Stimmungstechnisch war der zahlreich angereiste Anhang des FC Carl Zeiss Jena wirklich 1A. Doch all der Support hatte nichts genutzt, mit 0:2 mussten sich die Kicker aus dem Paradies in Magdeburg auf dem grünen Rasen geschlagen geben. Während Jena in der Tabelle abrutscht, gelang dem 1. FC Magdeburg nach der desaströsen 1:3-Klatsche beim 1. FC Union Berlin II der ersehnte Befreiungsschlag. Kein Wunder, dass die Stimmung auf den Heimrängen in der zweiten Halbzeit immer besser wurde. Dass es nur knapp 6.200 Zuschauer waren, lag wohl an den beiden Auswärtsniederlagen bei Union II und beim Berliner AK 07. Wären diese beiden Spiele anders verlaufen, hätte die 8000er Marke locker geknackt werden können.
1. FC Magdeburg vs. FC Carl Zeiss Jena: Platzender Knoten bei den „Größten der Welt“
So oder so handelte es sich um ein durchaus stimmungsvolles Regionalligaspiel, was nicht zuletzt am gut gefüllten Gästeblock lag. Wie viele Jena-Fans letztendlich vor Ort waren, ist schwer einzuschätzen. Ein Mitarbeiter des Fanprojektes wusste darauf keine genaue Antwort zu geben. 350 Tickets gingen im Vorverkauf weg, die restlichen Karten wurde vor Ort am Magdeburger Stadion erworben. Vielleicht waren es insgesamt 800 Fans, vielleicht sogar ein paar mehr. Auf jeden Fall waren unter ihnen 15 befreundete Anhänger des FC Bayern München, die direkt von Prag aus nach Magdeburg weitergereist waren. Unübersehbar hing eine kleine rote Schickeria-Fahne in der ersten Reihe. Eingeläutet wurde die Partie vom Gästeanhang mit einer sehenswerten Choreographie, die aus blauen, weißen und gelben Fähnchen sowie aus der aus großen einzelnen Buchstaben zusammengesetzten Forderung „Kämpft für uns!“ bestand.
Dass anfangs im Magdeburger Block U nicht die prächtigste Stimmung herrschte, war in Anbetracht des miserablen Auswärtsspiels im Berliner Jahn-Sportpark nicht wirklich verwunderlich. Allerdings sorgte die Heimmannschaft dafür, dass im Laufe des Spiels immer mehr der Funke übersprang. So musste Jena-Keeper Tino Berbig nach gut einer Viertelstunde sein Können unter Beweis stellen, indem er bei einem FCM-Freistoß eine Parade zeigte und den Ball zur Ecke lenkte. Während die Jena-Fans nonstop sangen und klatschten, holte die Magdeburger Anhängerschaft in der 27. Minute ein dreiteiliges Spruchband heraus: „Veranstalter – Ankläger – Richter – Begünstigter“, „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“, „Willkommen beim FSA!“
Nur vier Minuten später geschockte Gesichter auf Magdeburger Seite. Elfmeter für den FC Carl Zeiss! Matthias Peolat trat an und zielte zu sehr in die Mitte. FCM-Keeper Matthias Tischer konnte den Ball abwehren und brachte auf diesem Wege das Stadion zum Kochen. Der erste emotionale Ausbruch auf den Rängen. Ein Urschrei. Geballte Fäuste. Stinkefinger in Richtung Gästeblock. Besonders die sportliche Fraktion auf der Gegengerade ließ ihren Emotionen freien Lauf. Die Gästefans ließen sich nicht beirren und überzeugten durch eine gute Mitmachquote. „Wer nicht wippt, der kommt aus Erfurt!“ Das Spiel blieb unterhaltsam. Sowohl auf den Rängen, als auch auf dem Rasen ging es überaus emotional zur Sache. Keine Frage: Für einen Regionalliga-Mittelfeld-Kick keine üble Sache!
Nachdem in der Halbzeitpause sogar aus den Lautsprechern das mittlerweile landesweite bekannte „Wir sind die Größten der Welt...“ erklang, ging es mit Schwung in den zweiten Spielabschnitt. Die Gästefans hatten gut was vorbereitet und zeigten prompt eine zweite Choreographie. Dieses Mal mit dreifarbigen Fähnchen und einem gut lesbaren „Siegt für uns“. Dass jetzt gleich auch noch eine Portion Pyrotechnik folgen würde, hatte jeder Fußballkenner im Urin. Oder auch im Blut. Und richtig! Gelber Rauch stieg empor, verfing sich unter dem Wellblechdach, waberte über die benachbarten Ränge und erreichte schließlich das Spielfeld. Schlechte Sicht im Heinz-Krügel-Stadion, äh, in der MDCC-Arena. Gesund konnte das nicht sein. Somit unterbrach der Schiedsrichter für kurze Zeit das Spiel. Einen unnützen Ordner- oder gar Polizei-Einsatz gab es indes nicht. Somit blieb alles friedlich und die Partie konnte problemlos fortgesetzt werden.
Magdeburg auf dem Rasen nun mit Powerplay. Heute oder nie. Ein Sieg sollte her. Der überzeugende Patrick Bärje flankte von rechts, Sowislo machte mit dem Kopf fast das 1:0. Nur eine Minute später schoss Nico Hammann rechts am Zeiss-Gehäuse vorbei. In der 58. Minute war es wieder Bärje, der von der rechten Seite aus die Kugel hereinbrachte, doch der Ball zischte ohne gefundenen Abnehmer am Kasten vorüber. Block U wurde immer optimistischer. Eine sehenswerte Schalparade, dazu ein „Wir woll´n Blau-Weiß siegen seh´n...“ Und siehe da, in der 66. Minute in der Tat das 1:0 für den FCM. Kopfball von Christian Beck aus kurzer Distanz, Jena-Torwart Berbig konnte nur noch schauen. Der Orkan brach los. Nun regte sich auch das restliche Publikum. Die Lethargie wurde abgelegt, hoch mit den Armen! „F-C-M! FCM blau-weiß!“
Rund eine Viertelstunde vor Abpfiff noch ein Spruchband im Block U zum fünfjährigen Bestehens des Magdeburger Fanprojektes und ein klasse Jena-Freistoß, bei dem FCM-Keeper Tischer gut was zu tun hatte. Nachdem wenig später Christian Beck fast das 2:0 reingemacht hatte, war es schließlich Lars Fuchs, der in feiner Manier in der 80. Minute die Sache endgültig klarmachen konnte. 2:0 für die Magdeburger, für Jena war der Drops gelutscht. Kollektive Freude beim Heimpublikum, die bis weit nach Abpfiff anhielt. Verständliche Enttäuschung indes im Gästebereich. „Wir haben die Schnauze voll!“ Nur zwei Jena-Spieler trauten sich nach Spielschluss bis an den Zaun und suchten das Gespräch mit den wütenden Fans.
Fotos: Marco Bertram