Wat? Ja genau richtig gelesen! Wer RWE-Fan ist und alle zwei Wochen seine Freizeit an der Essener Hafenstraße verbringt, der bringt neben seiner anscheinenden überaus ausgeprägten Leidenschaft für fußballerischen Schmerz, auch eine gesunde Portion Optimismus mit. Muss auch, denn anders ist es nicht zu erklären, dass sich auch heute gut 4.000 Fans ins Stadion (offiziell: 5.897) bewegt haben, um das vorletzte rot-weisse (miserable) Saisonkapitel über sich ergehen zu lassen. Während man unter der Woche von spektakulären Europapokalnächten geradezu geflasht wurde, kam der harte Absturz pünktlich ab 14 Uhr im RWE-Tagesgeschäft Regionalliga.
Rot-Weiss Essen: Letztes Heimspiel vor der Aufstiegssaison
Das letzte Heimspiel einer Saison die euphorisch für Rot-Weiss Essen begann: Nach sechs Spieltagen Tabellenführer und fünfstelligen Zuschauerzahlen an der Hafenstraße. Der absolute Wahnsinn. Alle träumten vom Aufstieg, bis am 8. September der Absturz in Bedeutungslosigkeit der Regionalliga begann. Wieder einmal. Statt um den Aufstieg mitzuspielen ist die Saison schon lange gelaufen. Heute war der SC Wiedenbrück zu Gast (anders als beim letzten Besuch ohne eigene Fans). Der Klub hoffte auf einen Auswärtsdreier und der minimalen Chance auf den Klassenerhalt. Nur eines sollte sich für die Ostwestfalen erfüllen.
Nämlich: Mal wieder einen einfachen Dreier an der Hafenstraße. Schon Routine für die Gäste. Den 2:1 Siegtreffer markierte übrigens Kamil Bednarski, der in der letzten Saison noch bei Rot-Weiss Essen spielte dann nach Wuppertal wechselte und dann wieder zurück nach Wiedenbrück. Als er ausgewechselt wurde, bekam er sogar von einigen Essener Fans Applaus. Kurz zum Spiel: Während die erste Halbzeit eher chancenarm war, gestaltete sich die zweite Halbzeit etwas flotter, vor allem aus der Sicht der Gäste, die dann aber ohne eigene Berührung in Führung gehen durften. Denn: In aller Aufregung bugsierte der Essener Boris Tomiak den Ball in der 48. Spielminute ins eigene Tor. Das Spiel wurde nicht besser, aber der Fußball schreibt halt manchmal seine eigene Geschichte und zwar in der 67. Spielminute mit der Marke „Traumtor“ (zum zwischenzeitlichen 1:1) erzielt von Timo Brauer, der vom Verein keine Vertragsverlängerung bekommen hat und dem das Schicksal des erfolgsorientierten Umbruchs ereilte.
Vor dem Spiel zusammen mit Timo Becker, Tolga Cokkosan, Nicolas Hirschberger, David Jansen, Lukas Raeder, Ismail Remmo, Lukas Scepanik und Robin Urban vom Verein offiziell verabschiedet, setzte Brauer nochmal einen Glanzpunkt vor der „West“, die sein Engagement für den Verein ab der 70. Spielminute mit Sprechchören „außer Timo könnt ihr alle gehen“ würdigten und entsprechend die Spielleistung der restlichen Spieler herabwürdigte. Irgendwie zu Recht. Es war ein wie so oft in dieser Saison abgespulter liebloser Hafenstraßen-Grottenkick, der eigentlich keine gute Werbung in Sachen Dauerkarten Verkauf für die neue Saison machte. Manch einer hatte beim Halbzeitkick zwischen zwei Grundschulteams mehr Laufarbeit gesehen, als beim RWE im Pflichtspiel.
Aber alle Kritik zum Trotz, es geht voran im Verein durch die engagierte Arbeit der Verantwortlichen und das ist gut so und vor allem ein Lichtblick am Ende des Regionalligatunnels. Was möglich ist, hat man Anfang der Saison gesehen: Essen ist Rot-Weiss. Also dann die aktuelle Spielzeit einfach abhaken und dann (fast) neu formiert durchstarten. Denn die neue Saison steht unter dem Zeichen „Aufbruch“. Nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch personell wird sich einiges tun. So kommt mit Jörn Nowak ein neuer sportlicher Leiter vom Konkurrenten Oberhausen. Jürgen Lucas, der viel Positives in den letzten Jahren bewegt hat und immer da war wo es "brannte", hört auf eigenen Wunsch auf und wurde entsprechend und völlig berechtigt gebührend vom Verein (Vorstand Marcus Uhlig) und den Fans (mit Spruchbanner) verabschiedet. Aber auch Spieler deren Verträge auslaufen müssen gehen, damit Neue den Aufbruch schaffen. Anderen wird nahegelegt sich einen neuen Vertrag zu suchen. Ähnlich wie beim Verkauf der Saison-Fanartikel heute vor dem Stadion zu günstigen Konditionen der Platz machen für neue Artikel, soll in der kommenden Saison neue sportliche Ware (Spieler) den Schub in Richtung Liga 3 bringen. Mit Dennis Grote (vom Chemnitzer FC) und Marco Kehl-Gómez vom FC Saarbrücken wurden schon zwei neue Spieler verpflichtet, weitere werden folgen.
Dem Angriff auf Tabellenplatz 1 in der Saison 2019/2020 und der dann folgenden (letzten) Relegation zur dritten Liga stehen dann noch ein paar Teams mit ähnlichen Ambitionen im Weg. Je nachdem wer das Rennen in dieser Saison noch macht: Viktoria Köln oder Rot Weiß Oberhausen. Dazu dann sicherlich die zweite Mannschaft des BVB und die Absteiger Fortuna Köln und (evt.) Sportfreunde Lotte. Aber Optimismus voraus, das wird, denn schlechter geht es einfach nicht. Interessant wird die kommende Runde allemal, steigen doch mit der U23 von Schalke 04, dem TuS Haltern (eventuell) und dem VFB Homberg aus Duisburg interessante Gegner für interessante Auswärtsspiele auf.
Während die Homberger beim Heimspiel gegen Rot-Weiss Essen auf die MSV Arena ausweichen, ist es bei den „Blauen“ noch nicht klar wo die Heimspiele in der Regionalliga ausgetragen werden. Der „Rasenplatz am Parkstadion“ wird dafür sicherlich nicht ausreichen, aber die „Mondpalast-Arena“ in Wanne Eickel, rockt auch keinen mehr hinterm Sofa hervor. Bleibt zu hoffen, dass die Stauseekampfbahn in Haltern auch in der Regionalliga bespielt werden darf. Das wäre für die Fans aus Essen eine sehr idyllische Tour in die Seestadt. Wahrscheinlicher ist hier aber, dass die Spiele ebenfalls in Wanne-Eickel oder im Stadion am Schloß Strünkede (Kunstrasen) in Herne stattfinden.
Ok, es ist noch ein Spiel für Rot-Weiss Essen in dieser Saison zu gehen. Am kommenden Samstag bei der U23 von Düsseldorf. Der Blick geht aber nach vorne, voller Optimismus in die Aufstiegssaison, die am 26. Juli startet ;-)
- Stadion an der Hafenstraße