Zehn Jahre („neuer“) Tivoli und was gibt es da besseres, als pünktlich zum Jubiläum ein Pokalmatch im Aachener Stadion auszutragen, in dem auch schon die eine oder andere Pokalschlacht (wie beim „alten“ Tivoli ) geschlagen wurde. Dem Regionalligisten, der sich durch den Gewinn des Mittelrheinpokals für die erste Runde des DFB-Pokal qualifizierte, wurde der Champions League-Teilnehmer Bayer 04 Leverkusen zugelost. Kein schlechtes Los, dachten sich die Aachener und ausverkauften den Tivoli in kürzester Zeit. Damit ist (war) das Stadion in seiner noch jungen Geschichte zum fünften Mal ausverkauft (30.861Zuschauer).
Alemannia Aachen vs. Bayer 04 Leverkusen: Starkes Pokalmatch auf Rasen und Rängen
Auch die Fans von Bayer 04 Leverkusen hatten daran ihren Anteil: Gut 4.000 ließen es sich nehmen wieder einmal für ein Pokalspiel nach Aachen zu fahren (das letzte Mal am 31.Oktober 2000), davon der größte Teil in einem Mottoshirt mit dem Schriftzug „Leverkusen – Rheinland“. Wie sich die Fußball- und Fankultur doch gewandelt hat: Vor 28 Jahren, als Marco und ich mit Leverkusen in einem kurzen Zeitraum die Stadien der Republik und in Europa besuchten, waren wir außer bei den naheliegenden Spielorten nie mehr als zwei Busladungen und auch nach Aachen hätte sich damals wohl eher nur eine kleine Truppe aufgemacht. Gut, insgesamt war der Zuschauerzuspruch in den Ligen nicht so hoch, aber Spaß hatten wir trotzdem, vor allem bei den Europatouren (Eigenwerbung: nachzulesen im Buch-Klassiker „Zwischen den Welten“ von Marco Bertram und diversen Artikeln).
Heute ein ganz anderes Bild: Ein strammer Ultra bestimmender Support, bei dem nicht nur eine Handvoll Halbwüchsiger ihr „Tralala“ abdudeln, sondern der ganze Gästebereich ob Jungspund oder „Oldschool Fraktion“ auch bei nicht so gängigem oder spaßigem Liedgut (z.B. „Bierbörse, ale, Bierbörse ale“) mitzieht, ebenso wie bei der Präsentation der Choreo. Klar, eigentlich keine Erwähnung wert, da dies in vielen Stadien und bei vielen Vereine ebenso gleiche (ja fast Routine) ist, für mich der den Verein auch aus einer andere Zeit kennt, aber an dieser Stelle eine skurille Zeitreise und (wenn auch nur für mich) etwas Besonderes.
„Alemannia ist nicht nur einmal im Jahr“, mit diesem Spruchband hat die Aachener Fanszene recht. Auch Regionalligafußball lohnt, trotzdem kamen zum ersten Ligaspiel nur 5.700 Zuschauer in den Sportpark Soers. Klar, Pokal ist anders und zieht mehr, das wissen auch die Aachener Fans, die mit einem Marsch vom Aachener Markt zum Stadion (ca. 2,3 Kilometer) ihren Pokalnachmittag starteten und dann mit eine sehenswerte Tribünenchoreo „Sevilla bis Athen, hab mit Dir die Welt gesehen - Lasst es nochmal geschehen“ in das Spiel gingen.
Das Spiel, vom Papier im Vorfeld eine klare Sache: 4. Liga gegen 1. Liga. Aber von wegen. Aachen startete „giftig“ und wollte vor allem mit Kontern und Fernschüssen Zeichen setzen, brachte sich dann aber in der 19. Spielminute um den Lohn der Arbeit: Eigentor durch Peter Hackenberg. Aachen versuchte leichte Nadelstiche zu setzen, aber Leverkusen ganz abgeklärt erhöhte auf 2:0 durch Kevin Volland. Das Spiel schien gelaufen, dachte sich auch die Werkself. Falsch gedacht: Bei einem schön gespielten Konter erzielte der Aachener Batarilo den 1:2 Anschlußtreffer und verwandelte den Tivoli in ein Tollhaus. Aachen war am Zug und hatte fast den Ausgleich auf dem Fuß, aber den Angriff verstolperten die Kartoffelkäfer. Mit zunehmender Spieldauer bekam die Werkself die nötige Ruhe und Abgeklärtheit zurück und konnte dann durch Bailey in der 72. Spielminute und 88. Spielminute durch den in Aachen geborenen Harvertz erhöhen.
Klar, das Spiel war entschieden, aber mit dem 1:4 verließen einige Aachener Fans das Stadion fast im Eiltempo. Ich werde es nie verstehen, warum Zuschauer sich überhaupt ein Ticket kaufen, wenn sie dennoch fünf Minuten (manchmal sogar zehn) vor Schluss gehen, nur um schneller zu Hause zu sein. Man geht ja auch nicht im Kino fünf Minuten vor Filmende. Okay, wenn das Spiel schlecht ist, könnte man darüber nachdenken, aber die Aachener Mannschaft hat alles gegeben, mehr war halt nicht drin. Applaus sollte sie dafür schon bekommen. Für Aachen geht es nun in der Regionalliga weiter, während für Leverkusen in der kommenden Woche die 1. Liga beginnt.
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