Im Freistaat Bayern wird Gastfreundschaft groß geschrieben - und somit gab es kürzlich beim Besuch der Himmelblauen aus Chemnitz deftige Schwarzwurzeln, gereicht mit einer ordentlichen Prise Pfeffer. Und weil diese von der Polizei (War es gar das USK?) gereichte Kost dann vielleicht bei der sommerlichen Witterung doch ein wenig zu schwer verdaulich war, gab es von den Ordnern der SpVgg Unterhaching, die selbst über die zwangszugeführte Kost überrascht waren, immerhin gratis Wasser gereicht, um das Ganze runterspülen und sich den Mund abputzen zu können. Aber Spaß beiseite! Beim Scrollen durch die FB-Startseite fiel kürzlich eine Meldung über die „bayrische Zwangsverkostung“ ins Auge. Der "Fanszene Chemnitz e.V." hatte eine Stellungnahme online gestellt - und ich wurde sofort hellhörig, da ich mich an die Ereignisse in Burghausen, die bereits ein paar Jahre zurückliegen, erinnert fühlte. Kaum jemand hatte drüber berichtet. Fanprojekt und Fanbeauftragter standen damals ziemlich allein da. Der Chemnitzer FC zu Gast in Bayern? Wieder einmal hatte ein Abstecher in den Süden unangenehme Begleiterscheinungen.
Wenn die bayerische Polizei die Sachsen verkloppt: Unterschiedliche Meldungen zu Unterhaching vs. Chemnitzer FC
HotBevor auf die Stellungnahme eingegangen werden soll, rollen wir das Ganze doch einmal anders aus. Mal angenommen, Bürger XY hatte um sieben Ecken irgendetwas zwitschern hören. In Unterhaching soll es auf gut Deutsch gesagt, auf die Fresse gegeben haben. Also was ist zu tun? Er gibt einfach in die Suchmaske der Suchmaschine die Begriffe „Unterhaching Chemnitz Polizei“ ein. Die Resultate erscheinen eindeutig. Zumindest aus Sicht des Durchschnittsbürgers, der nur diese Infos aus der Tagespresse nimmt. „Das Spiel in Unterhaching: Fans des Chemnitzer FC verletzen Polizisten“, titelte die Abendzeitung. „Polizei in München: Straftaten durch Gästefans beim Drittligaspiel SpVgg Unterhaching gegen Chemnitzer FC“, gab Focus Online bekannt. Und die tz München titelte: „Polizei nimmt elf Chemnitz-Fans fest“. Was soll der Bürger XY schon groß denken? Die Ossis haben wieder freigedreht, und wohl berechtigterweise griff die Staatsmacht durch.
Alle drei aufgeführten Zeitungsartikel beruhen auf dem Pressebericht der Polizei Bayern vom 27. August 2017. Unter Meldung Nummer 1334 ist zu lesen, dass rund 50 der insgesamt 350 Gästefans mit dem Zug angereist waren. Wortwörtlich heißt es wie folgt: „Auf dem Weg vom S-Bahnhof Fasanenpark zum Stadion sangen diese 50 Fans Lieder mit rechtem Gedankengut, woraufhin von allen Personen die Identität festgestellt werden sollte. Durch den Einsatzleiter wurde dies den Fans mitgeteilt. Daraufhin wurde er mehrfach beleidigt. Hier wurde eine Anzeige gestellt. Zudem konnte bei einem Fan der Gastmannschaft eine Schutzbewaffnung in Form eines Mundschutzes aufgefunden werden. Kurz vor Anpfiff kam es am Eingang des Gästebereichs zu einer Auseinandersetzung, nachdem Gästefans versuchten, ein Transparent vor der Polizei zu verstecken. Hierbei wurde auch unmittelbarer Zwang angewendet. Zwei Polizeibeamte wurden leicht verletzt, blieben jedoch weiterhin dienstfähig. Insgesamt kam es im Zeitraum von ca. 20 Minuten zu elf Festnahmen wegen verschiedensten Straftaten (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte Gefangenenbefreiung, Beleidigung, Körperverletzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen).“
