Polonia Lüdenscheid, Polonia Braunschweig, Polonia Wuppertal, Polonia Bottrop - und einige mehr. Allesamt sind in den jeweiligen Kreisligen aktiv dabei, und da wurde es höchste Zeit, dass die polnische Fußballgemeinde in Berlin auch einen eigenen Verein ins Leben rief. Wie es funktionieren kann, von ganz unten in der Freizeitliga hoch in die Bezirksliga zu klettern, hatte der FK Srbija Berlin glänzend vorgemacht. 2010/11 hatte der FK Srbija noch in der Freizeit-Bezirksliga gekickt. In der Saison darauf wurde in der Staffel 4 der Kreisliga C gestartet. Als Tabellenführer ging es damals gleich eine Etage höher. Und auch in der Folgesaison wurde die Sache souverän gemeistert. Dem noch nicht genug, wurde der FK Srbija auch 2013/14 Meister in der Staffel 4 der Kreisliga A und darauf Zweiter in der Bezirksliga Staffel 1. Beim S.D. Croatia Berlin wurde bereits neugierig geschaut, was die rapide heran eilende Konkurrenz anstellt. Immerhin spielte der FK Srbija Berlin 2015/16 bereits in der Landesliga, und das gemeinsam mit namenhaften Vereinen wie Sparta Lichtenberg und Blau-Weiss 90 Berlin. Allerdings war hier erst einmal das Ende der Fahnenstange erreicht, als Vorletzter ging es zurück in die Bezirksliga. Sei es wie es sei, als Vorbild kann dieser Verein auf alle Fälle dienen.
FC Polonia Berlin bläst zur Jagd! In Hirschgarten wurden weitere Punkte erbeutet
In Juni 2012 hatten ein paar in Berlin lebende polnische Fußballfreunde die Initiative ergriffen und gründeten den FC Polonia Berlin. Zum ersten Treffen kamen sieben Personen, doch recht rasch nahm die Angelegenheit Fahrt auf, und bereits im Jahr darauf konnte eine Männermannschaft in der Freizeit-Kreisliga A angemeldet werden. Und siehe da, in jener Spielklasse gab es einen interessanten Gegner: So gab zwei Duelle mit dem Polnischen Olympia Club. Das eine Spiel gewann der Polnische Olympia Club mit 4:3, beim anderen hatte der FC Polonia mit 3:1 die Nase vorn. Während nach der Hinrunde der Polnische Olympia Club noch auf Rang eins zu finden war, standen am Ende beide Vereine auf den Plätzen vier und fünf.
Weitere Begegnungen gab es nicht, denn in der Folgesaison spielte der FC Polonia Berlin in der Freizeit-Bezirksliga. Gegner waren unter anderen der FC Britische Löwen II, Beach United und der FC Flughafen Tempelhof / SC Eichkamp. Ohne Niederlage wurde die Saison gemeistert, der FC Polonia Berlin war bereit für die Freizeit-Landesliga. Sport frei! Auch die Spielzeit 2015/16 wurde souverän heruntergespielt. Die damalige Bilanz: 17 Siege, zwei Unentschieden und nur eine Niederlage. 2016/17 wurde in der höchsten Berliner Freizeitliga gespielt. Gegner in der Freizeit-Verbandsliga waren Mannschaften, von denen einige vielleicht schon mal gehört haben: Der THC Franziskaner, der SV Traktor Boxhagen e.V., Medizin Friedrichshain und die Freizeitmannschaft des FC Hertha 03 Zehlendorf. Auch in dieser Spielklasse konnte sich der FC Polonia gut durchsetzen. 17 Siege in 24 Spielen sprechen eine deutliche Sprache.
Der FC Polonia Berlin war nun auf dem Sprung in den Spielbetrieb des BFV. Start in der Kreisliga C?! Grünes Licht? Im Prinzip ja. Allerdings wurde der Verband hellhörig, als er das Geschehen beim Finale des Holger-Blichmann-Pokals am 15. Juli 2017 sah. Etliche polnische Fußballfreunde, unter ihnen auch einige Anhänger des MKS Pogon Szczecin, hatte sich am Geländer versammelt und unterstützten ihre Mannschaft auf dem Platz. Das Finale wurde zwar mit 2:3 nach Verlängerung gegen RBC Berlin verloren, doch gefeiert wurde trotzdem. Hinter den Bannern erhob sich Rauch, einige Fackeln wurden angezündet. Der Berliner Fußballverband war alles andere als erfreut und forderte vom FC Polonia Berlin eine schriftliche Stellungnahme. Dem FC Polonia wurde in der Meldung vorgeworfen, dass „kein Vereinsverantwortlicher des FC Polonia zugegen war, der deeskalierend auf die Zuschauer einwirkte“, als diese sich vermummten und Pyrotechnik zündeten. Da der FC Polonia Berlin ab dieser Saison im ordentlichen Bereich des BFV spielt, bestanden für den Freizeit-Bereich keine adäquaten Möglichkeiten mehr, diese Vorfälle zu sanktionieren. Es drohte allerdings eine Suspendierung, wenn bis Ende Juli 2017 keine Stellungnahme eingetroffen wäre.
