50 Jahre ist es her, dass Union Berlin seine einzige nationale Trophäe (von der Meisterschaft der 3. Liga abgesehen) feiern konnte - den FDGB Pokal. Als Außenseiter bezwangen wackere Eiserne die hoch favorisierten Jenaer Ligameister mit 2:1. Der Fußballgott wollte wohl, dass zum Jahrestag dieses Ereignisses erneut ein Pokalpflichtspiel zwischen den beiden Mannschaften stattfindet, wenn auch am Anfang und nicht am Ende des Turniers. Sei es drum, die Vorfreude war angesichts der Historie groß. Wegen des Jubiläums hatten beide Clubs schon ein Vorbereitungsspiel an der Alten Försterei vereinbart und sagten es auch nicht ab - doppelt feiern hält besser.
Pokalspektakel im Paradies: Union Berlin zieht nach 4:2 Erfolg gegen Jena in Runde 2 ein
Jena konnte den Eisernen im Juli zu Beginn der Vorbereitung ein 1:1 abknöpfen. Klar, dass ein Pflichtspiel für im Saft stehende Mannschaften noch mal etwas anderes ist. Union holte vier Punkte aus zwei Ligaspielen, inklusive eines beachtlichen 1:1 beim Ligafavoriten in Köln. Jena holte aus vier Drittligaspielen immerhin 7 Punkte.
Auf dem Papier las sich diese Paarung wie eine Kopie der leidvollen jüngsten Berliner Pokalhistorie: während viele Bundesligisten sich scheinbar mühelos durch Runde eins tantzten und potenzielle Torschützenkönige bereits in diesem Spiel die Hälfte ihrer Tore einnetzten, flog Union fünf von neun Malen seit dem Wiederaufstieg in Runde 1 raus, meist gegen bissige Regionalligisten. In den letzten beiden Jahren zog der Club immerhin in Runde 2 ein, unterlag dann aber bei gut aufgelegten Erstligisten. Nur einmal ging die Reise bis ins Achtelfinale doch bei diesem letzten Pokalheimspiel 2013 gingen die Rot-Weißen mit 0:3 gegen den damaligen Ligakonkurrenten 1. FC Kaiserslautern baden. Unions Pokal-Karma schien immer noch aufgebraucht von 2001, als es bis ins Finale ging (0:2 gegen Schalke 04).
An diesem Pokalwochenende hagelte es bereits Überraschungen: mit Eintracht Frankfurt sagte nach 22 Jahren das erste Mal wieder der Vorjahressieger in Runde eins tschö, zudem besiegten wackere Rostocker Hanseaten den VfB Stuttgart. Auch die Zweitligisten St. Pauli, Dresden, Bochum und Regensburg mussten sich geschlagen geben.
Berechtigte Hoffnungen also für die Jenenser, denen vor drei Jahren ja auch mal so ein Coup gelang: sie besiegten den Hamburger SV. Aber in diesem Jahr hatte der Fußballgott wohl schon genug Überraschungen verteilt. Jena schied trotz aufopferungsvollen Kampfes aus. Für die Unioner war das Spiel aber kein Zuckerschlecken, sie mussten hart dagegen halten. Besonders in der Anfangsphase bzw. der gesamten ersten Halbzeit waren die Hausherren giftig und gefährlich. Mussten sich aber auch eine schlampige Defensive vorwerfen lassen. Zwei Mal fanden Flanken von Unions Christopher Trimmel Köpfe seiner Mitspieler und zwei Mal klingelte es: erst durch Sebastian Andersson zur frühen Führung, dann durch Felix Kroos zum 2:1. Jena hatte vorher durch Maximilian Wolfram ausgeglichen. Kurz vor der Halbzeit sorgte dann ausgerechnet der doppelte Berliner Vorlagengeber Trimmel für den erneuten Ausgleich. per Eigentor
Damit waren alle bereits gedanklich in der Halbzeit, inklusive der Carl-Zeisser Spieler. Das bestraften die Gäste - Union stibitzte einen zu kurz geratenen Rückpass des Keepers, Akaki Gogia dribbelte sich in den nahegelegenen Strafraum und wurde gefoult. Elfmeter! Das Heimpublikum fühlte sich betrogen und machte seinem Unmut laut Luft. Unions Schütze Simon Hedlund ließ sich dadurch nicht beeindrucken, er schob cool und sachte unten rechts ein, während Torhüter Jo Coppens sich für die andere Ecke entschied.
Mit 3:2 ging es in die Pause - was für ein Hin und Her, was für eine Spannung! Und das traf auch für die Ränge zu. Kurz vor Anpfiff gab es eine Konfetti-Choreo in allen Heimbereichen, angereichert durch Rauch und Bengalos im Jenaer Block. Viel faszinierender ist im Ernst-Abbe-Sportfeld aber die Anordnung der Blocke. In vielen Stadien sind Gäste und aktive Heimfans an entgegen gesetzten Enden untergebracht. Je nach Gesamtakustik erzählen sich die beteiligten Parteien dann im Nachhinein, sie hätten die anderen ja gar nicht hören können. Hier liegen beide Blocke direkt nebeneinander und verursachen eine wahre Kakophonie an Gesängen und Schlachtrufen (darunter auch ein gemeinsamer Wechselgesang zu Ehren des DFB). In diesem Spiel ging dies über die vollen 90 Minuten. Eine wahre Dröhnung, zumal die anderen Heimbereiche ebenfalls oft von sich hören ließen und das Sportfeld in einen kleinen Hexenkessel verwandelten.
In Halbzeit zwei gab es jedoch weniger Torjubel. Nur noch einmal netzte Union ein - Simon Hedlund vollendete einen Konter etwa 20 Minuten vor Schluss und versetzte den Hausherren damit den Knock-Out. Beide Teams erspielten sich im Verlauf des zweiten Durchgangs noch gute Möglichkeiten, der Ball berührte auch mal das Alumnium hier und da, aber Zählbares sprang nicht mehr dabei heraus.
Jena kämpfte mit Leidenschaft, Union nutzte kühl seine Chancen und schien gegen Ende auch mehr Kraft zu haben - somit verdienten sich die Eisernen ihr Weiterkommen. Gegen wen und wo sie antreten steht am Abend des 26. August fest - dann ist die Auslosung der zweiten Runde.
Bericht: Felix
Fotos: Felix