Völlig anders liest sich das in der oben genannten Stellungnahme des "Fanszene Chemnitz e.V.". In dieser ist zu lesen: „Bereits bei der Ankunft wurden die Anhänger, welche per Zug anreisten, einer in dem Maße völlig überzogenen Personenkontrolle unterworfen. Schon hier spürte man ein hohes Maß an Grundaggressivität seitens der Beamten. Im Stadion wurden Fanclub-Fahnen ohne triftigen Grund aus den Händen der Anhänger gerissen, was einen Tumult zur Folge hatte. Daraus resultierten willkürliche körperliche Angriffe der Polizei, welche sich in Schlagstockeinsätzen, Fußtritten in Gesichtshöhe (!) sowie dem völlig überzogenen Einsatz von Pfefferspray aus nächster Nähe äußerten. Hierbei wurden auch Kinder und Frauen ohne Rücksicht bedroht und teilweise verletzt.“ Weiter heißt es in der Erklärung: „Eine sachliche Klärung war zu keiner Zeit gegeben und wurde von Seiten der Beamten nur mit höhnischem Gelächter und weiteren Provokationen abgetan. Der ‚Fanszene Chemnitz e.V.‘ fordert eine entsprechende, ordnungsgemäße und selbstreflektierende interne Aufarbeitung seitens der bayrischen Beamten und behält sich bei etwaigen Sanktionen gegen einzelne Fans weitere Schritte vor. Selbst der im Gästeblock eingesetzte Ordnungsdienst der Spielvereinigung Unterhaching zeigte sich entsetzt über das aggressive Verhalten der eingesetzten Polizeibeamten und erkannte, dass die Provokationen nur einer weiteren Eskalation dienen sollten.“ Im Anschluss wurde der in Unterhaching eingesetzte Ordnungsdienst ausdrücklich gelobt, da dieser die Gästefans mit Wasser versorgt hatte. In den kommenden Tagen wird zudem gemeinsam mit dem Fanbeauftragten des Chemnitzer FC und dem "Fanprojekt Chemnitz" das Ganze noch einmal aufgearbeitet. Wer Bild- oder Videomaterial zur Aufklärung beisteuern kann, wird gebeten, sich beim "Fanszene Chemnitz e.V." zu melden.
Auch das Team von cfcfans.de widmete sich der Angelegenheit. So heißt es im Bericht über das Spiel in Unterhaching, das wohl als alles andere als brisant zu bezeichnen ist: „… So spielten die in solgargrünen Trikots auftretenden Himmelblauen mutig nach vorn und hätten nach wenigen Minuten in Führung gehen können. Über die Stationen Slavov und Baumgart landete der Ball bei Koch, dessen wuchtiger Schuss jedoch nur die Lattenoberkante zu streicheln vermochte. Ein Großteil der 200 angereisten himmelblauen Anhänger bekam davon nichts mit, da die anwesende Polizei bei schweißtreibenden Temperaturen von mehr als 30 Grad unbedingt ihre Muskeln spielen und fleißig mit Pfefferspray um sich spritzen wollte. Ohne triftigen Grund wurden Fanclubfahnen aus den Händen der Besitzer gerissen, was einen intensiven Tumult mit einhergehenden körperlichen Übergriffen zur Folge hatte, bei dem ebenso Kinder und Frau rücksichtslos attackiert und teilweise sogar verletzt wurden. Leider ein bekanntes Erscheinungsbild bei Fußballspielen im Freistaat Bayern. …“
Logisch, dass sogleich nach etwaigen Bildmaterial gefragt wurde. Nein, dieses gibt es nicht. Der Grund ist klar. Fotografieren inmitten des Tumultes? Das Einkassieren der Speicherkarte oder gar eine vorläufige Festnahmen hätten die Folge dessen sein können. Eine Person tat dies dennoch, begann die indiskutablen Ereignisse zu filmen und wurde infolgedessen grundlos festgenommen. Nun muss er nun mit eben diesen und höchstwahrscheinlich einem mehrjährigen bundesweiten Stadionverbot leben, und das nur, weil er aussagekräftiges Bild-, sprich: Beweismaterial festhalten wollte... Rechte von Fußballfans und Fan-Fotografen? Im Freistaat Bayern ticken die Uhren ein wenig anders. Und wenn das USK ins Spiel kommt - dann guten Appetit - oder besser gesagt: Prost Mahlzeit…
Benutzer-Kommentare
Man hatte das Gefühl das da einige Möchtegernrambos ihre Abschlussprüfung bei der Polizeischule hatten.
Ich dachte mir eigentlich immer wir hätten andere Probleme im Land wo die Präsenz der Uniformierten vielleicht besser angebracht wäre.