Die Wogen konnten jedoch geglättet werden, und die erste Mannschaft des FC Polonia Berlin startete wie geplant in ihre erste Kreisliga-Saison. Während in der Qualifikationsrunde des Berliner Pokals beim FC Phönix Amed (Kreisliga A) nicht angetreten werden konnte - es lagen noch nicht ausreichend Spielerpässe vor -, wurde in der Kreisliga C losgelegt wie die Feuerwehr. Am 27. August wurde mit 4:0 beim Wartenberger SV II gewonnen, am 10. September folgte ein 4:2-Sieg gegen den FC Viktoria 1889 Berlin II. Am vergangenen Sonntag ging es raus ins Grüne zum Auswärtsspiel bei den Kickers Hirschgarten II. Eine gute Gelegenheit, mit Kind und Kegel vor Ort bei einem Ligaspiel des FC Polonia Berlin dabei zu sein.
Kinderwagen gepackt, den Großen an die Hand, und ab mit S-Bahn und Straßenbahn nach Hirschgarten. Vor Ort musste erst einmal geschaut werden, wo überhaupt der Zugang zum Sportplatz Hirschgartendreieck zu finden ist. Erfreulicherweise konnte sich vor Ort an einer Luke mit Getränken und Snacks versorgt werden. Sicherlich keine Selbstverständlichkeit in der Kreisliga C. Also her mit der Kanne Bier und geschaut, wie sich die Männer des FC Polonia Berlin warm machten. Während die erste Mannschaft von Kickers Hirschgarten eine Liga höher gerade den SC Schwarz-Weiß Spandau II mit 17:0 von Platz fegte, dehnten sich die Polonia-Spieler wie die Profis. Bierbäuche? Typische Kreisliga-Kicker? Eine klarte Fehlanzeige! Stattdessen gibt es durchtrainierte Spieler zu sehen, die die Sache äußerst ernst angehen. Und so wunderte es nicht, dass ein Spieler der ersten Mannschaft einem der zweiten Mannschaft sagte: „Oha, ihr habt Polonia als Gegner? Na viel Spaß! Die sind körperlich robust!“
Auf dem von Wald eingerahmten Sportplatz, der sich auch in Polen befinden könnte, tat sich der FC Polonia Berlin am Anfang ein wenig schwer. Zwar war Polonia körperlich überlegen, doch der Ball wollte noch nicht richtig rollen. Das änderte sich jedoch mit zunehmender Spieldauer. Nachdem Jacek Krawczuk nach knapp einer halben Stunde den Knoten platzen ließ, lief es rund beim FC Polonia. Zehn Minuten später erhöhte Konrad Cudny auf 2:0 für die Gäste. Allerdings besorgte kurz vor der Pause Martin Wraase den 1:2-Anschlusstreffer für die Kickers Hirschgarten II. Während in der Pause die Gastgeber mal schnell in die Kabine verschwanden, blieben die Gäste gleich am Spielfeldrand im Schatten sitzen.
Im zweiten Spielabschnitt hatte der FC Polonia Berlin keine Probleme mehr. Während die erste Mannschaft der Kickers in der Sonne ihr wohl verdientes Bierchen trank, musste die zweite Mannschaft nun zu sehen, dass die Niederlage nicht allzu empfindlich hoch werden würde. In der 54. Minute zeigte Schiedsrichter Karsten Nowak auf den Punkt. Elfmeter für Polonia. Aber welcher Punkt? Es gab keinen Punkt. So wie es auch keine Linien gab. Nur die Plastikstäbe am Spielfeldrand zeigten an, wo der Strafraum in etwa beginnen könnte. Der Elfmeterpunkt wurde vom Schiedsrichter vor Ort ausgemessen, im Anschluss übernahm der Polonia-Torwart Kamil Szymon Rybacki das Zepter und lochte souverän ein. Das Spiel nahm nun seinen Lauf, in der Folgezeit trugen sich noch Krzysztof Szmaglinski, Mateusz Ireneusz Kuras (2 Treffer), Dominik Cyryl Drabik und Marek Klimek in die Torschützenliste ein. 1:8 der Endstand, unter dem Strich eine völlig klare Angelegenheit. Nach Abpfiff wurde sich gesammelt und im Tor noch ein Gruppenbild angefertigt. So viel Ordnung muss sein, die Unterstützer des Vereins möchten schließlich auch ihr Material bekommen.
Weiter geht es am kommenden Sonntag mit einem Heimspiel gegen BW Hohenschönhausen II, am 01. Oktober steht das Spitzenspiel beim FC Karame an. Wo die spielen? Auf dem „Gummiplatz“ des Poststadions in der Lehrter Straße 59. Eigentlich eine gute Gelegenheit, auch dort vorbeizuschauen…
Fotos: Marco Bertram, Heile unterwegs, Michael