Damit konnte nun gar keiner rechnen. Ich glaube auch die Essener Fans waren überrascht und zwar von sich selber. Wer hätte gedacht, dass nach zwei katastrophalen Spielen (4:0 Niederlage in Unterhaching, 0:5 Pleite zu Hause gegen Verl) die RWE-Fans das Westfalenstadion (Signal Iduna Park) in Dortmund so rocken würden. Alleine 7.400 Tickets gingen im Vorverkauf für den Gästebereich weg, aber ein Blick ins Stadion beim Gesang „Steht auf wenn Ihr Essener seid“ und später bei den Toren zeigte, dass nicht nur der Gästeblock jubelte, sondern auch fast die ganze Gegengerade / Westtribüne. Stark!
Rot-Weiss Essen: Weit über 10.000 RWE-Fans feiern Sieg in Dortmund
Insgesamt kamen 17.096 Zuschauer und die RWE-Fans bescherten der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund damit einen neuen Zuschauerrekord. Ja natürlich trennen die beiden Städte nur 40 Autobahnkilometer, aber man muss das Ganze auch richtig einordnen. Man muss verstehen wo RWE herkommt. In den schlimmen Jahren der Regionalliga war man froh, wenn eine fünfstellige Zuschauerzahl zu Hause erreicht wurde und jetzt liegt der Heimschnitt im Stadion an der Hafenstraße bei 17.000 Fans. Auswärts haben die Essener für die 3. Liga mit über 10.000 Fans (ja vielleicht sogar 12.000) jetzt eine Marke gesetzt, die nur schwer zu knacken sein wird, obwohl bei Klubs wie Dynamo Dresden weiß man ja nie. Die SGD beeindruckte ja schon letzte Saison mit 8.000 Fans in Dortmund.
Essen war letzte Saison mit 6.000 Fans vor Ort (mehr Karten gab es nicht). Die Auftritte sind auch schwer zu vergleichen, gestern aber war das richtig fette Gänsepelle hoch 1907! Das fing schon bei der Anreise an und hörte längst nicht nach Abpfiff ab. Letzten Sonntag wurden die Spieler noch im heimischen Stadion aufgrund der „Nicht-Leistung“ gegen den SC Verl beschimpft und ausgepfiffen, fünf Tage später wurde die Mannschaft bei der Ankunft des Busses am Dortmunder Stadion frenetisch bejubelt. Diese Stimmung übertrug sich in den Signal Iduna Park und auf die Mannschaft, die direkt gewillt war eine Reaktion auf die zuletzt gezeigten Leistungen zu zeigen.
Unter der Woche wurde der Kapitän Felix Bastians aus nicht weiter vom Klub benannten Gründen suspendiert, aber den scheinbaren Fluch der Kapitänsbinde in Essen (vier Spielführer in fast 2 Jahren) scherte das Team um Trainer Christoph Dabrowski nicht. Es wurde frei aufgespielt und Chancen erarbeitet. Neuer Kapitän an der Hafenstraße ist Vinko Sapina, der sein Team auf Kurs hielt. Erstmals von Beginn an spielen durfte auf Essener Seite Leonardo Vonic, der ein gutes Spiel ablieferte. Ein Tor blieb ihm aber verwehrt. Dieses erzielte sein Teamkollege Mustafa Kourouma nach einer Ecke von Eric Voufack. Naja eigentlich. Der Kopfball von Kourouma ging an die Unterlatte und von da an den Rücken vom Dortmunder Keeper Marcel Lotka und ins Tor. Der Treffer wurde später als Eigentor gewertet.
War den Fans egal. Ekstase pur auf den Rängen. Mit der 1:0 Führung ging es in die Pause und die zweite Hälfte sollte noch einmal mehr rasant werden. Erst gab es zum Anheizen eine Pyroshow von den Essener Fans, dann hatten sowohl der BVB, als auch RWE zahlreiche Chancen das Ergebnis für sich positiv(er) zu gestalten. Das ganze startete mit einem Aufreger in der 57. Spielminute: Nach einem Zweikampf vom Essener Mustafa Kourouma mit dem Dortmunder Nachwuchsspieler Julian Hettwer kam der BVB-Spieler zu Fall. Auch wenn Kourouma den Ball spielte entschied die gut agierende FIFA-Schiedsrichterin Dr. Riem Hussein doch auf Foulelfmeter. Recht kniffelig möchte man meinen. Dem BVB war es egal und Falko Michel verwandelte den Strafstoß zum 1:1. Die RWE-Fans zeigten sich aber kaum geschockt und gaben direkt danach den lautstarken Schub in Richtung Mannschaft: Über 10.000 Mal immeRWEiter!
Gesagt getan: Nur eine Minute nach dem Ausgleich, sprintete Lucas Brumme im Zusammenspiel mit Isaiah Young über das halbe Spielfeld und flankte mustergültig in den Strafraum. Dort stand Torben Müsel goldrichtig und köpfte die 2:1 Führung für Rot-Weiss Essen. Was eine Ekstase auf den Rängen und auf dem Rasen ging es nun Schlag auf Schlag. Glück für Rot-Weiss in der 60. Spielminute als die Schiedsrichterin nach einem Foul von Voufack an Guille Bueno keinen Strafstoß pfiff, denn das war schon Elfmeter würdiger als die erste Situation. Irgendwie ausgleichende Gerechtigkeit.
Auch wenn es zum Ende des Spiels noch einmal spannend wurde mit Chancen auf beiden Seiten, blieb es am Ende beim verdienten 2:1 Sieg von Essen in Dortmund. Mannschaft und Fans belohnten sich selber für die geleistete Arbeit. Vor ein Woche noch undenkbar wurde der Zaun zu den Gästeblöcken geöffnet, so dass die Mannschaft sich bei ihrem Anhang bedanken und sich feiern lassen konnte. Wie letzte Woche schon geschrieben: Das ist Rot-Weiss Essen mal total frustriert und mal total euphorisiert. Weiter geht es kommende Woche Sonntag gegen den 1. FC Saarbrücken in Essen bevor das nächste Derby in zwei Wochen beim MSV Duisburg ansteht.
Fotos: Alle Bilder (c) Sportfotoagentur frontalvision.com
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