„Gibt´s hier nen Ansprechpartner?“, lautete die Frage des Polizeibeamten an die rund 100 ankommenden Magdeburger Fans am Bahnhof Lichterfelde Ost. Erstaunte Blicke. Nicht wirklich. Egal. In Begleitung der Polizei wurde die Reisegruppe geschlossen zum Stadion Lichterfelde gebracht. Still, nur leise murmelnd zogen die Magdeburger Fans durch das gut bürgerliche Viertel. „Capo? Hab da einfach jemanden angequatscht...“, erklärte der Polizist später einem Kollegen. In Lichterfelde hatte man sich gut vorbereitet, ein Magdeburger Ansturm sollte den Regionalligisten FC Viktoria 1889 Berlin nicht vor unnötige Probleme stellen. Noch wird am Stadion fleißig gewerkelt, und somit überließ man den Haupteingang komplett den Jungs aus der Börde. Der Heimbereich des Stadions war über die Krahmerstraße erreichbar.
FC Viktoria 1889 Berlin vs. 1. FC Magdeburg: Last-Minute-Treffer sorgt für Jubelorgie
Die Zuschauerzahl konnte sich am Sonntagnachmittag sehen lassen. 1.505 hatten sich im Stadion Lichterfelde eingefunden, unter ihnen über 500 Fans des 1. FC Magdeburg. Der Gästeblock ist derzeit immer noch provisorisch mit Bauzäunen abgetrennt, doch bei diesem Spiel stellte dies kein Problem dar. Der Auftritt der zahlreichen Magdeburger Fans verlief überaus friedvoll. Probleme ganz anderer Art hat man derzeit in der Börde. FCM-Trainer Andreas Petersen ist nach den Zwischenfällen gegen Wacker Nordhausen derzeit gesperrt und muss sich die Spiele von der Tribüne aus anschauen. Die nötigen Anweisungen musste somit sein Assistent Danny König geben.
Viktoria Berlin begann nach dem ersten Saisonsieg in Meuselwitz gegen die in roten Trikots und grünen Hosen (Magdeburger Stadtfarben) antretenden Gäste sogleich schwungvoll und kam nach sechs Minuten zur ersten dicken Chance. Nach einer von der linken Seite erfolgten Hereingabe köpfte Mannschaftskapitän Ümit Ergirdi rechts am Magdeburger Gehäuse vorbei. Wenig später schlug Viktoria-Keeper Marcus Rickert den Ball ganz weit nach vorn, hinweg über sämtliche Spieler. Vor dem gegnerischen Strafraum bekam Stürmer Sebastian Hähnge den Ball und lief allein auf Matthias Tischer zu. Dieser konnte jedoch den folgenden Schuss abwehren.
Immer wieder erfolgten weite Abschläge des Torwarts der Viktoria, immer wieder kamen die Hellblauen gefährlich vor das gegnerische Tor. Nach eben solch einer Aktion konnte Caner Özcin in der 24. Minute die 1:0-Führung des deutschen Altmeisters erzielen. Jubel auf Heimseite. Verständlicher Ärger bei den Gästefans. „Los, reißt euch den Arsch auf!“, „Spielt endlich Fußball, verdammt noch mal!“ Im Anschluss wurde die Mannschaft jedoch weiter kraftvoll unterstützt. „... noch ist Magdeburg nicht verloren ... noch sind wir die Größten der Welt ...“ Nachdem nicht laut genug supportet wurde, gab es eine kurze klare Ansage des Capos: „Maul auf jetzt!!“ Und weiter. „... wir hassen den BFC. Wir holen den FDGB-Pokal und wir scheißen auf den Meister...“
Auf dem Rasen kamen die Magdeburger etwas besser ins Spiel. Die Viertelstunde vor der Halbzeitpause war spielerisch betrachtet die beste Phase der Gäste der gesamten Partie. So erfolgte nach einer halben Stunde fast der Ausgleich zum 1:1, doch der Ball wurde von Gökhan Ahmetcik vor der Linie weggeschlagen. Der Druck wurde erhöht. Ein Schuss auf den Torwart und ein satter Schuss von schräg links – in beiden Fällen konnte Viktoria-Keeper Rickert den Kasten sauber halten. Mit der knappen 1:0-Führung ging es schließlich in die Kabinen.
Zu Beginn des zweiten Spielabschnitts hatten die Hausherren wieder alles im Griff. Nach gut einer Stunde die logische Konsequenz: Das 2:0 für Viktoria 1889. Ümit Ergirdi setzte sich im Strafraum klasse durch und schlenzte den Ball rechts unten in den Kasten. Der zweite Saisonsieg war nun in greifbarer Nähe. Frust und Enttäuschung indes auf Magdeburger Seite. „Gegen Vikis kann man mal verlieren...“, ertönte es von der Haupttribüne, wo eine handvoll junger Fans mit Trommel bemüht war, für etwas Stimmung zu sorgen.
Magdeburg zeigte auch weiterhin Schwächen in der Offensivarbeit, gab sich jedoch noch nicht auf. So streifte ein Freistoß von René Lange das rechte Außennetz. Besser klappte es in der 74. Minute. Nach einer Ecke von links war Christian Beck zur Stelle und machte mit dem Kopf den Anschlusstreffer klar. Es war bereits sein sechstes Saisontor mit Köpfchen, insgesamt konnte er bereits neun Buden klarmachen! Hier ging noch. „Kämpfen und siegen!“ Der Magdeburger Anhang nahm wieder den Support auf. Zwar blieb Viktoria 1889 in der Defensive achtsam und durchaus gut aufgestellt, doch am Ende warfen die Magdeburger noch einmal alles nach vorn. Nachdem in der 90. Minute nach Gestocher im Strafraum der Ball einfach nicht rein gehen wollte, rannte vor der nächsten Aktion auch Torwart Matthias Tischer mit nach vorn. Die 93. Spielminute! Wieder eine Magdeburger Ecke von links. Viktoria kriegt den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Telmo Rebelo Teixeiro kommt schließlich im Getümmel an den Ball und haut ihn in die Maschen.
2:2 in wirklich allerletzter Sekunde! Der Magdeburger Block stand Kopf. Jubelnd rennen die Spieler über den Platz. Wenn gleich ein Punkt eindeutig zu wenig ist, nach einem 0:2-Rückstand fühlt sich ein 2:2 wie ein Sieg an! Geknickte Spieler indes auf Heimseite. Das siebte Remis im zehnten Saisonspiel. Rang 12 ist der Stand der Dinge für Viktoria 1889. Der 1. FC Magdeburg ist derzeit mit 17 Punkten auf Platz fünf zu finden. Da der Berliner AK 07 beim 1. FC Union Berlin II nicht über ein Unentschieden hinauskam, bleibt die TSG Neustrelitz nach dem 2:1-Erfolg gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig neuer Tabellenführer. Spannend wird es am kommenden Samstag, wenn der BAK 07 im Berliner Poststadion den Verfolger FC Carl Zeiss Jena empfängt.
Fotos: Marco Bertram