Vorfreude auf ein stimmungsvolles Regionalliga-Duell im Paradies. Für die ersten Schlagzeilen des Tages hatte jedoch mal wieder die Deutsche Bahn gesorgt, die es nicht nötig sah, in Halle / Saale einen Anschlusszug nach Naumburg zirka drei, vier Minuten (trotz mehrfacher Anfrage) warten zu lassen. Die Regionalbahn von Magdeburg nach Halle hatte wegen Streckenprobleme mal eben eine Viertelstunde Verspätung. Da aufgrund des zeitigen Anpfiffs (13 Uhr) in Jena die Anfahrt von Berlin aus eh zeitlich bemessen war, wurde es nun richtig knapp. Wenn man schon mal zu viert fährt, bietet sich halt das Klassiker-Ticket des Wochenendes an. Nach Ankunft in Jena-Paradies um 12:45 Uhr durfte die derzeitige Kondition geprüft werden. Einmal im Laufschritt um die Saale und geradewegs zum Haupteingang des Ernst-Abbe-Sportfelds. Dort das Ticket abgeholt, eine halbe Runde um das Stadion, die Stufen hinauf und ... Anpfiff!
FC Carl Zeiss Jena vs. FSV Zwickau: Punkteteilung vor passabler Kulisse im Paradies
HotPunktlandung im Paradies. Wenn das nichts ist! Dazu eine feuchte Stirn und ein nasses T-Shirt unter der wetterfesten Jacke. Nachdem es am Abend zuvor vielerorts zu Gewitter und starken Regenfällen kam, konnte das vorgezogene Regionalligaspiel zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und dem FSV Zwickau allerdings bei überaus freundlichem Oktoberwetter über die Bühne gebracht werden. Das kam natürlich beiden unüberdachten Fankurven zugute, die im Ernst-Abbe-Sportfeld bekanntlich auf der Marathontor-Seite nebeneinander liegen. Weniger freundlich sind die Beziehungen zwischen den jeweiligen Fanszenen. Nun sind in Thüringen in fußballerischer Hinsicht sächsische Vereine generell nicht überaus beliebt, was schon mal gern durch ein kraftvolles „Saaaachsenschweine!“ zum Ausdruck gebracht wird, zudem macht die Freundschaft der Zwickauer mit den Ultras der SG Dynamo Dresden das Feindbild richtig rund.
Und in der Tat, im Gästeblock des Ernst-Abbe-Sportfeldes hatte sich ein bunte, beachtlich große Anhängerschar eingefunden. So wurden die Fans des FSV Zwickau von zahlreichen Dynamo-Anhängern und einigen Fans des ungarischen Videoton FC lautstark unterstützt. Insgesamt waren es somit rund 800 Fußballfreunde, die die Westsachsen bestmöglich unterstützten. Auf Heimseite war neben des Supports der eigenen Mannschaft vor allem eine Angelegenheit von großer Bedeutung: Der Erhalt des Ernst-Abbe-Sportfeldes, das nach den diesjährigen Flutschäden mittlerweile ohne die markanten Flutlichtmasten auskommen muss. So gab es in der Kurve des FC Carl Zeiss diesbezüglich einige Spruchbänder zu sehen, doch auch in anderen Ecken des Stadions wurde die Forderung optisch untermalt. „Fußball gehört ins AES! Für immer!“ war zum Beispiel in der gegenüber liegenden Kurve zu lesen.
Auf dem Rasen wollte der FC Carl Zeiss Jena an die zuletzt gezeigte Leistungen (vier Siege in Folge) anknüpfen. Ein weiterer Sieg sollte her, um am Berliner AK 07 und der TSG Neustrelitz oben dran zu bleiben. Allerdings ist auch das Team des FSV Zwickau – wie bereits in der vergangenen Saison – zu sportlichen Glanztaten fähig. Da wurde am zurückliegenden Spieltag mal eben die U23 des 1. FC Union Berlin im heimischen Sportforum Sojus 31 Dank einer glanzvollen Torserie nach der Pause am Ende mit 5:3 weggeputzt. Couragiert gingen beide Teams am Sonntagnachmittag zu Werke. In Kombination mit der tollen Landschaft im Hintergrund und den beiden stimmungsvollen Fanblöcken aus neutraler Sicht ein überaus angenehmes Fußballerlebnis. Erfreulich zudem das Publikum auf der steilen Haupttribüne, das nicht nur dröge auf das Spielfel schaut, sondern ab und an Emotionen zeigt und die eigene Mannschaft anfeuert.
Wenn gleich sich Zwickau von Beginn an gut reinhängte, war in der Anfangsphase der FC Carl Zeiss Jena ganz klar besser und hatte die vielversprechenden Tormöglichkeiten. Den ersten Treffer des Tages erzielten indes die Gäste aus Westsachsen. In der 34. Minute köpfte Karsten Werneke nach feiner Flanke von Christoph Göbel zum 1:0 für Zwickau ein. Die Antwort ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Bereits sechs Minuten später der Ausgleich, erzielt von Andis Shala in Form eines satten Schusses ins lange Ecke. Das Heimpublikum stand Kopf. Was folgte, waren hitzige Minuten bis zum Pausenpfiff. Schmährufe in Richtung Gästeblock, wildes Gestikulieren beim rot-weißen Anhang.
Nicht ganz so heiß ging es im zweiten Spielabschnitt weiter. Allerdings wusste der Gästeanhang optisch auf sich aufmerksam zu machen. „Wir wollten eigentlich ne Choreo machen...“ Zuerst ein hochgehaltenes Spruchband, dann eine ordentliche Portion Rauch, die das halbe Ernst-Abbe-Sportfeld einnebelte. Das für den Gästeblock gültige Materialverbot hatten zuvor auch die Heimfans in Form eines Spruchbandes kritisiert. Der Heimblock beschäftigte sich zudem mit der angesprochenen Problematik: „Zeiss-Fans lasst euch nicht verarschen!!! Gegen die Vertreibung aus dem Paradies!“, „Alternativlos?! ... Ist nur das EAS!!!“, „Lokalpolitik Jena – Ihr macht euch die Welt, wie sie euch gefällt! Rathaus nach Lobeda!“ (Lobeda ist ein Stadtteil von Jena und bekannt für seine in den 80er Jahren errichtete Plattenbausiedlung Neulobeda).
Auf dem Rasen blieb es auch in den zweiten 45 Minuten spannend, allerdings nahm die Partie nicht mehr so viel Fahrt auf wie in der ersten Halbzeit. Tormöglichkeiten gab es vor allem zwischen der 46. und 65. Minute, in der Folgezeit flachte das Spiel ab. Nicklichkeiten und Unterbrechungen prägten die Schlussphase und es war deutlich zu erkennen, dass Zwickau durchaus mit dem einen Punkt zufrieden war. Am Ende blieb es beim 1:1, das von den Gästefans und FSV-Spielern wie ein Sieg gefeiert wurde.
Fotos: Marco Bertram
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