Im deutschen Fußball gab es über die Jahre hinweg auch einiges gesehen. Platzstürme, fliegende Leuchtkugeln, eingetretene Werbetafeln. Kommt es für einen Verein sportlich richtig dicke, brennen bei der Anhängerschaft schon mal die Sicherungen durch. Doch solch ein Akt wie am Dienstagabend im Belgrader Partizan-Stadion wäre hierzulande undenkbar. Nicht, dass den deutschen Ultras solch eine Handlung nicht zuzutrauen wäre, vielmehr würde in Deutschland kein Fußballspieler dabei so ruhig stehen bleiben. Was genau passiert war? Der Reihe nach.
Partizan Belgrad: Aus in der Champions League, Kapitänsbinde abgenommen
HotIn der dritten Qualifikationsrunde der UEFA Champions League hatte es der serbische Meister FK Partizan mit dem bulgarischen Vertreter PFC Ludogorets Razgrad zu tun. Bereits das Hinspiel in der Ludogorets Arena ging vor rund 6.000 Zuschauern mächtig in die Hose. Und dabei fing es aus Partizan-Sicht wirklich passabel an. In der 49. Spielminute hatte Sasa Markovic die Gäste aus Belgrad in Führung gebracht. Allerdings konnte Marcelinho (Marcelo Nacimento da Costa) nur fünf Minuten später zum 1:1 ausgleichen. Dem nicht genug erzielte Mihail Aleksandrov in der 67. Minute das 2:1 für Razgrad. Keine Frage, in dieser Partie ging es zur Sache. Insgesamt zehn gelbe Karten und einmal Gelb-Rot für den Partizan-Spieler Milos Jojic sprechen eine deutliche Sprache.
Mit einem geschossenen Auswärtstor in der Hand, müsste jedoch das Weiterkommen daheim im Partizan-Stadion zu schaffen sein. Immerhin 22.312 Zuschauer hatten sich eingefunden, als das irische Schiedsrichtergespann um Alan Kelly das Rückspiel anpfiff. Es wollten jedoch einfach keine Treffer auf Heimseite fallen. Da half selbst der hübscheste Fallrückzieher nicht. Der Ball ging am bulgarischen Gehäuse vorbei. Möglichkeiten gab es zuhauf. Eine Freistoßverlängerung wurde aus dem Winkel gefischt. Ein anderes Mal rettete der bulgarische Keeper sogar mit dem Kopf. Es war zum Haareraufen – und das taten die Partizan-Spieler auch etliche Male. Und dann noch das! Elfmeterpfiff kurz vor Schluss und die Rote Karte für Nikola Gulan. Hristo Zlatinski atmete ganz tief durch, nahm Anlauf und versenkte den Ball sicher im Partizan-Gehäuse.
1:0 für die Gäste aus Razgrad! Daran sollte sich auch nichts mehr ändern. Der FK Partizan war ausgeschieden. Riesiger Jubel bei den wenigen mitgereisten Razgrad-Fans. Fassungslosigkeit unter den Partizan-Fans. Ratlos trotteten die Spieler nach Abpfiff zur Heimkurve. Einer wollte direkt an der Alcatraz-Zaunfahne sein Trikot abgeben. Doch dieses Trikot wollte niemand haben. Stattdessen sprang der Capo in den Innenraum, lief schnurstracks auf den Mannschaftskapitän Marko Scepovic (zuvor in der 68. Minute ins Spiel gekommen) zu und nahm diesem kurzerhand die Kapitänsbinde ab. Anschließend noch eine kurze Ansage, dann lief der Capo seelenruhig zurück zur Kurve, um vor dieser demonstrativ Aufstellung zu nehmen.
Während für den FK Partizan nun die Champions-League-Saison bereits beendet ist, darf sich der PFC Ludogorets Razgrad in der play-off-Runde nun auf den FC Basel freuen. Allerdings gibt es für Partizan einen Trostpreis. Denn nun darf immerhin in den play offs der Europa League mitgemacht werden. In dieser steht als nächster Gegner der FC Thun bereit. Keine Hintertür gibt es indes für den Erzrivalen Roter Stern Belgrad. Nach der 1:3-Niederlage im Hinspiel bei Chernomorets Odessa wollte im Rückspiel im heimischen Stadion ebenfalls kein Treffer gelingen. Die logische Folge: Das komplette Aus im Europapokal!
Fotos: Jörg Pochert (Archivaufnahmen)