Fast im Schlamm versunken und von Rentern gemustert – Testspielerfahrungen in Szreniawa

Fast im Schlamm versunken und von Rentern gemustert – Testspielerfahrungen in Szreniawa

Das unbedeutend klingende Szreniawa, direkt neben Poznań, unweit der A2-Autobahn gelegen, wird wohl in Wielkopolska unter den ersten zehn Dörfern sein, die trotz ziemlich kleiner Ausdehnung ziemlich viel zu bieten haben. In meiner Anfangszeit ging Szreniawa immer. Nationalpark, Badesee, Mausoleum – Was will man mehr? Und da geht auch wirklich sogar noch mehr, denn der Ort beheimatet noch Polens größtes Landwirtschaftsmuseum. Das klingt anfangs nicht so spannend, weshalb ich das lange vor mich hingeschoben habe, aber am Ende brachte ich dort gute vier Stunden zu. 

Neben Ausstellungsstücken, die sich wirklich in Qualität, Alter und Größe sehen lassen können, gibt es für einen ziemlich schmalen Taler außerdem noch eine Gaststätte, viele lebendige Tiere sowie Vorführungen (z.B. Backen von Brot). Das Museum betreibt außerdem noch das alte Mausoleum aus deutscher Zeit, das als Aussichtsplattform hergerichtet wurde. Auch das kann man, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, empfehlen.

 

Was dem Ort bisher jedoch fehlte, war ein Sportplatz. Im letzten Winter fand ich einen kleinen Hinweis auf ein Testspiel und vor allem darauf, dass dort überhaupt ein Platz gebaut wurde. Eine Ansetzungsseite für Testspiele gibt es weiterhin nicht (immerhin eine Übersicht zu bereits ausgetragenen), so blieb mir nichts Anderes übrig, als die Vereinsseiten der umliegenden Vereine zu prüfen. Szreniawa selbst hat keinen Verein. Grom Plewiska, was gleich um die Ecke liegt, forderte hier Tarnovia Tarnowo heraus, welches es auch nicht so weit bis hierher hat. Plewiska spielt in der 6. Liga (Gruppe II) mit angenehm klingenden Namen wie Meblorz Swarzędz, Dyskobolia Grodzisk und Orkan Konarzewo. Tarnovia spielt eine Klasse höher. Beide Dörfer eint die Tatsache, dass hier ziemlich viel Geld im Spiel ist. Sowohl Plewiska als auch Tarnowo haben sich Stadien gebaut, von welchen z.B. Berliner Speckgürtelvereine nur träumen können. 

 

Falls es mal doch unerwartet höher hinausgehen sollte, wären beide mit modernen Tribünen und professionellen Gästeblöcken ausgestattet. Die Ausstattung in Szreniawa ist noch nicht komplett. Der Platz hat eine dreistufige Tribüne, Kunstrasen und ziemlich gutes Flutlicht zu bieten. Das war es dann aber schon. Die Zufahrt samt Parkplatz war morastig bis sumpfig. Und schon steckte ich fest. Einen Gruß an Greta, das Gaspedal durchgedrückt – noch einmal Glück gehabt! Das Funktionsgebäude wird derzeit noch gebaut, weshalb die Spieler ihre Autos als Umkleide nutzen mussten. Wer nötig musste, konnte scheinbar zum Platzwart in den Container gehen. 

Ich will nicht meckern, solche Randanektdoten finde ich immer nett. Obwohl es professionell wirkt, gibt es dennoch eine Achillesferse oder Niebelungen-Schulterblatt. Zusammengefasst in einem Wort: Amateurfußball. Bei mir im Ort gibt es auch einen Platz mit einem 1A Rasen, kleinem Tribünchen, modernen Trainerkabinen; nur die Buchte, worin sich die Schiedsrichter umziehen, hat keinen Schlüssel, weshalb der angesetzte Schiedsrichter im Sommer ziemlich verblüfft vom Platzwart die Türklinke in die Hand gedrückt bekam.

 

Mit einer viertel Stunde Verspätung – warum auch immer – konnte es losgehen. 15 Zuschauer sind für ein Testspiel sind nichts Außergewöhnliches. Einer lief sogar mit einem Tarnovia-Schal. Zu wem die anderen Zuschauer gehörten, entzog sich meiner Kenntnis. Warum nicht einfach fragen? Ich aber nicht. Ich mache das nur bei Hoppern. Zwei Renter von Grom Plewiska fragten aber mich! Was für eine Überraschung! Sie wollten wissen, ob ich von Tarnovia sei, was ich verneinte. So entstand aber ein kleiner Smalltalk. Ein Deutscher, hier? 

Obwohl laut Ausländerbehörde 2021 wieder 1100 Leute aus Deutschland in meine Region kamen, kann ich meinen Kontakt mit Deutschen wirklich an einer Hand abzählen. Eventuell sind es wirklich fast alles Leute der polnischen Auswanderergeneration, die jetzt in die Heimat zurückkehren, denn auf eigene Faust und mit geringen Sprachkenntnissen wäre es schwer, hier Fuß zu fassen. Ich habe es mal bei Indern vor dem Amt beobachtet: Die hatten einen Buddy, der alles organisierte. Die kommen dann sogar ohne das Beherrschen des Polnischen zurecht, da sie vorwiegend bei ausländischen Firmen im IT-Bereich arbeiten. Aber völlig alleine – no chance bzw. nie ma szans.

 

Die Rentner bestätigten mir, dass es das erste Testspiel von Grom in dieser Winterpause sei. Tarnovia bestritt schon mehrere, und eine traurige Veränderung gab es bei ihnen im Kader, denn ein 33-jähriger Mittelfeldspieler starb plötzlich und unerwartet mit Beginn des neuen Jahres. Morozov brachte nach ca. 15 Minuten Grom in Führung, doch bis zur Pause konnte Tarnovia das Spiel noch durch Tore von Bednarski und einem Test-Spieler drehen. Tarnovia hatte in einem flinken Spiel mehr Spielanteile und so fiel dann in der zweiten Hälfte dann noch das verdiente 3 – 1, was nahezu fast alle Zuschauer zum Gehen bewegte. Ohne einen Windschutz und auf dem Acker gelegen, war es klar, dass es bei einem eisigen Wind, der heute pfiff, trotz Sonne ungemütlich werden sollte.

 

Noch ein Abschlussfoto von der Tribüne und wenig später kochte schon das Wasser für meine scharfen China-Nudeln (laut Packung sogar mega-scharf). Mit Sicherheit nicht gesund, aber mit einer angenehmen Wärmeentwicklung.

Fotos: Michael

Artikel wurde veröffentlicht am
13 Februar 2022

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