspielfehler und so ertönten nach einer halben Stunde erste zaghafte Pfiffe von den Rängen. In der 35. Minute musste jedoch Hansa-Keeper Schuhen beherzt eingreifen und den Ball in Bedrängnis wegboxen. In Folge dessen lag er zwei Minuten am Boden und musste behandelt werden. Da die Kräfte des DRK mit der Trage bereitstanden, wurde schlimmes befürchtet, doch glücklicherweise konnte Schuhen weiterspielen. Drei Minuten später war es Torjäger Marcel Ziemer, der mit einem Schussversuch am Gehäuse vorbeizog. 

SGDKurz vor der Pause wurde es laut im weiten Rund. Nach einer Ecke und einer Kopfballvorlage konnte Justin Eilers problemlos das Spielgerät zum 1:1 mit dem Kopf einnetzen. Brachialer Jubel auf den Rängen. Bange Blicke im Gästeblock. Der Support wurde fortgesetzt, parallel dazu der Blick auf das Handy. Wie ist der Stand der Dinge in Erfurt? 1:0 für Rot-Weiß. Leichtes Durchatmen. Im K-Block ertönte indes ein lautes „Schalalalala, Hansa-Schweine!“ Die Rostocker Anhängerschaft stimmte vor dem Pausenpfiff das „Wenn wir zusammen steh´n, werden wir niemals untergeh´n …“ an. 

HansaKaum war die zweite Halbzeit angepfiffen, tat sich etwas im Gästeblock. Zwei schwarz vermummte Hansa-Fans hängten eine rot-schwarze Fahne auf und zündeten diese an. Auch ein Freundschaftsschal Dresden-Zwickau wurde präsentiert. Als die Fahne in Flammen stand, versuchte ein Ordner mit dem Feuerlöscher über die Plexiglaswand hinweg diese zu löschen. Manch ein Hansa-Fan sprang nun im Dreieck und machte den Ordner mit feuchter Aussprache verbal zur Schnecke. Der schmokelende Stofffetzen wurde nun über die vordere Absperrung gelegt. In aller Seelenruhe spazierten die beiden Maskierten durch den unteren leeren Bereich. Später stellte sich heraus, dass es sich wohl um eine Großaspacher Fahne gehandelt hatte. Das freundschaftliche Stelldichein der Großaspacher mit einigen Dresdenern im Gästeblock beim Auswärtsspiel in Chemnitz wurde wohl der Fahne bzw. seinem Besitzer zum Verhängnis. 

SGDRichtig in Schwung kam nun der K-Block. Beflügelt vom 1:1 legte dieser langsam aber sicher einen Zacken zu. Minutenlang wurde der Wechselgesang „Schalalala Dynamo Dresden“ durchgeführt. Nach kurzer Zeit stimmten die Haupttribüne und die Gegengerade mit ein und es wurde richtig laut. Gänsehautstimmung im Stadion Dresden. Parallel dazu wurde auf der Heimseite ein Spruchband mit der Aufschrift „Mit Stolz im Blut gekämpft!!! Danke Benny und Fielo!!!“ hochgehalten. In der 67. Minute wurde Benny Kirsten unter lautem Applaus nach der Auswechslung von Fiel die Kapitänsbinde am Oberarm befestigt. 

SGDUnd Hansa? Der Blick auf den Spielstand der anderen Partien besagte: Erfurt führte weiterhin 1:0 gegen Unterhaching. Aber man weiß ja nie. Beim Fußball kann alles passieren. Im Gästeblock traute niemand dem Braten. Dynamo Dresden bekam zudem Oberwasser. Die Hansa-Fans wirkten nun völlig angespannt und gehemmt. Der Support flaute merklich ab. Die Sportgemeinschaft wollte es nun wissen. In der 78. Minute vollzog Marvin Stefaniak einen Freistoß auf zentraler Position, doch der Schuss war für den Hansa-Keeper keine Problem. Waffenstillstand? Würde es beim 1:1 bleiben? Denkste! In der Tat gab es nichts geschenkt. Eher bekamen die Rostocker noch was eingeschenkt. Kurz nachdem angekündigt wurde, dass nach Spielschluss die Hansa-Fans noch eine geraume Zeit im Block verbringen müssen und daraufhin ein kraftvolles „ACAB“ ertönte, klingelte es im Gehäuse der Kogge. 86. Minute. 2:1 für die SG Dynamo Dresden. Es gab keine Halten mehr beim Heimpublikum. Und auch hinter dem Freundschaftsbanner der alten Garde (SG Dynamo & BFC Dynamo) wurden die Fäuste in Richtung Gästebereich erhoben.

Hansa - msv 2014In der Schlussphase wurde es noch einmal ruppig. Maximilian Ahlschwede musste vom Platz, das Spiel war gelaufen. Das Dresdner Publikum erhob sich, im Gästeblock warteten die Hansa-Fans noch ab. Abpfiff. Der Spielstand aus Erfurt wurde durchgesagt, es blieb dort beim 1:0-Erfolg. Schützenhilfe aus der thüringischen Blumenstadt. In Dresden werden die Verantwortlichen froh gewesen sein. Das Horrorszenario blieb aus, Hansa Rostock hatte den Klassenerhalt - Dank der bravurösen Aufholjagd nach der Winterpause - gepackt. Keine Randale im Gästekäfig, stattdessen ein „Hansa forver“ und ein lautstarkes „Ahu“. Die große Party blieb aus, dafür war man inzwischen viel zu müde und abgekämpft. Mit der Mannschaft wurde noch kurz gefeiert, die Trikots segelten in den Block - und dann war es gut.

SGDEmotional wurde es noch einmal m Heimbereich. Die Spieler kletterten auf den Zaun des K-Blocks. Nochmals wurden die gehenden Spieler verabschiedet. Zuschauer hielten Schilder hoch, manch einer hatte feuchte Augen bekommen. Minutenlang standen die SGD-Spieler bei den Fans, kaum jemand hatte vorzeitig die Ränge verlassen. Ein angemessener Abschluss einer spannenden, abwechslungsreichen Saison. Und in Rostock wird man heilfroh sein, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Und ja, einen Erfolg mehr als die Dresdner haben die Rostocker zu vermelden. Immerhin ist der F.C. Hansa in der kommenden Saison Dank des Landespokalgewinns beim DFB-Pokal dabei. Die nächste Spielzeit kann also nur besser werden …

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: SG Dynamo Dresden

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

Artikel wurde veröffentlicht am
24 Mai 2015
Spielergebnis:
2:1
Zuschauerzahl:
29.500
Gästefans
1700

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Nächste Saison dann unter anderen Vorzeichen.
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