Derby in der 42.000-Einwohner-Stadt Oranienburg, gelegen nördlich von Berlin im Landkreis Oberhavel. Angetreten zum Duell waren in der Carollis Toleranz Arena der Oranienburger FC Eintracht und TuS 1896 Sachsenhausen aus dem am nördlichen Rand gelegenen Ortsteil Sachsenhausen (2.800 Einwohner). Zuletzt waren sich die beiden Vereine in der Brandenburg-Liga-Saison 2009/10 begegnet. Im Hinspiel sahen 950 Zuschauer einen 3:1-Auswärtssieg der Sachsenhausener, beim Rückspiel wurden 620 Zuschauer Zeuge eines klaren 3:0-Heimsieges im Elgora-Stadion. Die bisherige Rekordkulisse konnte am 21. März 2009 verzeichnet werden, als beim Duell TuS 1896 gegen OFC Eintracht 1.123 Zuschauer ins Stadion strömten. Exakt einhundert weniger waren es am 1. Mai 2006, als sich die Kontrahenten in der Landesliga in Sachsenhausen begegnet waren.
Oranienburger FC vs. TuS 1896 Sachsenhausen: 1032 Zuschauer sehen 98-minütiges Derby
HotOranienburg war damals am Ende der Landesliga-Saison 2005/06 in die Verbandsliga aufgestiegen, Sachsenhausen wurde indes nur dreizehnter. Zwei Jahre später zog TuS 1896 Sachsenhausen nach und wurde mit nur einer einzigen Niederlage Meister der Landesliga Nord. Somit spielten die beiden Stadtrivalen 2008/09 wieder in einer Klasse. Am Ende der darauffolgenden Spielzeit rutschte jedoch der Oranienburger FC Eintracht als Tabellenvorletzter wieder in die Landesliga ab. Nachdem 2010/11 der Wiederaufstieg mit zwei Punkten Rückstand auf den Werderaner FC Viktoria denkbar knapp verpasst wurde und 2011/12 sechs Punkte zum Aufstieg fehlten, gelang dies in der vergangenen Saison mit zehn Vorsprung auf dem MSV 19 Rüdersdorf umso besser.
Der Oranienburger FC Eintracht und TuS 1896 Sachsenhausen wieder gemeinsam in der Brandenburgliga! Allerdings könnte es sein, dass diese Tatsache nur eine Saison Bestand hat, denn Sachsenhausen hat durchaus das Zeug dazu, in die NOFV-Oberliga aufzusteigen. Bereits in der vergangenen Spielzeit schnupperte das Team kurzzeitig an der Tabellenspitze. Zuschauertechnisch weiß TuS 1896 in jedem Fall zu überzeugen, meist strömen in der Regel deutlich mehr Fans in das Elgora-Stadion als in die Oranienburger Carollis Toleranz Arena.
So verwunderte es auch nicht, dass am gestrigen Freitagabend mehr als die Hälfte der immerhin 1.023 Zuschauer den Gästen aus Sachsenhausen die Daumen drückten. Während auf Heimseite sich ein paar Kids hinter dem Tor mit ein paar Fähnchen übten, war auf Gästeseite hinter dem anderen Tor echtes Fanpotential zu beobachten, das durchaus oberligatauglich ist. Der harte Kern marschierte gemeinsam zur Carollis Toleranz Arena und erreichte diese etwa 20 Minuten vor Anpfiff. Präsentiert wurden drei Banner – eines davon mit der Aufschrift „Randerscheinung“ – und einen Doppelhalter. Passend zu den Vereinsfarben schwarz, weiß und gelb wurde kurz vor Anpfiff verschiedenfarbiger Rauch steigen gelassen. Lautstark wurde zudem mit den Händen auf die Werbebande getrommelt, insgesamt sowohl optisch als auch akustisch ein überzeugender Auftritt eines Sechstligisten.
Auf Heimseite hingen drei blau-weiße Zaunfahnen, zwei davon mit der Aufschrift „Kampfgeist 1901“. Echter Support blieb auf Heimseite allerdings aus, wenn gleich sich der Nachwuchs durchaus bemüht hatte. Am Rande der Haupttribüne hing zudem ein Banner mit der klaren Ansage „100% Anti TuS! 110% nur der OFC!!!“ Zur Halbzeit versuchte ein Gästefan dieses Banner abzureißen, was ihm jedoch nur halb gelang. In der Folgezeit bezog die Polizei verstärkt Stellung auf der Wiese hinter der Gästeseite. Abgetrennte Fanbereiche gibt es in der Carollis Toleranz Arena nicht, das Stadion besteht im Prinzip nur aus einer kleinen Haupttribüne. Der Rest ist Grünfläche, zur Spielfläche abgetrennt von einem Geländer. Nett anzusehen ist diese Anlage in jedem Fall, bietet sie Fußball in Reinform, da man als Zuschauer extrem dicht am Spielfeld steht.
Auf dem Rasen ging es gut zur Sache. TuS 1896 in der ersten Halbzeit mit einem klaren Übergewicht, doch mit dem fehlenden Rezept, die kompakte Oranienburger Abwehr zu knacken. Ein fürs andere Mal stöhnten ältere Sachsenhausener Zuschauer auf der Haupttribüne. Sooo, doch nicht! Ooooh, nein! Das Gästeteam machte Druck, kam jedoch selten richtig gefährlich vor das OFC-Gehäuse. Im zweiten Spielabschnitt taten die Hausherren mehr für die Offensive – und das fast mit Erfolg. Umso größer die Erleichterung bei den Gästen, als Andor Müller nach gut einer Stunde die Führung erzielen konnte. Arme wurden hochgerissen, Bierbecher flogen vor Freude durch die Dunkelheit.
Das Spiel blieb offen. Mitunter ging es gut zur Sache. Nicklichkeiten prägten zunehmend das Stadtduell. Erstaunlich, dass nur Gästespieler Pascal Wolter mit Gelb-Rot vom Rasen musste. In Unterzahl kassierte TuS 1896 fast den Ausgleich, doch der Ball ging nur an die Latte. Am Ende wurden fünf Minuten Nachspielzeit angesagt. Aus dieser wurden sage und schreibe acht! Als die elektronische Anzeigetafel bereits eine rote 99 anzeigte, pfiff der Schiedsrichter schließlich die heiß umkämpfte Partie ab. 1:0 für Sachsenhausen, das somit die Tabellenführung in der Brandenburg-Liga festigen kann. Erleichterung pur bei Fans und Spielern. Gemeinsames Abfeiern, eine kurze Uffta, herzliches Umarmen. Die Schwarz-Weiß-Gelben auf dem Weg in Richtung Oberliga? Um dieses Ziel zu erreichen, muss jedoch der SV Falkensee-Finkenkrug hinter sich gelassen werden, der sicherlich ebenfalls oben dran bleiben wird.
Fotos: Marco Bertram
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