Fußball muss bezahlbar sein: Pro Viagogo oder ViaNOgo?

R Updated 23 August 2013
Gästekassen VfL Bochum

Schalke 04 und der Hamburger SV haben schon ihre Kooperation mit der Online-Ticketbörse aufgekündigt und weitere Klubs werden dies wahrscheinlich tun, denn der Fan-Druck und die Stimmung gegen den Ticketverkäufer Viagogo steigt. Aktueller Höhepunkt: Die Ticketplattform bietet bereits jetzt Karten für das Derby-Rückspiel Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 am Wochenende des 5. April 2014 zu Preisen zwischen 170 Euro und 566 Euro an und das ohne Rücksicht auf Sicherheitskonzepte sowohl für die Heim- als auch Gästeblöcke.

So kann man ein Stehplatz-Gästeticket für 242,76 Euro (inkl. Buchungsgebühr, Versand und Mehrwertsteuer) erwerben. Viagogo gibt sich auf seiner Homepage gelassen und schreibt dort: "Der Verkäufer listet die Tickets auf unserer Seite auf und setzt den Preis fest." Dies bedeutet also, dass Eintracht Braunschweig die Preise bei Viagogo festsetzt? Eine Recherche auf der Webseite des Klubs widerlegt sogleich diese Annahme. Als Ticketpartner der Eintracht agiert nicht das britische Unternehmen Viagogo, sondern die CTS Eventim AG aus Bremen, die verfügbare Tickets - wie auch für andere Klubs wie beispielsweise dem VfL Bochum oder Bayer 04 Leverkusen zu annähernden "Normalpreisen" veräußert.

Wer verkauft dann die Tickets bei viagogo? Eigentlich kann jede Privatperson Tickets verkaufen, aber viagogo hat mit einigen Bundesligaklubs Verträge in Bezug auf den Weiterverkauf von Karten geschlossen, darunter Hannover 96, Bayern München (noch), Hoffenheim, VfB Stuttgart, VfL Wolfsburg, FC Kaiserslautern oder den FC Augsburg, aber auch der VfL Bochum. Die meisten Klubs haben in ihre Kooperation festgeschrieben, dass der Tickethändler für verfügbare Karten einen Preisaufschlag von nicht mehr als 100 Prozent verlangen darf.

Schaut man sich dann beispielsweise die abgebotenen Preise auf der viagogo Seite für den VfL Bochum an, erkennt man auf einen Blick das fanunfreundliche System: Die Preise werden mit einem sehr hohen Aufschlag veräußert. Kostet ein normaler nicht ermäßigter Stehplatz in der Ostkurve beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf am 23. Februar 2014 normalerweise 11 Euro, verlangt viagogo ohne Gebühren 27 Euro (Aufschlag von 145 Prozent). Nimmt man die Gebühren dazu muss der Fan satte 45 Euro - 309 Prozent - berappen. Gut dass VfL-Fan die Wahl hat und sich mit Karten auch bei Eventim eindecken kann und das zum Normalpreis plus vier Euro Versandkosten. Interessant: Auf der Webseite des VfL Bochum wird die Kooperation mit Viagogo beworben, aber nur der Verkauf von Dauerkarten und als Preis wird ein maximaler Aufschlag von 100 Prozent angegeben.

Wer macht bei viagogo die Preise? Eigentlich jede Privatperson kann Tickets von allen Bundesligaklubs auf der Plattform veräußern. Hat ein Verein eine Kooperation mit dem Tickethändler wird ein maximaler Preis für die entsprechende Preiskategorie festgelegt. Anders beim Spiel Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96: Hier kann der private Verkäufer einen fast unendlichen Preis (99.999 Euro) eintragen - es existiert keine Preissperre, wohl aufgrund der fehlenden Kooperation mit dem Klub. Schaut man sich andere Top-Heimspiele der Eintracht an, so müssen die Fans auch bei den Partien gegen Borussia Dortmund oder Bayern München ordentlich ins Portemonnaie greifen.

Der Unmut der Fans gegenüber der Verkaufsplattform ist berechtigt. Sicherlich kann der Händler nichts dafür, dass Privatpersonen Tickets zu sehr hohen Preisen veräußern, aber im Gegenzug verdient der Händler dabei ja auch satt mit. Und ganz abnehmen kann man dem Händler nicht, dass die angebotenen Tickets nur aus dem Portfolio von Privatpersonen stammen sollen. Deutlich zu sehen am Beispiel Bochum: Hier werden zu sämtlichen Heimspielen - auch nicht Top-Heimspielen - Stehplatzkarten zum Einheitspreis von 27,24 Euro und damit mit einem Aufschlag von 145 Prozent angeboten. Zwar gibt sich Viagogo auf seiner Plattform mit dem Satz "Verkäufer können Ihre Karten für bis zu 100% über dem Originalpreis listen / Alle Auflistungen, die diesen Wert übersteigen werden von viagogo entfernt" eine Art Selbstverpflichtung, aber dieser Verpflichtung kommt das Unternehmen nicht nach. Zudem finden sich diese beiden Sätze bei den überteuerten Braunschweig-Karten und vielen anderen Fällen nicht.

Fazit: Früher vor der Internetzeit war man als geneigter Fan zwar auch bereit vor dem Stadion einen fairen Preisaufschlag für ein Ticket zu bezahlen. Aber das Viagogo diesen fanunfreundlichen Massen-Tickethandel für Spiele, dessen Austragungsdatum noch nicht einmal feststehen, zur Gewinnmaximierung ermöglicht, ist ein NoGo: ViaNOgo

Artikel wurde veröffentlicht am
23 August 2013

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