Wir steigen auf, Wir steigen auf, Und wir haben das blau-weiße Licht bei der Nacht, Und wir haben das blau-weiße Licht bei der Nacht, Wir steigen auf, Wir steigen auf! Um 17:20 Uhr am gestrigen 23. Mai war es soweit, was die Fans schon seit Wochen nach der Melodie des Steigerliedes sangen: Der VfL Bochum steigt nach elf langen Jahren Abstinenz endlich wieder in die erste Bundesliga auf. Pure feucht-fröhliche Ekstase rund um das Ruhrstadion mit viel blau-weißem Rauch und Lichtern. Nur die Polizeieinsatzkräfte hatten etwas gegen die „feurige“ Party und versuchten immer wieder das Leuchten teils sehr rabiat „auszupusten“. Aber erst einmal von vorne.
VfL Bochum steigt in Bundesliga auf: Fans feiern friedlich, Polizei eskaliert!
HotAlso kurz ganz von vorne, also nicht das Jahr 1848, sondern 2010: Ganz Bochum im Tal der Tränen, als am letzten Spieltag am 8. Mai im direkten Duell mit Hannover 96 der Abstieg besiegelt wurde. Bereits kurz nach der ersten Halbzeit wurde mit einem 3:0 Rückstand das Ticket für die zweite Bundesliga gebucht. Dabei war man kurz noch dran, aber Pech für Bochum das der Schiedsrichter Manuel Gräfe (der jetzt seine Karriere beendet hat) ein Foul an Maltritz im Strafraum nicht sah und der fällige Elfmeterpfiff ausblieb. Es ging runter und das für ganze elf Jahre zwischen Wieder-Aufstiegsträumen (2021, 2018, 2016, 2011), Mittelfeld Gekicke (2020, 2019, 2017, 2015, 2012) und der Angst vor dem Abstieg in die dritte Liga (2014, 2013). Aber gestern wurde der Traum Wirklichkeit.
„Wir steigen auf, wir steigen ab und dazwischen UEFA-Cup!“ Eigentlich hätte der VfL Bochum schon in der Vorwoche mit einem Sieg in Nürnberg alles klar machen können, so verschob sich das Aufstiegsdrama auf den letzten Spieltag. Ein Unentschieden hätte den Bochumern gereicht, egal wie die Konkurrenz (Holstein Kiel zu Hause gegen Darmstadt und Fürth gegen Düsseldorf) spielte. Die Polizei und auch der Verein forderte die Fans auf nicht zum Stadion zu kommen, aber kaum einer hielt sich daran. Am Anfang waren es wenige die vor dem Stadion an der Tankstelle standen. Schon früh wurde aber das komplette Stadion förmlich abgeriegelt, so dass am späten Nachmittag auch keine Autos mehr durchfahren durften.
Die meisten VfL Bochum Fans sammelten sich auf dem nahegelegenen Kirmesplatz an der Castroperstraße und feierten schon vor Anpfiff ausgiebig und ausgelassen mit mitgebrachten Getränken, Konfetti und Pyromaterial. Die überschwängliche Freude auf das Bevorstehende überwog dem, was sich am Rand des Kirmesplatzes zusammenbraute. Die Polizeikräfte zogen auf und soviel war klar: Diese hatten keine Lust auf Feiern, sie hatten eher Bock auf was anderes. Seit über einem Jahr Fußball ohne Fußballfans, da kann man schon etwas aus dem Training kommen, da kann sich natürlich schon etwas anstauen. Natürlich war es richtig von den Einsatzkräften den Stadionbereich abzusperren, denn die Masse an Fans (am Ende über 7.000) hätte dort unter den Corona Vorschriften nicht feiern können. Aber Abstand halten war dann am späten Nachmittag auch so nicht mehr gegeben.
So startete die Party auf dem Kirmesplatz. Während die anderen Teams gleich zu Beginn etwas schwächelten, legte Bochum früh mit einem ersten Tor vor. Der Jubel kannte kein Grenzen und das eine oder andere „blau weiße Licht“ wurde entzündet und ging kurz danach wieder aus. In aller Freude und Party tauchten die Polizeikräfte in kleineren Trupps auf und zog sich die „Zündler“ sehr rabiat aus der Menge heraus. Die Fans (Teenager bis Personen älteren Jahrgangs) wurden förmlich wie Schwerverbrecher abgeführt oder teilweise weggeschleift, obwohl diese keine Gegenwehr leisteten. Auch sonst gab es unter den feiernden „normalen“ Fans zu diesem Zeitpunkt keine Gegenwehr. Das zahlreiche Medien dann später von Ausschreitungen in ihren Berichten schreiben ist abenteuerlich und absurd. Laut Lexikon-Definition bedeutet das Wort Ausschreitungen: „Übergriff, Gewalttätigkeit“, aber die Fans waren zu diesem Zeitpunkt alles andere als gewalttätig im Gegensatz zu der Polizei, die alles dafür tat und auch Unbeteiligte zu Boden stieß um die „Pyro-Freunde“ dingfest zu machen.
Trotz der rabiaten Vorgehensweise der Polizei eskalierte die Situation nicht, die Feierlichkeiten gingen weiter, obwohl der VfL Bochum zwischenzeitlich sogar den Ausgleich kassierte. Am Ende machten die „Blau Weißen“ aber ihre Hausaufgaben und besiegten den Abstiegskandidaten SV Sandhausen mit 3:1 und holten sich auch den Spitzenplatz in der zweiten Liga. Grenzenloser Jubel auf dem Kirmesplatz, der sich nun rasch leerte. Die Fanmasse strömte auf die Kreuzung „Castroperstr./Stadionring/Gerstenring“ in Richtung Stadion. Versuche die Absperrungen zu durchbrechen gab es aber nicht. Fans kletterten auf Straßenschilder und die Stimmung wurde feurig. Die Polizeikräfte versuchten weiterhin ihre Taktik, einzelne Fans wegen des Anzündens von Pyrotechnik zu kassieren, anstatt sich darum zu kümmern den Bereich um die Kreuzung zu sichern.
So kam es, dass einige hundert Fans plötzlich in Richtung RuhrCongress liefen, um sich einen Weg zum Stadion zu bahnen. Die Polizei ein wenig überrumpelt, fackelte nicht lange und teilte hier und da mit einem Ellbogencheck aus und wollte die Fans stoppen. Einige wenige unbelehrbare Fans warfen Flaschen und Pyrotechnik und das geht trotz allem Frust über die Art des Polizeieinsatzes nun mal überhaupt nicht. Diese Fans sollten natürlich identifiziert werden und ihre gerechte Strafe erhalten, keine Frage. Die Polizei schaffte es einen Durchbruch am RuhrCongress zu verhindern und die Fanmasse verteilte sich auf dem Kreisverkehr in Höhe der Küpperstraße und setzte dort die Party fort. Keine glückliche Wahl dieses Standortes, da so die Zufahrt und der Zugang zum Impfzentrum blockiert wurden. So mussten sich die „Impflinge“ den Weg durch die feiernden und teilweise stark angetrunkenen Fans bahnen. Die Polizei versuchte die Masse langsam wieder zurück in Richtung Kirmesplatz zu bewegen, was am Ende auch gelang.
Kurz vorher durfte dann noch die „aktive“ Fanszene des VfL Bochum, die vorher von der Polizei festgesetzt und nun von dieser begleitet wurde, die Castroperstraße hoch in Richtung Feierzone marschieren. Direkt angekommen entzündeten die Ultras direkt ein Freuden-Feuerchen mit Fackeln, was die Polizeikräfte wie schon in den Stunden zuvor diesmal aber mit einem noch massiveren und aggressiveren Einsatz unterbinden wollten. Anders als aber zuvor blieb diesmal die Gegenwehr der Fans nicht aus. Es kam zu kleineren einige Minuten dauernden Scharmützeln auf dem Kirmesplatz zwischen den Anhängern und der Polizei. Am Ende beruhigte sich die Lage. Die Polizei begann dann am frühen Abend das Gebiet zu räumen und die Feierwilligen zogen friedlich ab in die Innenstadt.
Die Polizei übermittelt in ihren Pressemeldungen (was absurderweise von vielen Medien ungeprüft übernommen wurde) zu den Feierlichkeiten ein Fazit, als hätte es wüste Krawalle gegeben und untermalt dies mit einem Pressefoto von einer mit Flaschen, Pyroresten und sonstigem Abfall übersäten Kreuzung, das scheinbar wie eine Bestätigung wirken soll. Ja es sieht auf den ersten Blick aus wie ein Schlachtfeld und suggeriert eine gewaltige Straßenschlacht bei dem durchgehend Flaschen geworfen wurden, aber dem war nicht so. Natürlich geht, wenn 7.000 Fans feiern und viele ihr eigenes Kaltgetränk in Kisten mitbringen, so einiges zu Bruch oder bleibt liegen, das konnte man schon ahnen. Nicht jeder nimmt leider seinen Müll mit und die vielen Flaschensammler können ja auch nicht die Arbeit der Stadtreinigung übernehmen schon gar nicht wenn es um Glasflaschen geht.
Aber richtig ist auch, das es sowohl bei den Fans, als auch bei den Einsatzkräften Fehlverhalten gab. Es gab die wenigen unbelehrbaren und unsäglichen Fans, die Flaschen und Pyrotechnik ohne Rücksicht warfen. Es gab aber die Polizeikräfte, die über die Strenge schlugen und mit Härte auch gegen teils unbeteiligte Fans vorgingen.
Fazit: Im Großen und Ganzen war es trotzdem ein friedliches Fußballfest der VfL Bochum Fans.